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Prüfung eines Nebenangebots: besonders vergütungsfähig?

Als Grundleistung der Phase 7 nach § 15 HOAI muss der Architekt auch ein im Rahmen einer beschränkten Ausschreibung abgegebenes Nebenangebot ohne gesonderte Abrechnungsmöglichkeit prüfen und werten
Hintergrund
Macht der Architekt einen Honoraranspruch geltend, müssen für eine erfolgreiche Durchsetzung des Anspruchs verschiedene Voraussetzungen vorliegen.

Ein nach wie vor umstrittenes Thema ist die Berechtigung des Architekten, für Mehrleistungen Honorar zu verlangen.

Als Mehrleistung kommen auch sonstige Mehrleistungen in Betracht, die nicht Planungsänderungen, Bauzeitverlängerungen oder besondere Leistungen darstellen.
Beispiel
(nach OLG Schleswig , Urt. v. 18.04.2006 - 3 U 14/05)
Ein Architekt ist im Zusammenhang mit der Errichtung eines Krankenhauses mit der Vollarchitektur beauftragt. Die Bauleistungen sollen im Rahmen einer beschränkten Vergabe vergeben werden. Nebenangebote sind zugelassen. Ein Bieter gibt ein Nebenangebot in der Form ab, dass er ein Generalunternehmerangebot unterbreitet. Die Summe aller gesondert angebotenen Einzelleistungen liegt deutlich über dem Generalunternehmerangebot. Der Architekt entschließt sich, das Angebot nicht zu werten. Der Auftraggeber überlegt sich die Sache und bittet den Architekten, das Angebot zu überprüfen. Der Architekt kommt der Bitte nach. Der Bieter erhält den Zuschlag für das Nebenangebot, weil die Prüfung des Architekten die Auskömmlichkeit der Preise des Bieters bestätigt. Der Architekt verlangt Vergütung mit dem Argument, eine zusätzliche Leistung erbracht zu haben.
Das Gericht kommt dem Ansinnen des Architekten nicht nach. Der Architekt habe von vornherein im Rahmen der Grundleistung der Phase 7 nach § 15 HOAI die Auskömmlichkeit des Nebenangebots zu prüfen. Er muss danach jedes Angebot "prüfen und werten". Die Wertung bezieht sich auf die Einzelpreise, ihre Vergleichbarkeit mit anderen Angeboten und auf die Feststellung, ob die Preisansätze in einem vernünftigen und günstigen Verhältnis zur geforderten Leistung stehen. Das schließt die Prüfung ein, ob der Unternehmer auch in technischer und wirtschaftlicher Hinsicht auskömmlich in der Lage sein wird, die Leistung zu diesem Preis ordentlich zu erbringen und deshalb im Rahmen der Wertung dem Bauherrn empfohlen werden kann.
Es komme deshalb schon nicht mehr darauf an, dass der Auftraggeber ersichtlich nicht mit einer vollständigen vergütungspflichtigen Neuerbringung der Leistungsphase 7 rechnen konnte, als er den Architekten nach Erhalt des Vergabevermerks - wonach das Nebenangebot nicht gewertet werden sollte - um Überprüfung dieses Nebenangebots bat. Der Architekt hat erstmalig die geschuldete Grundleistung erbracht.
Hinweis
Das Gericht ist auch der Ansicht, dass der Architekt nach Treu und Glauben gehalten gewesen wäre, auf die Vergütungspflichtigkeit hinzuweisen, wenn er seinerzeit der (unzutreffenden) Ansicht gewesen wäre, dass er nunmehr die Leistungsphase 7 komplett erneut und erneut vergütungspflichtig zu erbringen habe. Dem Planer wird von der HOAI und wohl auch regelmäßig in der Praxis auferlegt, unabhängig von deren Zahl alle Angebote und Nebenangebote zu prüfen und zu werten, ohne dass er dafür zusätzlich honoriert wird. Gegebenenfalls wäre ein zusätzliches Honorar bei Überschreitung einer vereinbarten Höchstzahl möglich. Werden spezielle Kriterien aufgestellt, die bei der Prüfung und Wertung zu berücksichtigen sein sollen, wäre denkbar, dass sich der Architekt das auf der Grundlage einer schriftlichen Vereinbarung als Besondere Leistung vergüten lässt.

Kontakt
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Rechtsanwälte Reuter Grüttner Schenck