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Vollmacht des Architekten für Anordnung erforderlicher Nachträge?

Ist ein Architekt nicht beauftragt, den Auftraggeber rechtsgeschäftlich zu vertreten, dann ist er in der Regel auch nicht bevollmächtigt, erforderliche Leistungen mit der Folge eines Mehrvergütungsanspruches des Unternehmers anzuordnen.
Hintergrund
Haben Architekt und Bauherr einen Vertrag geschlossen, prägt dieser wesentlich das Rechtsverhältnis zwischen den Vertragsparteien.

Die Befugnisse des Architekten, den Bauherrn gegenüber Dritten, beispielsweise Bauunternehmern, zu vertreten, richtet sich nach der ihm erteilten Vollmacht.

Wird ein Architekt nicht ausdrücklich, z.B. im Vertrag, bevollmächtigt, so kann er u.U. gleichwohl im Rahmen einer sog. "originären Vollmacht" zur Vertretung des Bauherrn berechtigt sein.
Beispiel
(nach OLG München , Urt. v. 10.09.2013 - OLG München, Az. 9 U 1685/12; BGH, Beschluss vom 26.03.2015 – VII ZR 260/13 (Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen))
Der Architekt ist vom Bauherrn unter anderem mit der Bauleitung beauftragt. Eine rechtsgeschäftliche Vertretungsmacht wird dem Architekten in dem Architektenvertrag nicht zugestanden, sondern auch ausdrücklich ausgeschlossen. Der Architekt ordnet im Rahmen des Bauablaufes an, dass der Unternehmer eine Eingangstreppe errichtet. Entsprechende Leistung war für ein anderes Einfamilienhaus des Gesamtprojektes ausgeschrieben gewesen und für ein Haus vergessen worden. Der Unternehmer verlangt dafür von dem Bauherrn Zahlung und beruft sich auf die Anordnung und entsprechende Vergütung nach § 2 Abs. 6 VOB/B. Der Bauherr wendet ein, dass der Architekt nicht bevollmächtigt gewesen sei, den Nachtrag anzuordnen. Das Argument lässt das Gericht gelten. Weder ist eine ausdrückliche Bevollmächtigung des Architekten gegeben noch greifen Rechtsscheingrundsätze wie Duldungsvollmacht oder Anscheinsvollmacht, die den Unternehmer glauben machen könnten, dass der Architekt bevollmächtigt gewesen wäre.
Hinweis
Den Architekt rettet vor einer Haftung wegen vollmachtlosen Handelns gegenüber dem Unternehmer, dass die Leistung erforderlich war und insofern das Gericht angenommen hat, dass die Leistung dem mutmaßlichen Willen des Bauherrn entsprochen habe und damit eine übliche Vergütung vom Bauherrn an den Unternehmer zu zahlen sei, § 2 Abs. 8 VOB/B. Auch Grundsätze originärer Vollmacht, die ohnehin schon auf dogmatische Bedenken stößt, greifen nicht, weil regelmäßig die Vollmacht des Architekten dort aufhört, wo das Portemonnaie des Bauherrn anfängt.

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Rechtsanwälte Reuter Grüttner Schenck