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Honorarverzicht für Architektenleistungen im Rahmen ehrenamtlicher Tätigkeit verletzt Standesrecht nicht !

Ob ein gänzlicher Honorarverzicht eines Planers für erbrachte Leistungen ein Verstoß gegen das Standesrecht darstellen kann, ist für jeden Einzelfall zu prüfen; wird die Leistung im Rahmen einer langjährigen ehrenamtlichen Tätigkeit gegenüber einer Kirche erbracht, ist von einem Verstoß nicht auszugehen.
Hintergrund
Das Berufs- und Standesrecht befasst sich mit Vorschriften und Bedingungen, die den Rahmen für die Berufsausübung des Architekten bilden.

In den Landesarchitektengesetzen sind verschiedene standesrechtliche Pflichten der Architekten geregelt.
Beispiel
(nach OVG NRW , Urt. v. 21.11.2007 - Beschluss 6 s E 983/06.S –)
Ein selbstständig freiberuflich tätiger Architekt erbringt Architektenleistungen, im wesentlichen Kostenschätzunge, zu projektierten Vorhaben, gegenüber seiner Kirchengemeinde. Er ist seit vielen Jahren in seiner Kirchengemeinde ehrenamtlich tätig und dort vor allem in der Jugendarbeit engagiert, die ihrerseits eine Verbindung zu den Projekten aufweist. Der Architekt verzichtet auf Honorar für seine Leistungen. Die Architektenkammer strengt ein berufsrechtliches Verfahren an wegen Verstoßes gegen die Standespflicht, die festgesetzten HOAI-Mindestsätze nicht zu unterschreiten.

Mit dem Verfahren hat die Kammer vor Gericht keinen Erfolg. Das OVG sieht keine Verletzung der Standespflichten des Architekten. Das OVG stellt zunächst fest, dass es den Parteien eines Architektenvertrages im Rahmen der Privatautonomie freistehe, sich auf unentgeltliche Leistungen des Planers zu einigen. Eine solche unentgeltliche Leistung werde von der öffentlich rechtlichen Preisvorschrift des § 4 HOAI nicht ausgeschlossen. Allerdings könne sich ein vollständiger Verzicht des Planers auf ein Honorar im Einzelfall als eine Umgehung des § 4 Abs. 1 oder als sonstige berufswidrige Handlung zu Zwecken des Wettbewerbes darstellen. Das könne beispielsweise der Fall sein, wenn die Leistungen, für die kein Honorar berechnet werden soll, im Zusammenhang mit einer anderen Leistung steht, für die ihrerseits ein Honorar im Rahmen der HOAI Mindest- und Höchstsätze vereinbart ist, oder wenn der Architekt sich durch die Erbringung der endgültigen Leistungen einen Vorteil bei der Vergabe anderer Aufträge durch den Leistungsempfänger erhofft. Andererseits seien Fälle denkbar, in denen – etwa im Verhältnis naher Verwandter – der vollständige Verzicht auf ein Honorar nicht als berufswidrig anzusehen sei. In jedem Einzelfall müsse die Berufswidrigkeit eines Honorarverzichtes geprüft werden.

In vorliegendem Fall sei dem Architekten eine Berufswidrigkeit nicht vorzuwerfen. Aufgrund seiner jahrelangen ehrenamtlichen Tätigkeit für die Gemeinde dürfe es als üblich angesehen werden, dass im Rahmen derartiger persönlicher Beziehungen die Bitte geäußert bzw. erfüllt werde, eigene, auch berufliche, Kenntnisse und Fähigkeiten im Interesse der Institution unentgeltlich einzusetzen. Anhaltspunkte für eine missbräuchliche Ausnutzung des besonderen Verhältnisses sei hier nicht gegeben.
Hinweis
Eine - im besprochenen Fall nicht vorliegende (da gänzlicher Honorarverzicht) - Mindestsatzunterschreitung müsste sich an § 4 II HOAI messen lassen. Auch hier wäre wohl im Ergebnis anzunehmen, dass ein Ausnahmefall von § 4 II vorliegt, daher keine unzulässige Mindestsatzunterschreitung und keine Standesrechtsverletzung.

Kontakt
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Rechtsanwälte Reuter Grüttner Schenck