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Abnahme des Architektenwerks: Was ist zu tun?

Eine Abnahme stellt bei jedem Werkvertrag, so auch beim Architektenvertrag, eine einschneidende Zäsur dar. Wichtige, für den Architekten vorteilhafte Rechtsfolgen, z. B. der Verjährungsbeginn der Gewährleistungsansprüche des Bauherrn, knüpfen an die Abnahme. Allerdings findet eine Abnahme regelmäßig nicht "von selbst" statt. Jeder Architekt sollte nach Abschluss seiner Leistungen mindestens versuchen, eine Abnahme seines Werkes herbeizuführen.
Hintergrund
Der Leistungen aus dem Architekten-(Planer-)Vertrag, auch Teilleistungen, sind nach völlig einhelliger Rechtsprechung werkvertragliche Leistungen und bedürfen damit der Abnahme. Abnahme wird grundsätzlich definiert als Entgegennahme und Billigung der Leistung. Da die Entgegennahme des Architektenwerkes in vollständiger Form (außer Pläne und weitere Unterlagen) grundsätzlich nicht möglich ist, wird eine Abnahme bereits angenommen bei einer Billigung des Werkes als vertragsgerecht.

Voraussetzung für eine Billigung des Architektenwerkes als vertragsgerecht ist allerdings nach der Rechtsprechung des BGH in der Regel, dass das Werk vollendet ist.

Sind dem Architekten lediglich Leistungsphasen 1 bis 8 beauftragt, wird das Werk beendet mit Erbringung der einzelnen Leistungen aus der Leistungsphase 8. Da zu den Leistungen aus der Leistungsphase 8 u. a. auch Leistungen gehören, die erst nach Abnahme der Bauwerksleistung erfolgen können (zum Beispiel Auflisten der Gewährleistungsfristen, Beseitigung von bei der Abnahme der Bauleistung vorbehaltener Mängel, Rechnungsprüfung), wird von einer Vollendung des Architektenwerkes in diesem Fall in der Regel erst eine gewisse Zeit nach Bauwerkfertigstellung ausgegangen werde können. Klauseln in Architektenmusterverträgen, die die Abnahme des Architektenwerkes an die Fertigstellung des Bauwerkes knüpfen, sind grundsätzlich unwirksam, ebenso wie jede willkürliche Bestimmung eines Zeitpunktes zu Beginn der Verjährung der Gewährleistung unabhängig von der Vollständigkeit und Vertragsgerechtheit der Leistung (vgl. (BGH, Urt. v. 25.06.1992).

Bei einem Vollarchitekturauftrag gilt das Architektenwerk erst mit Abschluss der Lph 9 als vollendet (vgl. OLG Köln, Urt. v. 19.12.1991). Die Erbringung der Leistungsphase 9 setzt die in Leistungsphase 9 vorgeschriebene Objektbegehung vor Ablauf der Gewährleistungsfristen der Bauunternehmer voraus. Unterbleibt eine solche Objektbegehung, so kann eine Abnahme grundstätzlich nicht angenommen werden (kürzlich erneut bestätigt durch Urteil des OLG Jena vom 19.07.2007 – 1 U 669/05, BGH Beschluss vom 10.01.2008 – VII ZR 156/07 – Nichtzulassungsbeschwerde zurückgenommen).

Will der Architekt mit dem Beginn seiner Gewährleistung nicht rund vier oder fünf Jahre nach Bauwerkfertigstellung warten, so wird er entweder die Leistungsphase 9 nicht übernehmen können (ganz sicherer Weg) oder den Bauherrn im Vertrag zu einer Teilabnahme nach Leistungsphase 8 verpflichten müssen (siehe hierzu im folgenden).

Eine Abnahme vor Vollendung des Werkes kann mit dem Bauherrn einvernehmlich vereinbart werden, so genannte Teilabnahme. Ein Recht des Architekten auf eine solche Teilabnahme vor Vollendung besteht nicht, es sei denn sie wäre vereinbart. Eine Klausel in Architektenmusterverträgen, nach welcher die Verjährung "nach Leistungsphase 8 – Teilabnahme –" beginnt, führt nicht zu einer Verpflichtung des Bauherrn zur Teilabnahme (Tips & Mehr / .. / Teilabnahme nach Leistungsphase 8). Nach allgemeiner Ansicht kann allerdings mit dem Bauherrn auch in allgemeinen Geschäftsbedingungen wirksam eine Teilabnahme vereinbart werden (Tips & Mehr / .. / Teilabnahme nach Leistungsphase 8). Neben einer entsprechenden Vereinbarung bedarf es dann allerdings auch noch einer Durchführung der Teilabnahme.

Weitere Voraussetzung neben der Vollendung des Architektenwerkes ist die Freiheit des Werkes jedenfalls von groben Mängeln. Allerdings muss das Werk nicht völlig mangelfrei sein. Wegen unwesentlicher Mängel kann die Abnahme nicht verweigert werden, § 640 Abs. 1 Satz 2 BGB.

Liegen die Voraussetzungen für eine Abnahme vor, trifft den Bauherrn eine Abnahmepflicht. Dies heißt allerdings nicht, dass die Abnahme automatisch erfolgt, in dem Augenblick, wo die Voraussetzungen der Abnahme vorliegen (vgl. z.B. bei einer Beauftragung nur mit den Lph 1 - 5 OLG Braunschweig, Urt. v. 20.12.2006 oder bei einer Beauftragung mit Lph 1 - 9 BGH, Urt. v. 20.10.2005). Vielmehr bedarf es einer Erklärung der Abnahme durch den Bauherrn. Eine solche Erklärung kann auch "konkludent" oder stillschweigend erfolgen, zum Beispiel durch vorbehaltlose Zahlung der Schlussrechnung des Architekten (OLG Düsseldorf, Urt. v. 25.08.2005; i.d.R. allerdings nicht durch Zahlung auf eine Teilschlussrechnung, vgl. OLG Jena, Urt. v. 19.07.2007). Allein in dem Bezug des Bauwerkes wird in der Regel keine konkludente Abnahme zu sehen sein.

Vorgenannte Regeln gelten grundsätzlich auch bei vorzeitiger Vertragsbeendigung (s. zum Thema Aufhebungsvereinbarung Tips & Mehr / .. / Aufhebungsvereinbarung). Hierzu hat der BGH entschieden, dass auch nach vorzeitiger Beendigung das Werk des Architekten i.d.R. der Abnahme bedarf, beispielsweise um den Beginn der Verjährung der Gewährleistung in Gang zu setzen. Wie bei vollständiger Erbringung der Leistung hat auch hier der Architekt grds. einen Anspruch auf Abnahme.

Hat eine Abnahme stattgefunden, begründet die Abnahme erhebliche Rechtsfolgen. Hierzu gehört insbesondere – wie gesagt – der Beginn der Verjährung von Mängelansprüchen gegenüber dem Architekten. Es findet eine Umkehr der Beweislast für Mängel des Architektenwerkes statt (es sei denn die Mängel sind bei Abnahme vorbehalten). Der Auftraggeber verliert etwaige Vertragsstrafenansprüche gegen den Architekten, es sei denn er behält sich diese bei Abnahme vor. Ebenso verliert er Mängelansprüche gegen den Architekten, es sei er behält sie sich bei Abnahme vor, § 640 Abs. 2).

Das Honorar des Architekten wird gemäß § 8 HOAI schon bei Abnahmefähigkeit ("vertragsgemäß erbracht") fällig, eine ausdrückliche Abnahme ist nicht erforderlich (BGH, Urt. v. 19.06.1986).
Hinweis
Vor dem Hintergrund der vorbenannten Abnahmewirkungen (Rechtsfolgen der Abnahme) ist es für Architekten erheblich empfehlenswert, eine Abnahme herbeizuführen, insbesondere im Hinblick auf den Beginn der Verjährung der Gewährleistung. Wird eine Abnahme nicht vorgenommen, so gilt die Regelverjährung von 3 Jahren, beginnend allerdings erst mit Kenntnis oder grob fahrlässiger Unkenntnis des Mangels, längstens 10 Jahre.

Wichtig ist zunächst, dass die Rechtssprechung für eine Abnahme, wohl jedenfalls für eine stillschweigende/konkludente Abnahme voraussetzt, dass die Leistungen des Architekten vollständig und von wesentlichen Mängeln frei sind. Architekten sollten daher je nach beauftragtem Leistungsumfang darauf achten, dass sie jedenfalls die wesentlichen Grundleistungen erbracht haben. Nach der Rechtsprechung des BGH zum Umfang der Verpflichtung der Architekten (vgl. BGH, Urt. v. 24.06.2004) wird man sogar unter Umständen annehmen müssen, dass – wenn Leistungen unter Bezugnahme auf die HOAI-Leistungsbilder beauftragt wurden – sämtliche Grundleistungen vor Abnahmefähigkeit erbracht sein müssen. In diese Richtung weist auch das oben zitierte Urteil des OLG Jena, welches eine Abnahme schon mangels vorgenommener Objektbegehung ablehnte.

Jedenfalls – und dies wird häufig durch Architekten übersehen – muss der Architekt, wenn die sonstigen Voraussetzungen der Abnahme vorliegen (siehe oben), die eigentliche Abnahmeerklärung noch herbeiführen. Hierzu kann er den Bauherrn anschreiben mit der Bitte, die Abnahme des Architektenwerkes ihm gegenüber schriftlich mitzuteilen. Reagiert der Bauherr nicht, kann dem Bauherrn auch gemäß § 640 Abs. 1 Satz 3 BGB eine angemessene Frist zur Abnahme gesetzt werden. Nach Ablauf der Frist treten die Abnahmewirkungen ein, wenn die übrigen Voraussetzungen der Abnahme – insbesondere Vollständigkeit und Freiheit von wesentlichen Mängel – vorlagen. An solche Maßnahmen sollte der Architekt bei jedem Bauvorhaben denken. Die Aufforderung zur Abnahme mit Fristsetzung sollte vorsorglich auch dann erfolgen, wenn der Bauherr die Abnahme verweigert hat (teilweise wird eine Abnahme auch bei unberechtigter Abnahmeverweigerung angenommen).

Vorstehende Hinweise gelten ebenso, wenn eine Teilabnahme vereinbart wurde oder wenn es zu einer vorzeitigen Vertragsbeendigung kommt.

Findet eine Abnahme statt, und behält sich der Auftraggeber ihm bekannte Mängel des Architektenwerkes bei Abnahme nicht vor, verliert er diesbezüglich seine Gewährleistungsrechte (siehe oben Rechtsfolgen der Abnahme). Diese Rechtsfolge kann dem Architekten auch in einem anderen Zusammenhang nutzen. Nach der Rechtsprechung des BGH verliert nämlich der Bauherr unter Umständen das Recht zur Minderung des Honorars wegen nicht erbrachter Teilleistungen, wenn er sich nicht an die Regeln des Gewährleistungsrechtes hält (siehe BGH, Urt. v. 24.06.2004). Danach müssten dem Bauherrn Minderungsrechte nach Gewährleistungsrecht zumindest dann verwehrt sein, wenn ihm die fehlende Teilleistung des Architekten bei Abnahme bekannt war und er sich ein diesbezüglich Minderungsrecht nicht vorbehalten hat. Rechtssprechung hierüber gibt es allerdings noch nicht.

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