https://www.baunetz.de/recht/Der_angemessene_Umfang_der_Anrechnung_vorhandener_Bausubstanz_bedarf_entgegen_10_Abs._3a_HOAI_nicht_einer_Vereinbarung._44092.html


Der angemessene Umfang der Anrechnung vorhandener Bausubstanz bedarf entgegen § 10 Abs. 3a HOAI nicht einer Vereinbarung.

Entgegen der Bestimmung der HOAI ist eine schriftliche Vereinbarung über den angemessenen Umfang der Anrechnung vorhandener Bausubstanz nicht erforderlich.
Hintergrund
Macht der Architekt einen Honoraranspruch geltend, müssen für eine erfolgreiche Durchsetzung des Anspruchs verschiedene Voraussetzungen vorliegen.

Steht fest, daß die HOAI anwendbar ist und liegt eine nach der HOAI wirksame Honorarvereinbarung nicht vor, ermittelt sich das Honorar des Architekten direkt nach den Vorgaben der HOAI.

Im System der HOAI stellen die anrechenbaren Kosten eine der Grundlagen zur Berechnung der Honorars dar.
Beispiel
(nach OLG Hamm BauR 1996, 578 (579) , Urt. v. 21.12.1995 - 21 U 15/93, bestätigt durch BGH Urteil v. 27.02.2003 - VII ZR 11/02)
Ein Architekt war mit dem Umbau eines vorhandenen Gebäudes befasst. Ihm wurde vom Auftraggeber noch vor Erbringen der Genehmigungsplanung gekündigt. Auf die Schlussrechnung zahlte der Auftraggeber nicht. Der Auftraggeber wandte u.a. ein, dass die anrechenbaren Kosten nicht richtig ermittelt seien. Die Parteien hatten tatsächlich entgegen der Regelung des § 10 Absatz 3a HOAI keine schriftliche Vereinbarung über den angemessenen Umfang der Anrechnung vorhandener Bausubstanz getroffen. Das Gericht hält den Einwand für unbegründet. Über den Ansatz der Baukosten sage die Vorschrift nichts aus. Die vorhandene Bausubstanz ist anzusetzen. Fehlt eine Vereinbarung über den angemessenen Umfang, dann soll zunächst der Architekt den angemessenen Umfang festlegen können. Der Auftraggeber soll das dann gerichtlich prüfen lassen können. Eine andere Auslegung würde die Vorschrift in Widerspruch zur Ermächtigungsgrundlage der HOAI setzen. Das Gebot der schriftlichen Vereinbarung ist im Ergebnis keine Anspruchsvoraussetzung. Die Vorschrift habe nur Klarstellungsfunktion.
Hinweis
Das Erfordernis der schriftlichen Vereinbarung ist umstritten. Das Landgericht Hamburg hat mit Urteil vom 21.06.2001, Az. 322 O 639/94, BauR 1996, 581, die Ansicht vertreten, dass die vorhandene Bausubstanz nicht anrechenbar sei, wenn keine schriftliche Vereinbarung getroffen sei. Vertreten wird die Ansicht, dass der Architekt wenigsten mit dem Auftraggeber eine Einigung nachweisbar versucht haben muss. Wann das sein soll, ist wiederum fraglich. Darauf kommt es nach dem OLG nicht an. Die HOAI enthält zwingendes Preisrecht und nach dem Sinn und Wortlaut des § 10 Absatz 1 und Absatz 3a ist die vorhandene Bausubstanz anzurechnen. Die Betonung liegt auf „ist anzurechnen“. Das Erfordernis schriftlicher Vereinbarung ist insoweit widersprüchlich und kann nur die Apellfunktion haben, den Parteien aufzugeben, Streitigkeiten über den angemessenen Umfang zu klären. Der Architekt wird auch nicht Herr über die Angemessenheit sein können, so dass ihn die Beweislast bei Bestreiten des Auftraggebers treffen dürfte. Vereinbaren die Parteien allerdings den Umfang, dann wird wohl anzuraten sein, dass die Schriftform beachtet wird.

Kontakt
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Rechtsanwälte Reuter Grüttner Schenck