https://www.baunetz.de/recht/Architekt_hat_kein_Zurueckbehaltungsrecht_an_Bauunterlagen_43584.html


Architekt hat kein Zurückbehaltungsrecht an Bauunterlagen

Der Architekt ist verpflichtet, Bauunterlagen auf Verlangen an den Auftraggeber herauszugeben; ein Zurückbehaltungsrecht soll dem Architekten auch dann nicht zustehen, wenn er eine offene Abschlagsforderung gegen den Auftraggeber hat.
Hintergrund
Der Architekt haftet bei Verletzung vertraglicher oder sonstiger Verpflichtungen.

Im Hinblick auf die Verpflichtungen des Architekten ist zu unterscheiden zwischen Hauptpflichten und Nebenpflichten.

Zu den Nebenpflichten gehört u.a. die Herausgabe von Bauakten.
Beispiel
(nach OLG Köln , Urt. v. 11.07.1997 - Beschluß - 11 W 21/97 -, NJW-RR 1998, 1097; bestätigt durch OLG Hamm, Urt. v. 20.08.1999 - 25 U 88/99; BauR 2000, 295)
Nach vorzeitiger Beendigung des Vertragsverhältnisses verlangt der Bauherr vom Architekten Bauunterlagen zur Fortführung des Bauvorhabens heraus. Der Architekt verweigert die Herausgabe und verweist auf eine offene Abschlagszahlung. Der Bauherr beantragt eine einstweilige Verfügung bei Gericht.

Das Gericht bejaht den Herausgabeanspruch gegen den Architekten. Ein Herausgabeanspruch bestehe hinsichtlich der Bauunterlagen einschließlich Mutterpausen der Pläne. Mit dem Abschluß des Architektenvertrages übertrage der Architekt dem Bauherrn eine (urheberrechtliche) Nutzungsbefugnis an seiner Planung, soweit diese zur Errichtung des Bauwerks benötigt werde. Daher habe der Architekt Mutterpausen der Pläne grds. herauszugeben. Dem Herausgabeanspruch könne der Architekt auch kein Zurückbehaltungsrecht wegen noch nicht ausgeglichener Abschlagsforderungen entgegenhalten; ein solches Zurückbehaltungsrecht stände dem Architekten nicht zu, da er vorleistungspflichtig sei und seine Gebührenansprüche ggf. gem. §§ 648, 648a BGB absichern müsse (vgl. hierzu Sicherheiten).
Hinweis
Im Hinblick auf ein mögliches Zurückbehaltungsrecht muß meines Erachtens differenziert werden:
Hat der Architekt Leistungen erbracht, deren Ergebnis der Bauherr herausfordert, deren Bezahlung er jedoch noch nicht vorgenommen hat, so wird man dem Architekten infolge seiner grds. Vorleistungspflicht ein Zurückbehaltungsrecht nicht zugestehen können.
Hat der Architekt auftragsgemäß Leistungen erbracht, deren Ergebnisse zur Verfügung gestellt und mit einer Abschlagsrechnung gem. § 8 II HOAI berechtigterweise dem Bauherrn fällig gestellt, und verweigert der Bauherr die Zahlung auf die Abschlagsrechnungen, so muß dem Architekten für weitere, bereits von ihm erbrachte Arbeitsergebnisse ein Zurückbehaltungsrecht zustehen. Die Ausübung des Zurückbehaltungsrechts könnte aber unter dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben rechtsmißbräuchlich sein, wenn dem Bauherrn bei Nichtherausgabe größerer Schaden entstände.

Kontakt
Für weitere Informationen wenden Sie sich bitte an die Kanzlei:
Rechtsanwälte Reuter Grüttner Schenck