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Optische bzw. ästhetische Beeinträchtigung: Planungsfehler?

Optische bzw. ästhetische Beeinträchtigungen können einen Baumangel darstellen, wenn der Schönheits- oder Gestaltungsfehler die Nutzbarkeit und/oder den Wert des Objektes beeinträchtigt. Dabei ist das künstlerische oder gestalterische Ermessen eines Architekten überschritten und ein Planungsfehler anzunehmen, wenn die vom Architekten gewählte Gestaltung allgemeiner architektonischen Grundsätzen nicht mehr gerecht wird und bei einem Gebäude mit Repräsentationsfunktion störende baulich Elemente schafft.
Hintergrund
Der Architekt haftet bei Verletzung vertraglicher oder sonstiger Verpflichtungen.

In den Leistungsphasen 1 - 5 führen Planungsfehler zu einer Haftung des Architekten.

Grundvoraussetzung einer fehlerfreien Planung ist zunächst die Einhaltung der "vertraglich oder gewöhnlich vorausgesetzten Beschaffenheit", insb. der allg. anerkannten Regeln der Technik und Baukunst.
Beispiel
(nach OLG Köln , Urt. v. 15.03.2000 - 17 U 10/99, BGH Beschluss vom 05.07.2001 (VII ZR 153/00 Revision nicht angenommen))
Ein Architekt ist mit der Planung eines repräsentativen Büro- und Geschäftshauses beauftragt. Nach Errichtung macht der Bauherr gegenüber dem Architekten einen Planungsfehler geltend. Im EG und I. OG befinden sich gleichmäßige Fensterreihen mit einer Höhe von 1,52 m. Beide Geschosse heben sich im Rahmen der äußeren Gestaltung des Gebäudes von den darüber liegenden Geschossen durch eine dunkle Natursteinfassade ab, beide Geschosse weisen eine lichte Höhe von 2,75 m auf. Aus nicht erkennbaren Gründen liegen im I. OG die Fensterbrüstungen bei einer Höhe von 55 cm, im EG aber auf 88 cm Höhe liegen. Hieraus ergibt sich ein Fenstersturz im I. OG gemessen bis zur darüber liegenden Geschossdecke von 68 cm, im EG lediglich von 35 cm Höhe. Der Bauherr beanstandet, dass das Wohlbefinden der in den Räumen des I. OG tätigen Personen beeinträchtigt ist, da das Licht praktisch nur von unten in den Raum falle. Der Bauherr macht Kosten zur Milderung des beschriebenen Effektes geltend sowie eine 5% Minderung bezogen auf die anteiligen Baukosten des betroffenen Bereiches.

Während das Landgericht einen Planungsfehler nicht erkennen konnte, sieht das OLG Köln die Klage den Grunde nach für gerechtfertigt ein. Das Gericht stellt fest, dass auch optische bzw. ästhetische Beeinträchtigung einen Baumangel darstellen könne, wenn der Schönheits- oder Gestaltungsfehler die Nutzbarkeit und/oder den Wert des Objektes beeinträchtigt. Vorliegend führe die vom Architekten gewählte Gestaltung zur störenden baulichen Elementen, womit sie architektonische Grundsätze nicht mehr gerecht werde und das künstlerische und gestalterische Ermessen des Architekten überschritten sei. Ein nachvollziehbarer architektonischer Grund für die sonderbare Fensteranordnung sei nicht zu erkennen.
Hinweis
Den vom Gericht aufgestelten theoretischen Prinzipien wird grundsätzlich zu zustimmen sein. Ob die Schwelle von einer noch im künstlerischen Ermessensbereich liegenden Gestaltung zu einem Planungsfehler vorliegend überschritten war oder nicht, lässt sich an Hand des nur schriftlich vorliegenden Sachverhaltes kaum ermessen. Allerdings bewirkt die Beanstandung ästhetischer Fehler immer die Gefahr einer auf dem persönlichen Geschmack des Prüfenden beruhenden und damit letztlich willkürlichen Entscheidung.

Kontakt
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Rechtsanwälte Reuter Grüttner Schenck