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Architekt haftet subsidiär nach Bauunternehmer: Klausel im Musterarchitektenvertrag wirksam?

Nach Ansicht des OLG Schleswig kann auch in AGB-Verträgen vereinbart werden, dass der Architekt gegenüber dem Bauherrn für Ausführungsmängel nur subsidiär nach dem Bauunternehmer haftet, wenn die Klausel auf einfache Fahrlässigkeit beschränkt ist.
Hintergrund
Haben Architekt und Bauherr einen Vertrag geschlossen, prägt dieser wesentlich das Rechtsverhältnis zwischen den Vertragsparteien.

Sind Vertragsbestimmungen als sogenannte Allgemeine Geschäftsbedingungen zu qualifizieren, so sind sie auf ihre Wirksamkeit zu prüfen.

Ist der Architekt Verwender der Allgemeinen Geschäftsbedingungen, so ist deren Wirksamkeit allein zu seinen Lasten zu prüfen.
Beispiel
(nach OLG SCHleswig , Urt. v. 31.01.2007 - 9 U 43/06 – )
In einem Musterarchitektenvertrag, der vom Architekten stammte, war folgende Klausel enthalten:

"Kommt eine Haftung des mit der Objektüberwachung beauftragten Architekten wegen nicht ausreichender Aufsichtsüberprüfung der von einem Dritten erbrachten Leistungen in Betracht, haftet der Architekt nur, wenn der Auftraggeber vom Dritten, auch durch gerichtliche Vollstreckungsmaßnahmen Schadensersatz nicht zu erlangen vermag. Im Falle grober Fahrlässigkeit des Architekten gelten die oben genannten Einschränkungen nicht."

Auf eine Resthonorarklage des Architekten nach Abschluss des Bauvorhabens wendet der Bauherr Objektüberwachungsfehler des Architekten betreffend mehrerer Baumängel ein. Betreffend dieser Baumängel hat der Bauherr auch Bauunternehmer in Anspruch genommen. Der Architekt argumentiert mit Hinweis auf oben genannte Klausel, dass – solang sich nicht die Unfähigkeit der Bauunternehmer zur Mängelbeseitigung herausstelle – der Bauherr ihn nicht in Haftung nehmen könne. Der Bauherr meint, die Klausel sei unwirksam.

Das OLG Schleswig hält die Klausel für wirksam. Der Bauherr müsse zunächst versuchen, sich bei den Bauunternehmern zu befriedigen. Aus den Bestimmungen des AGB-Gesetzes ergebe es sich keine unangemessene Benachteiligung. Die vorrangige Inanspruchnahme der Bauunternehmen sei zumutbar und sachgerecht, weil Bauunternehmer und Architekt dem Bauherrn im Falle von Baumängeln und Überwachungsfehlern als Gesamtschuldner haften. Stelle sich heraus, dass der Bauunternehmer als Haftungssubjekt ausfalle, stehe dem Bauherrn noch der Architekt zur Verfügung. Vorliegend habe sich aber im Rahmen der Inanspruchnahme der Bauunternehmer durch den Bauherrn noch nicht endgültig ergeben, ob diese letztlich zur Mängelbeseitigung herangezogen werden könnten.
Hinweis
In dem Architektenmustervertrag (siehe insbesondere auch Hinweise zum Architektenvertrag unter II zu § 10) ist ebenfalls eine sogenannte Subsidiaritätsklausel enthalten:

„Wird der Architekt wegen eines Schadens in Anspruch genommen, den auch ein Dritter zu vertreten hat, kann er vom Auftraggeber verlangen, dass der Auftraggeber sich außergerichtlich erst bei dem Dritten ernsthaft um die Durchsetzung seiner Ansprüche auf Nachbesserung und Gewährleistung bemüht.“

Vorgenannte Klausel ist gegenüber der oben dem Urteil des OLG Schleswig zugrunde liegenden weniger "scharf". Es ist lediglich von erforderlichen Bemühungen die Rede, dem Bauunternehmer vor dem Architekten in Haftung zu nehmen. Die Klausel wurde jedenfalls früher im allgemeinen als wirksam erachtet. Es wurde zu dem entschieden, dass es dem Bauherrn freistehe, den Architekten selbst aufzufordern, die entsprechenden Bemühungen auszuführen.

Die dem Urteil des OLG Schleswig zugrunde liegende Klausel ist für den Bauherrn nicht unerheblich benachteiligender. Denn Ansprüche gegenüber dem Architekten werden solange vollständig ausgeschlossen, solang der Bauherr nicht – gegebenenfalls auch durch gerichtliche Vollstreckungsmaßnahmen – vollständig gegenüber dem Bauunternehmer ausfällt. Die Klausel ist zwar auf Fälle leichter Fahrlässigkeit beschränkt, gleichwohl zweifelt der Verfasser daran, dass die Klausel beim BGH einer Wirksamkeitskontrolle standhalten würde.

Für die im Architektenvertrag verwandte Klausel hat die Rechtsprechung zu dem darauf aufmerksam gemacht, dass in dem Zeitraum, in dem sich der Bauherr bemüht, die Bauunternehmer in Haftung zu nehmen, die Gewährleistungsverjährung gegenüber dem Architekten gehemmt ist. Dieses Urteil wird wohl auch für die dem Urteil des OLG Schleswig zugrunde liegende Klausel gelten müssen.

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