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Bauwerke verspätet fertiggestellt: Haftet der Architekt?

Verlangt der Auftraggeber vom Architekten Schadensersatz wegen verzögerter Fertigstellung des Bauvorhabens, muss er darlegen und beweisen, dass die Bauzeitverzögerung allein oder überwiegend auf eine unzureichende oder nicht fristgerecht erbrachte Leistung zurückzuführen ist.
Hintergrund
Der Architekt haftet bei Verletzung vertraglicher oder sonstiger Verpflichtungen.

Den Architekten kann eine Haftung treffen, wenn er seine Leistungen nicht rechtzeitig erbringt.
Beispiel
(nach OLG Frankfurt , - Urteil vom 22.02.2018 – 5 U 135/16; BGH, Beschluss vom 29.07.2020 – VII ZR 71/18 – NZB zurückgewiesen)
Für die Sanierung von Thermen wird ein Planer unter anderem mit sämtlichen Gebäude-Planungsleistungen beauftragt. In dem Vertrag ist festgehalten, dass das Bauvorhaben bis zu einem bestimmten Datum fertiggestellt sein „soll“. Unter der Überschrift „Gegenstand des Vertrages, Planungsziel“ wird der Planer weiter verpflichtet, seine Leistungen innerhalb der Vertragsfristen zu erbringen, wobei Grundlage der dem Generalplanervertrag als Anlage beigefügte Terminplan sein soll. Das Bauvorhaben wird errichtet, die Fertigstellung verzögert sich um rund sechs Monate. Der Bauherr macht Schadensersatz wegen Mietausfall in 7-stelliger Höhe geltend.
 
Das OLG Frankfurt weist die Schadensersatzklage des Bauherrn ab. Verlange ein Auftraggeber eines Architektenwerkes vom Architekten Schadensersatz wegen verzögerter Fertigstellung des Bauvorhabens, müsse er darlegen und beweisen, dass die Bauzeitverzögerung allein oder überwiegend auf eine nicht fristgerecht erbrachte Leistung des Architekten zurückzuführen sei. Eine solche Darlegung sei hier nicht ersichtlich (dabei setzt sich das Gericht sehr detailliert mit einzelnen Beanstandungen der Bauherren auseinander).

Soweit in dem Vertrag ein Fertigstellungstermin genannt sei, handele es sich bei diesem lediglich um eine reine Zielvorgabe, wie das Wort „soll“ sowie die Überschrift (Planungsziel) nachweise, es handele sich nicht um eine verbindliche Vertragsfrist, deren Einhaltung der Architekt geschuldet habe. Soweit sich verbindliche Vertragsfristen aus dem Terminplan ergeben sollten, könne der Bauherr hier auch nichts für sich herleiten. Da sich der Architekt nicht selbst zur Fertigstellung des Bauvorhabens verpflichtet habe, war der Termin zur Fertigstellung des Bauvorhabens ersichtlich keine von ihr selbst einzuhaltende Vertragsfrist.
Hinweis
Das Haftungsrisiko eines Architekten, für verzögerte Fertigstellung des Bauvorhabens auf Schadensersatz in Anspruch genommen zu werden, erhöht sich naturgemäß erheblich, wenn in dem Vertrag verbindliche Fristen enthalten sind oder gar verbindlich eine Fertigstellung zu einem gewissen Zeitpunkt durch einen Architekten versprochen wird. Entsprechend sollten Planer sehr vorsichtig mit solchen Zusagen sein, zumal ihre Haftpflichtversicherung in der Regel den Deckungsschutz im Falle eines Schadens verweigern kann (im vorliegenden Fall hatte der Architekt wohl auch Glück mit der Auslegung des Vertrages durch das Gericht). Sind im Vertrag keine Fristen verbindlich festgelegt, dürfte es dem Bauherrn häufig schwerfallen, den Architekten wegen verzögerter Leistungen in Anspruch zu nehmen (wie auch das vorliegende Urteil zeigt); vgl. hierzu auch Urteil vom OLG Celle vom 06.01.2011 (siehe dort auch unter Hinweis).

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Rechtsanwälte Reuter Grüttner Schenck