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Nachbesserungsaufforderung entbehrlich bei Baukostenüberschreitung?

Nach Ansicht des OLG Hamm ist eine Fristsetzung zur Nachbesserung mit Ablehnungsandrohung gegebenenfalls entbehrlich, wenn der Auftraggeber nicht annehmen kann, dass der Architekt durch Ausnutzung ihm zumutbarer Kosteneinsparungsmöglichkeiten eine Einhaltung des vorgegebenen Kostenrahmens hätte erreichen können.
Hintergrund
Der Architekt haftet bei Verletzung vertraglicher oder sonstiger Verpflichtungen.

Ein Sonderbereich der Architektenhaftung stellt die Haftung für Bausummenüberschreitungen dar.

Werden Bausummen überschritten, so muß der Bauherr den Architekten i.d.R. zunächst zur Nachbesserung auffordern, bevor er Haftungsansprüche geltend machen kann. .
Beispiel
(nach OLG Hamm , Urt. v. 21.07.2011 - 24 U 151/04)
Ein mit Architektenleistungen beauftragter Architekt hatte für das Vorhaben des Bauherrn – Umbau eines Altbaus und neu zu errichtender Anbau – eine Kostenermittlung basierend auf der seinerzeit vorliegenden Entwurfsplanung in Höhe von DM 600.000,00 vorgenommen. Der Bauherr hatte daraufhin den Genehmigungsantrag eingereicht und das Bauvorhaben begonnen. Die Kosten wurden dann erheblich überschritten, der Bauherr nimmt den Architekten auf Schadensersatz in Anspruch. Der Architekt wendet u. a. ein, eine Haftung seinerseits scheitere schon an einer fehlenden Nachbesserungsaufforderung mit Fristsetzung.
 
Das OLG Hamm gibt der Klage dem Grunde nach statt und bestätigt damit die Haftung des Architekten. Eine ausdrückliche Fristsetzung zur Nachbesserung mit Ablehnungsandrohung sei hier entbehrlich gewesen, weil der Bauherr nicht annehmen konnte, dass der Architekt durch Ausnutzung ihm – dem Bauherrn – zumutbarer Kosteneinsparungsmöglichkeiten eine Einhaltung der Kosten hätte erreichen können. Ausgangspunkt für die Nachbesserungsfähigkeit sei der Vertragsgegenstand des Architektenwerks. Dieses verkörpere sich in dem Bauwerk, welches in den der Genehmigungsbehörde vorgelegten Plänen dargestellt sei. Eine Nachbesserungsfähigkeit sei nur dann anzunehmen, wenn Modifizierungen in der Planung zu einer dem Bauherrn noch zumutbaren und vom Vertragsgegenstand noch gedeckten Planabweichung führen. Hierfür sei vorliegend nichts ersichtlich. Das Gericht beruft sich zur Begründung u. a. auf die Ausführung eines eingeholten Sachverständigengutachtens, welches den Quadratmeterpreis, den der Architekt seiner Ermittlung seinerzeit zugrunde legte – als unrealistisch einstufte. Des Weiteren stellt das Gericht darauf ab, dass der Architekt selbst keine zumutbaren Einsparungsmöglichkeiten aufgezeigt habe. Aus diesem Grunde sei davon auszugehen, dass auch im Falle einer Fristsetzung zur Nacherfüllung allenfalls mit einer nicht mehr vom Vertragsgegenstand gedeckten grundlegenden Planungsänderung eine Einhaltung des Kostenrahmens hätte erzielt werden können, welche dem Bauherrn jedoch nicht zumutbar war.
Hinweis
Mit der Frage, welche Nachbesserungen dem Bauherrn im Falle einer Bausummenüberschreitung zumutbar seien, beschäftigt sich die Rechtsprechung zunehmend (vgl. auch OLG Naumburg, Urteil vom 17.07.2007). Die hier vom Gericht gewählte Formulierung eine Nachbesserungsfähigkeit sei nur dann anzunehmen, "wenn Modifizierungen in der Planung zu einer dem Bauherrn noch zumutbaren und vom Vertragsgegenstand noch gedeckten Planungsabweichung führen", ist wenig ergiebig. Nach diesseitiger Ansicht ist konkret zu ermitteln, worauf der Bauherr aufgrund der Leistungen des Architekten – Kostenermittlung bzw. entsprechende Planung – vertrauen dürfte. Nur wenn mit der festgelegten Bausumme auch ein festgelegtes Bauprogramm einhergeht, erscheint eine Begrenzung der Nachbesserungsrechte des Planers gerechtfertigt.

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Rechtsanwälte Reuter Grüttner Schenck