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Originäre Vollmacht zur Vereinbarung einer Fertigstellungsfrist?
 

Auch ohne ausdrückliche Vollmacht ist ein Architekt berechtigt, für seinen Bauherrn mit dem Bauunternehmer eine Fertigstellungsfrist für dessen Leistung zu vereinbaren.
Hintergrund
Haben Architekt und Bauherr einen Vertrag geschlossen, prägt dieser wesentlich das Rechtsverhältnis zwischen den Vertragsparteien.

Die Befugnisse des Architekten, den Bauherrn gegenüber Dritten, beispielsweise Bauunternehmern, zu vertreten, richtet sich nach der ihm erteilten Vollmacht.

Wird ein Architekt nicht ausdrücklich, z.B. im Vertrag, bevollmächtigt, so kann er u.U. gleichwohl im Rahmen einer sog. "originären Vollmacht" zur Vertretung des Bauherrn berechtigt sein.
Beispiel
(nach OLG Köln , Urt. v. 29.12.2016)
Gegenüber der Restwerklohnforderung eines Bauunternehmers wehrt sich der Bauherr mit einer Schadensersatzforderung wegen verzögerter Fertigstellung. Er beruft sich hierzu auf die Vereinbarung eines Fertigstellungstermins, welcher unstreitig vom Bauunternehmer erheblich überschritten wurde. Der Bauunternehmer argumentiert, der Fertigstellungstermin sei lediglich mit dem Architekten des Bauherrn verabredet worden, diese habe aber gar keine Vollmacht gehabt.
 
Das Oberlandesgericht Köln bestätigt den Schadensersatzanspruch des Bauherrn. Der bauleitende Architekt, der auf die plangemäße Herstellung des Bauwerks hinzuwirken und die Bauarbeiten zu koordinieren habe, könne wirksam Mängel rügen und Mahnungen aussprechen, Fristen setzen und vereinbaren sowie für den Fall des Fristablaufes die Kündigung androhen. Durch derartige Handlungen gehe er für seinen Bauherrn keinen besonderen Pflichten ein, vielmehr handelte es sich um Maßnahmen zu Gunsten des Auftraggebers.
Hinweis
Das Urteil des OLG Köln liegt auf der Linie der durch Rechtsprechung und Literatur erarbeiteten Vorgaben zum Umfang der originären Vollmacht. So ist seit längerem anerkannt, dass der Architekt für seine Auftraggeber einem Bauunternehmer zur Mängelbeseitigung auffordern und diesem Fristen setzen und Kündigung androhen kann (vgl. LG Schweinfurt, Urteil vom 16.01.2017). Obwohl der Architekt im Übrigen zum Abschluss von Vereinbarungen grundsätzlich nicht berechtigt ist, erscheint es schlüssig, dass er immerhin zu Gunsten seines Bauherrn einen Fertigstellungstermin verbindlich mit dem Bauunternehmer vereinbaren kann. Nicht allerdings ist er berechtigt, einen Fertigstellungstermin zu Lasten des Bauherrn zu verschieben (BGH, Urteil vom 10.11.1977).

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Rechtsanwälte Reuter Grüttner Schenck