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Bauvorhaben zur Vermietung: Bauherr darf Wohnflächenoptimierung erwarten!

Gibt ein Bauherr einem Architekten die Planung eines Anbaus zum Zwecke der Vermietung in Auftrag, schuldet der Architekt eine optimierte Wohnflächenausnutzung, selbst wenn dies im Vertrag nicht ausdrücklich bestimmt ist.
Hintergrund
Der Architekt haftet bei Verletzung vertraglicher oder sonstiger Verpflichtungen.

Der Architekt ist in seiner Funktion als Sachwalter des Bauherrn diesem gegenüber zur umfassenden Beratung und Aufklärung während des gesamten Vertragsverhältnisses verpflichtet.

Eine Pflicht zur Beratung über steuerliche und wirtschaftliche Aspekte des Bauvorhabens obliegt dem Architekten allerdings nur in Ausnahmefälle
Beispiel
( - OLG Stuttgart, Urteil vom 18.03.2025 – 10 U 107/24)
Ein Architekt wird mit der Planung eines Anbaus an einen Mehrfamilienhaus beauftragt. Ohne dass dies im Vertrag ausdrücklich geregelt wäre, besteht Kenntnis des Architekten, dass der Anbau einer Vermietung dienen soll. Nachdem eine durch den Architekten erarbeitete Bauvoranfrage bei der Bauaufsicht wegen Abstandsflächenverletzungen nicht genehmigt wird, fordert der Bauherr den Architekten zur Nachbesserung auf; das Nachbesserungsverlangen des Bauherrn bezieht sich ausdrücklich nicht nur auf die Herstellung einer genehmigungsfähigen Planung, sondern darüber hinaus auch auf die Optimierung der Wohnfläche. Der Architekt erklärt sich im Hinblick auf die Genehmigungsfähigkeit seiner Planung zu einer kostenfreien Nachbesserung bereit, nicht allerdings im Hinblick auf die Optimierung der Wohnfläche. Hieraufhin kündigt der Bauherr aus wichtigem Grund. Der Architekt klagt Honorar für erbrachte und nicht erbrachte Leistungen ein.

Das OLG Stuttgart gesteht dem Architekten ein Honoraranspruch für nicht erbrachte Leistungen nicht zu; der Bauherr habe hier berechtigterweise aus wichtigem Grund außerordentlich den Vertrag kündigen dürfen. Ein wichtiger Grund ergebe sich zwar nicht im Hinblick auf die fehlende Genehmigungsfähigkeit der Bauvoranfrage; denn die entsprechende Pflichtverletzung reiche für sich genommen nicht für einen wichtigen Kündigungsgrund aus, der Architekt habe hier kostenfreie Mängelbeseitigung angeboten, die auch möglich sei. Ein wichtiger Grund ergebe sich allerdings aus der Weigerung des Architekten, kostenfrei seine Planung im Hinblick auf die Optimierung der Wohnfläche nachzubessern. Im Gegensatz zu der Auffassung des Architekten sei dieser von vornherein verpflichtet gewesen, für eine Optimierung der Wohnfläche Sorge zu tragen.

Zwar sei ein Architekt nicht ohne Weiteres verpflichtet eine optimale Planungslösung vorzulegen, er schulde lediglich eine durchschnittlich brauchbare, sachgerechte Planung. Die Planung des Architekten hier sei allerdings nicht als sachgerecht anzusehen. Unstreitig war dem Architekten bekannt, dass der geplante Anbau vermietet werden sollte. Hieraus ergab sich die Anforderungen an die Planung des Architekten, eine möglichst große Wohnfläche zu gewährleisten; das eine entsprechende Verpflichtung des Architekten nicht ausdrücklich im Architektenvertrag niedergelegt worden sei, hindere dessen Verpflichtung nicht (vgl. auch Urteil des BGH vom 12.06.1975). Tatsächlich sei hier eine Schaffung zusätzlicher Wohnfläche auch möglich gewesen (was der Architekt selbst eingeräumt habe), u. a. in Gestalt der Realisierung eines Kinderzimmers im Untergeschoss mit Anbindung an die Erdgeschosswohnung durch eine Wohnungstreppe (das Gericht macht keine Ausführungen zu der Frage der öffentlich-rechtlichen Zulässigkeit von Aufenthaltsräumen in Untergeschossen nach der einschlägigen Landesbauordnung, es wird aber unterstellt, dass offenbar die Anforderungen nach der Bauordnung eingehalten werden konnten).

Hinweis
Nach der Rechtsprechung steht dem Bauherrn ein wichtiger Grund zur außerordentlichen Kündigung zu, wenn ein Architekt unberechtigt seine Leistungen verweigert. Eine solche Leistungsverweigerung ist auch darin zu sehen, dass ein Architekt für erforderliche Mängelbeseitigungsleistungen, die er eigentlich kostenlos zu erbringen hätte, wie im vorliegenden Fall Honorar verlangt (vgl. auch OLG Celle, Urteil vom 18.04.2007). 

Kontakt
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Rechtsanwälte Reuter Grüttner Schenck