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19.12.2014

Forward Ever, Backward Never

Das Architekturjahr 2014


Hohe Türme, umstrittene Wettbewerbe und natürlich die Koolhaas-Schau – an Aufregung hat es im zu Ende gehenden Jahr nicht gefehlt. Ein alter Mann stahl jedoch allen die Show: Als Frank O. Gehry kürzlich seinen Kritikern den Finger zeigte, sprach er vielen aus der Seele, mit der Fondation Louis Vuitton lieferte er kurz darauf allerdings sein bestes Werk seit langem. Was sonst noch war, zeigen wir in unserem Rückblick.

Das Jahr begann prominent, mit Dominique Perraults DC-Tower in Wien und Steven Holls Erweiterung der Kunsthochschule in Glasgow, deren Altbau von Charles Rennie Mackintosh leider später Feuer fing. Es folgten MVRDV mit ihrer riesigen Markthalle in Rotterdam, in Zürich eröffnete das Toni Areal von EM2N und in Basel die neue Hochschule für Gestaltung von Morger + Dettli. Die Überraschung des Frühjahrs war jedoch ein kleines Haus, das später zum Gewinner wurde: Aus einer ehemaligen LPG-Schlosserei machte Thomas Kröger ein Kleinod aus Werkstatt und Wohnung.

Der Sommer brachte dann nicht nur die Architekturbiennale in Venedig, sondern auch den Fußball in Brasilien. Die Stadien stammten dabei nicht selten von gmp, die als „Meister der Fußballkathedralen“ nun auch die neue Arena für Real Madrid planen sollen. Die WM war nach vier Wochen schon wieder vorbei, doch unter Koolhaas, dem „Meister des Architekturdiskurses“, lief die Biennale so lange wie noch nie. Auch die deutschen Kuratoren Alex Lehnerer und Savvas Ciriacidis widmeten sich mit ihrem Verschnitt aus Pavillon und Bungalow dem Diskurs, ebenso wie der Werkbund, der gleich zum Abriss des Nazi-Baus aufrief.

Oft lag der Fokus aber jenseits der Metropolen, im Vorarlberger Krumbach zum Beispiel, das zahllose Stararchitekten mit ihren Wartehäuschen heimsuchten. Helmut Jahn wiederum folgte mit der Planung eines 244 Meter hohen Test Tower für  Hochgeschwindigkeitsaufzüge am Rande von Rottweil und Zaha Hadid wird demnächst die Alpen mit einem Museum für Reinhold Messner bereichern – es ist der sechste Bau, in dem der Herr der Berge seine Sammlung der Öffentlichkeit präsentiert. Den umgekehrten Weg ging Peter Zumthor aus dem Dörfchen Haldenstein, der mit seiner vor Erscheinen bereits ausverkauften Monographie die Leipziger Buchmesse sprengte.

Wie immer lagen im vergangenen Jahr auch Erfolg und Niederlage nahe beieinander. So konnten Herzog & de Meuron in Laufen einen wunderschönen Lehmbau für Ricola fertigstellen, während in Basel nicht nur das eigene Archiv- und Wohngebäude, sondern auch ein Entwicklungsplan für das Areal der Roche AG in Planung ist. Ihre Erweiterung für das Museum Küppersmühle in Duisburg wurde dagegen zunächst endgültig gekippt. Jetzt kündigt das Museum am 16. Dezember einen neuen Erweiterungsbau für 2018 an, ebenfalls von Herzog & de Meuron entworfen. Gewonnen wurde auch in Berlin, wo OMA und E2A für die beiden Antagonisten Springer und taz jeweils ein neues Haus bauen. Auch der jüngste Hochhausreigen fand seinen Auftakt in der Stadt an der Spree, mit Frank O. Gehrys Entwurf für den Alexanderplatz, der allerdings schon bald durch die Planungen von Barkow Leibinger für den Estrel-Tower getoppt wurde. Bis diese Türme eröffnet werden, wird allerdings noch einige Zeit ins Land gehen, die man sich bestens beim Shopping im Bikini-Haus in der City-West oder in der Mall of Berlin am Leipziger Platz vertreiben kann.

Während es in der Hauptstadt also voranging, wurde anderswo Rückschau gehalten. So feierte der Vitra-Campus sein 25-jähriges Jubiläum mit einer großen Ausstellung zu Konstantin Gricic, und das Deutsche Architekturmuseum in Frankfurt beging mit der Sonderausstellung „Mission: Postmodern“ sein 30-jähriges Bestehen. Mit seinem 85. Geburtstag war bei den Gedenktagen Gehry die Nr. 1, gefolgt von Richard Meier (80), Rem Koolhaas (70) und Bjarke Ingels (40). Auch Hans Hollein wurde 80, der Pritzker-Preisträger Nr. 7 verstarb jedoch kurz nach seinem Geburtstag. Die diesjährige Ausgabe des berühmtesten aller Architekturpreise erhielt Shigeru Ban, während Álvaro Siza den ersten Mies Crown Hall Prize bekam.

In Dessau richtete sich der Blick nach vorne: Bruno Fioretti Marquez konnten dort ihre neuen Meisterhäuser fertigstellen, und Claudia Perren trat die Nachfolge von Philip Oswalt an. So zukunftsgewandt wie eh und je zeigte sich auch Werner Sobek, dessen neues Experimentalhaus in Stuttgart mehr Energie produziert, als es verbraucht. Eine archaisch-verzauberte Parallelwelt zeigte dagegen der chilenische Architekt Smiljan Radic mit seinem Serpentine Pavillon. Noch leichter als Radics Stein war vielleicht nur Nieto Sobejanos Erweiterung des Meeresmuseums auf Gran Canaria, das als „Lichtschloss aus Beton“ gilt.

Zahllose Entscheidungen wurden allerdings auch aufgeschoben. Sechs wenig bekannte Kandidaten stehen zum Beispiel für das Guggenheim Helsinki in der letzten Runde, in Bonn wartet man auf die Entscheidung für das Beethoven-Festspielhaus, und in Köln wurden für die Historische Mitte gerade die ersten Ideen gesammelt.

Was sonst noch kommt? Wer weiß, denn jetzt ist erst mal Weihnachtspause. Ab dem 5. Januar werden wir wieder wie gewohnt berichten.

Schöne Feiertage wünschen Ihnen Stephan Becker,
Polina Goldberg, Karla Hootz, Benedikt Hotze, Jeanette Kunsmann und Luise Rellensmann.


Zu den Baunetz Architekt*innen:

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gmp · Architekten von Gerkan, Marg und Partner
E2A
Barkow Leibinger


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DC-Tower von Dominique Perrault in Wien

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