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17.10.2017

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Ganz schön sachlich siegt

Wettbewerb an der TU Berlin entschieden


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Direkt nördlich des Bahnhofs Zoologischer Garten liegt eine der größten Freiflächen der Berliner City West. Auf dieser sollte einst das größte Riesenrad Europas entstehen, doch von dem gescheiterten Projekt zeugt nur noch ein vergammeltes Bauschild. Seit einigen Jahren steht fest, dass die Technische Universität Berlin hier im großen Stil Neubauten errichten wird, um ihren Campus bis zum Bahnhof zu erweitern. Im Moment liegt hier allerdings noch ein Busbahnhof der BVG. An den Rändern der Freifläche stehen Institutsbauten aus der Nachkriegszeit, die fast alle abgerissen werden, um Platz für ein knappes Dutzend Neubauten zu machen. Ein erster zentraler Baustein am Rande des Geländes bringt seit 2004 Leben in die Gegend: Walter Noebels zentrale Universitätsbibliothek. Direkt neben der Bibliothek sollen nun die beiden Häuser für das Institut für Mathematik (IfM) und das Interdisziplinäre Zentrum für Modellierung und Simulation (IMoS) errichtet werden.

Lage und Größe der beiden inhaltlich eng miteinander verknüpften Institute waren durch einen städtebaulichen Masterplan vorgegeben. Für diesen zeichnen yellow z urbanism architecture (Zürich/Berlin) mit bgmr Landschaftsarchitekten (Berlin) verantwortlich, die 2011 einen städtebaulichen Wettbewerb für sich entscheiden konnten. Um Durchwegung und einen räumlich möglichst starken Campus mit viel Aufenthaltsqualität in Außenraum geht es bei der Entwicklung des zentral gelegenen Areals. Vor kurzem wurde nun für die beiden ersten Bauten ein nichtoffener Realisierungswettbewerb mit anschließendem Verhandlungsverfahren entschieden. Fachpreisrichter der Jury waren die Architekten Dörte Gatermann (Köln), Volker Staab (Berlin), Dietmar Feichtinger (Wien) und Johannes Kister (Köln) sowie die Berliner Landschaftsarchitektin Henrike Wehberg-Krafft. Unter Vorsitz von Gatermann wurden vier Preise und vier Anerkennungen vergeben:

  • 1. Preis: Code Unique Architekten, Dresden mit Rehwaldt Landschaftsarchitekten, Dresden

  • 2. Preis: Heinle, Wischer und Partner, Berlin mit Stefan Bernard Landschaftsarchitekten, Berlin

  • 3. Preis: wulf architekten, Stuttgart mit Koeber Landschaftsarchitekten, Stuttgart

  • 4. Preis: Bez+Kock Architekten, Stuttgart mit ST raum a. Landschaftsarchitekten, Berlin

  • Anerkennung: h4a Gessert + Randecker, Stuttgart mit Glück Landschaftsarchitektur, Stuttgart

  • Anerkennung: BE Berlin, Berlin mit Locodrom Landschaftsarchitekten, Berlin

  • Anerkennung: Max Dudler, Berlin mit TDB Landschaftsarchitekten, Berlin

  • Anerkennung: ARGE Büro am Lützowplatz / David Chipperfield Architects, Berlin

Anders als bei vielen vergleichbaren Häusern, in denen Austausch, offene Arbeitsräume und informelles Zusammentreffen als zentrale Katalysatoren für Innovation und Kreativität verstanden werden, ist eine ruhige Arbeitszelle für die mathematische Forschungspraxis unabdingbar. Am ersten Preis von Code Unique Architekten kritisierte die Jury deshalb die innere Organisation, da diese zu hohen Besucherfrequenzen in die oberen Geschossen führe. Auch die mangelnde Trennung öffentlicher und nichtöffentlicher, das heißt ruhiger Forschungsbereiche wurde angemahnt. Außerdem sollen die Hörsäle in die unteren Geschosse verlegt werden. Trotz dieser Kritikpunkte konnte das Dresdner Team den Wettbewerb für sich entscheiden, was nicht zuletzt auf den „überzeugenden städtebaulichen Ansatz“ zurückzuführen sein dürfte. Denn die Architekten konzipieren beide Bauten um öffentliche Innenhöfe, an denen die Haupteingänge und alle hochfrequentierten Bereiche der Häuser liegen.

Am zweiten Preis von Heinle, Wischer und Partner lobte das Preisgericht den „skulptural starken Auftritt“ und die „typologische Schichtung“ sowie die „fließende Landschaft“ der zentralen, dreigeschossigen „Wissenshalle“ mit ihren eingestellten Hörsaalkuben. Der drittplatzierte Entwurf von Wulf Architekten sticht in seiner formalen und strukturellen Strenge heraus. Die Stuttgarter arbeiteten mit einem Tragwerk im Raster von 12 x 12 Meter, das innen und außen als klare Sichtbetonstruktur auftritt. Die „werkstatthafte Ausstrahlung“ empfand die Jury als passend, die zentrale „Tunneltreppen“ im Foyer wurden kontrovers diskutiert. In bauphysikalischer Hinsicht wurde die „thermische Hülle innenseitig des Fassadenrahmentragwerks“ kritisiert. Der vierte Preis – Bez+Kock Architekten – setzt, wie die Erstplatzierten, auf eine großzügige Öffnung des Mathematikgebäudes. Das Haus wird regelrecht zweitgeteilt und nur durch zwei brückenartige Bauteile verbunden. Die Durchgangssituation empfand das Preisgericht jedoch als schwach, da hier zu wenige Funktionen angeordnet seien, die für Leben sorgen würden.

Spannende Beiträge finden sich auch unter den vier Anerkennungen. Max Dudlers „rötlich eingefärbte Stahlfassade mit Mauerwerksausfachung“ muss vor dem Hintergrund seiner viel gelobten Zentralbibliothek für die Humboldt-Universität gesehen werden. Wie dort, so scheint auch das Projekt für die TU gewisse Mängel im Grundriss zu haben, die sich aus der formalen Strenge der äußeren Gestalt ergeben. So kritisierte die Jury beispielsweise die viel zu schmalen Innenhöfe. Auch die ARGE Büro am Lützowplatz / David Chipperfield Architects erlag – laut Meinung der Jury – einem gewissen Formalismus, indem sie das Haus auf einen architektonisch interessanten „tischartigen Sockel“ aus überschweren Sichtbetonstützen setzte, was jedoch dem öffentlichen Charakter des Hauses widerspreche.

Schlussendlich drängt sich der Eindruck auf, dass hier vieles zweifelsfrei richtig gemacht wurde, dass dem Ergebnis in formaler Hinsicht aber doch ein schaler Beigeschmack anhaftet. Denn einerseits rühmt sich die TU mit internationaler Exzellenz, anderseits schlägt sich dies nicht im Gebauten nieder. Gerade im vergleichenden Blick auf alle acht ausgezeichneten Arbeiten fällt die sehr sachliche und geradezu schlichte Außengestalt des ersten Preises auf, die den Bau nicht unbedingt aus dem Feld zeitgenössischer deutscher Bürobauten herausstechen lässt. Etwas mehr architektonische Extravaganz oder Mut zum Unkonventionellen hätte sicherlich nicht geschadet. Immerhin geht es hier nicht um einen abseitigen Funktionsbau, sondern um einen repräsentativen Baustein für das größte Institut der Universität innerhalb eines neuen Areals, mit dem sich die TU in Richtung Bahnhof Zoo entwickeln möchte. Vertan wurde auch die Chance, innovative Ideen aus den eigenen Reihen der Universität einzubinden.

Der Blick auf das jetzige Mathematikgebäude von Georg Kohlmaier und Barna von Sartory, das bei seiner Eröffnung 1981 einen „frühen Höhepunkt der Ökomoderne“ markierte, macht klar, welches progressive Potential in universitären Bauaufgaben stecken kann. Die Zukunft dieses Hauses ist momentan offen, denn so richtig gut funktioniert haben die an sich richtigen klimatechnischen Überlegungen der beiden Architekten angesichts der damaligen technischen Möglichkeiten und der Alltagspraxis eines stark frequentierten Uni-Gebäudes leider nicht. Es bleibt aber sehr zu hoffen, dass bei der angestrebten Sanierung des Altbaus dessen Pioniercharakter erhalten bleibt oder – im besten Falle – mit heutiger Technik die damalige Konzeption zu einem späten Erfolg geführt wird. (gh)


Zum Thema:

Alle Wettbewerbsbeiträge werden von Mittwoch, 18. bis Montag, 30. Oktober 2017 im alten Lesesaal (3. OG, Raum 3021) des Hauptgebäudes der TU Berlin (Straße des 17. Juni 135, 10623 Berlin) gezeigt. Die Ausstellung ist montags bis freitags von 13 bis 20 Uhr und samstags von 10 bis 14 Uhr geöffnet. Der Eintritt ist frei.

Eröffnet wird die Ausstellung heute um 19 Uhr. Es sprechen Senatsbaudirektorin Regula Lüscher und der Präsident der TU, Christian Thomsen.


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Kommentare
...geben nicht die Meinung der Redaktion wieder, sondern ausschließlich die ihrer jeweiligen Verfasserinnen und Verfasser.

6

Architekt HH | 19.10.2017 17:04 Uhr

moment mal ...

...für Berlin sollt man fast froh sein... es ist nicht rosa... es sieht nicht aus wie in bagdat oder 1936 ... es ist kein motel oder überdimensionierter Aldimarkt... ironie off

5

hans | 18.10.2017 16:45 Uhr

copy paste

bild 49/50 kommt dem eth gebäude von baumschlager eberle schon sehr sehr nahe :D

4

caU | 18.10.2017 14:10 Uhr

...schnarch

Architektur kann so schön spannend sein, aber davon bekommt man bei diesen Projekten leider gar nichts mit. Ich teile die Meinung meiner Vorredner. Es ist oft derselbe Einheitsbrei!

3

Visionär | 17.10.2017 19:59 Uhr

Schon wieder

Hallo Berlin! Fällt euch wirklich nichts besseres ein, als schon wieder diese Schießschartenarchitektur zu bauen ? Es gibt doch schon genug negative Beispiele in eurer Stadt.

2

LAMAA | 17.10.2017 18:57 Uhr

MUTLOS ???

Was erwarten Sie bei so einem Verfahren;
ein offener Wettbewerb hätte mehr Spannung entstehen lassen.

1

OHOH | 17.10.2017 17:33 Uhr

verkehrt herum...?

Die Preise wurden scheinbar verkehrt herum vergeben, Platz 1 für das banalste Projekt, danach wird es sukzessive etwas interessanter. Schade eigentlich für die TU...

 
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1. Preis: Code Unique Architekten, Dresden, mit Rehwaldt Landschaftsarchitekten, Dresden

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2. Preis: Heinle, Wischer und Partner, Berlin, mit Stefan Bernard Landschaftsarchitekten, Berlin

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3. Preis: wulf architekten, Stuttgart, mit Koeber Landschaftsarchitekten, Stuttgart, Ansicht West und Längsschnitt IfM

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4. Preis: Bez+Kock Architekten, Stuttgart, mit ST raum a. Landschaftsarchitekten, Berlin

4. Preis: Bez+Kock Architekten, Stuttgart, mit ST raum a. Landschaftsarchitekten, Berlin

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