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26.04.2023

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Handwerker, Künstler, Architekt

Zum 80. Geburtstag von Peter Zumthor


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Am heutigen Mittwoch, 26. April wird Peter Zumthor 80 Jahre alt. Womit er quasi mitten im Berufsleben steht, denn die Leidenschaft für sein Metier ist stetig groß und immer noch sehr greifbar.

Von Sabina Strambu

Trotz all des Ruhms und der Ehre ob seines weltweiten Wirkens sind das gebaute Portfolio und die Bürogröße des Ateliers Peter Zumthor mit Sitz in Haldenstein nahe Chur in einem gesunden Maß geblieben, die Starallüren bei persönlichen Begegnungen ebenso. Das hat nicht zuletzt damit zu tun, dass Peter Zumthor für die Architektur wie selbstverständlich auch eine künstlerische und – durchaus biografisch bedingt – eine handwerkliche Dimension beansprucht.

„Ich mache Originale und Einzelanfertigungen. Für diese erfinde ich viele Teile, Details und Verbindungen. Und dann brauche ich Leute, die das mit ihren Händen bauen können,“ erklärte er vor Kurzem anlässlich eines öffentlichen Gesprächs in dem von ihm gebauten Werkraum Haus in Andelsbuch im Bregenzerwald. Die Unikate eines Peter Zumthor brauchen ihre Zeit. In einem Interview im Schweizer Fernsehen sagte er einmal: „Ich denke von mir selbst, ich sei ziemlich schnell im Denken und Fühlen. Aber das Machen ist natürlich etwas anderes. Häuser machen, 1.000 Materialen zusammensetzen, 1.000 Dinge verstehen, die man vorher nicht verstanden hat … da plädiere ich dafür, eine gute Architektur so anzuschauen wie eine Symphonie oder wie ein Bild.“ Es käme niemandem in den Sinn, einen Komponisten oder eine Künstlerin als langsam zu bezeichnen.

Ein wichtiger Teil des Prozesses sind seine Modelle, er sieht sie als Erkenntnisinstrumente, wie er im Werkraum weiter erklärt. Nach einer ersten Idee als Ausgangspunkt entstehen 20 bis 30 weitere Entwicklungsstufen, bis diese letztlich zum Ergebnis gereift sind. Nur anhand von Modellen ließen sich die für Zumthor hochvaliden Attribute einer Raumwirkung durch Material und Licht wirklich nachvollziehen. Er lernt daraus, vergleicht, verwirft oder komponiert eben weiter. „Auf Plänen kannst du alles verkaufen. Doch ich behaupte, viele wissen nicht, wie das nachher wirklich ausschaut.“ Seine Modelle hätten sogar schon einmal politische Wirkung entfaltet. Das vor 26 Jahren eröffnete Kunsthaus in Bregenz ist entstanden, weil Zumthor ein Geschoss im Maßstab 1:10 auf Pfosten hievte, durch dessen Boden man den Kopf stecken konnte und die Tageslichtwirkung im Inneren simuliert bekam. Einen Entscheider hatte das überzeugt, und Künstler*innen konzipieren bis heute noch ihre Ausstellungen anhand der einmaligen räumlichen Gegebenheiten.

Auch Zumthor selbst modelliert sein Werk einzig und allein anhand der vorhandenen städtischen oder landschaftlichen Gegebenheiten. Nirgendwo sonst würden seine jeweiligen Entwürfe stehen können als an den Orten, für die sie erdacht worden sind: die in ihren Ursprüngen als Felsentherme bezeichnete Skulptur in Vals, der Eifelmonolith für die Bruder-Klaus-Feldkapelle, die stadt- und innenräumlich passend gefügte Kolumba in Köln oder das Dokumentationszentrum der Erzminen von Allmannajuvet in Südnorwegen mit ihrer düsteren Aura – um nur einige bekannte Beispiele zu nennen. Ebenso das dem lokalen Handwerk gewidmete Haus im Bregenzerwald, in dem derzeit eine Auswahl an Architekturmodellen aus dem Atelier Peter Zumthor ausgestellt ist. Es bietet Gelegenheit, dem Architekten selbst zu begegnen. Schon 2017 hatte er im Rahmen der von ihm kuratierten Ausstellung „Dear to Me“ im Kunsthaus Bregenz – wo zahlreiche Modelle mehr archiviert sind – zu regelmäßigen Gesprächen geladen. Darunter war ein Dialog mit seiner langjährigen Wegbegleiterin Hélène Binet, die seine Bauwerke immer wieder fotografisch dokumentiert und inszeniert. Die gewählten Exponate, seine Gesprächspartner*innen und Fragen geben auch immer viel über seine eigene Denkweise und die Bandbreite seiner musischen Interessen preis.

Zurück im Werkraum, in dem wie vielleicht nirgendwo sonst die umgebende Naturlandschaft den Innenraum dominiert, sagt Zumthor mit Blick auf das Modell seiner Ferienhausarchitektur Secular Retreat nahe Devon: „Es ist immer wieder verblüffend zu sehen, was passiert, wenn man versucht, in den Modellen die Landschaft nachzubauen. Man muss aufpassen, dass man sie nicht kaputtmacht. Dann bleibt man einfach.“

Auch wenn die Entstehungsprozesse an sich niemals einfach sind. Derzeit tüftelt er an einem Wohnhochhaus für Antwerpen, weiterhin am flächigen Neubau für das LACMA in Los Angeles oder an der Erweiterung der Fondation Beyeler in Riehen. Von letzteren beiden Vorhaben ausgehend, dreht derzeit Wim Wenders einen Dokumentarfilm, der Zumthor porträtiert und laut seines Titels „Das Geheimnis der Orte“ aufspüren will, die seinen Werken so immanent sind. Was er noch gerne bauen würde? Ein „Berghotel an einem schönen, exponierten Ort“ oder „etwas für die Musik. Keine große Kiste, ein Kammermusiksaal vielleicht“. Das Modell seines Musikhotels im Schweizer Braunwald ist – wie viele weitere ungebaute Projekte – ebenfalls Teil der bis September laufenden Ausstellung. Die Realisierung seiner Wunschtypologie scheiterte damals jedoch … am Landschaftsschutz.

Fotos: Brigitte Lacombe, Hélène Binet, Atelier Peter Zumthor,
Glas Marte


Kommentare

2

Robert Thomsen | 28.04.2023 16:16 Uhr

Baukunst

Das ist Baukunst was er entwirft, nicht mehr und nicht weniger. Ich bin jedes Jahr wieder freudig überrascht wenn ich durch Andelsbuch zum Skifahren fahren und den Showroom sehen kann, Architektur diepasst, eine Selbstverständlichkeit. Er ist immer noch ein Vorbild und diese Arbeitsweise ist sinnvoll. Glückwunsch Peter Zumthor

1

.,- | 27.04.2023 09:43 Uhr

Architektur

Glückwunsch!

Mein Vorbild, aber nie erreichbar ....

 
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Peter Zumthor, Portrait aus dem Jahr 2015; © Brigitte Lacombe

Peter Zumthor, Portrait aus dem Jahr 2015; © Brigitte Lacombe

Therme Vals in Graubünden von Atelier Peter Zumthor, 1996; © Hélène Binet, mit freundlicher Genehmigung von ammann//gallery

Therme Vals in Graubünden von Atelier Peter Zumthor, 1996; © Hélène Binet, mit freundlicher Genehmigung von ammann//gallery

Bruder-Klaus-Feldkapelle bei Wachendorf in der Eifel von Atelier Peter Zumthor, 2007; © Hélène Binet

Bruder-Klaus-Feldkapelle bei Wachendorf in der Eifel von Atelier Peter Zumthor, 2007; © Hélène Binet

Kolumba Kunstmuseum des Erzbistums Köln von Atelier Peter Zumthor, 2007; © Hélène Binet

Kolumba Kunstmuseum des Erzbistums Köln von Atelier Peter Zumthor, 2007; © Hélène Binet

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