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Vertragsumfang des Architekten anhand der Leistungsbildbeschreibungen der HOAI zu ermitteln?

Die HOAI begründet als Honorarordnung zwar keine unmittelbaren Leistungspflichten des Architekten, § 15 HOAI kann aber nach Ansicht des OLG Hamm als Auslegungshilfe bezüglich des Umfangs der vom Architekten geschuldeten Leistungen heranzuziehen sein, auch wenn nicht explezit auf die HOAI im Vertrag verwiesen wird.
Hintergrund
Der Architekt haftet bei Verletzung vertraglicher oder sonstiger Verpflichtungen.

Für die Frage, ob den Architekten eine Haftung treffen kann, ist zunächst die geschuldetete Leistung, d.h. der Umfang der Pflichten des Architekten zu ermitteln.
Beispiel
(nach OLG Hamm , Urt. v. 01.12.2005 - 24 U 89/05)
Ein Architekt erbringt auf der Grundlage eines mündlichen Auftrages die Genehmigungsplanung. Die Genehmigung wird nicht erteilt. Der Bauherr will den Architekten nicht zahlen, weil die Planung für den Bauherrn wertlos sei. Der Architekt wendet unter anderem ein, dass er nicht beauftragt gewesen sei, Verhandlungen mit den Behörden über die Genehmigungsfähigkeit zu führen. Der Bauherr habe ihn insbesondere über die Gründe der Ablehnung des Baugesuchs informieren müssen.

Der Ansicht des Architekten folgt das OLG nicht. Der Architekt habe sich vielmehr selbst bei dem Bauamt nach den genauen Gründen für die Nichterteilung der Baugenehmigung erkundigen müssen. Die Verhandlungen mit Behörden und anderen an der Planung fachlich Beteiligten über die Genehmigungsfähigkeit stellen nach § 15 Absatz 2 Nr. 3 HOAI Grundleistungen der Entwurfsplanungsphase dar. Das Erarbeiten der Anträge auf Ausnahmen und Befreiungen und die noch notwendigen Verhandlungen mit Behörden stellen nach § 15 Absatz 2 Nr. 4 HOAI Grundleistungen der Genehmigungsplanungsphase dar.

Die HOAI begründet als Honorarordnung zwar keine unmittelbaren Leistungspflichten des Architekten, § 15 HOAI kann aber nach Ansicht des OLG als Auslegungshilfe bezüglich des Umfangs der vom Architekten geschuldeten Leistungen herangezogen werden, selbst wenn der Vertrag nicht auf die HOAI verweist. Soweit der Architekt die Vorplanung, Entwurfsplanung, Genehmigungsplanung, Ausführungsplanung oder andere in § 15 HOAI genannte Leistungen zu erbringen hat, sei der Leistungsumfang anhand der Beschreibung und Definition des § 15 HOAI zu ermitteln. Es könne keinem Zweifel unterliegen, dass es eine wesentliche Leistungspflicht des Architekten darstelle, Hindernisse, die der Erteilung einer Baugenehmigung entgegenstehen, mit den Bauämtern zu klären und auszuräumen.
Hinweis
Die Entscheidung geht noch weiter als die jüngere BGH-Rechtsprechung (s. hierzu unter Haftung / .. / Grundsatzurteil II), die bei Vereinbarung der HOAI die Grundleistungen als eine Art Leistungskatalog ansieht. Selbst dann, wenn die HOAI nicht als Leistungskatalog vereinbart ist, soll sie als Auslegungshilfe dienen. Im Zweifel hat der Architekt danach die Grundleistungen zu erbringen, wenn nichts anderes ausdrücklich vereinbart ist.

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Rechtsanwälte Reuter Grüttner Schenck