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Bauüberwachungsfehler: Anscheinsbeweis?

Die Vielzahl und Schwere vorhandener Ausführungsmängel können den vom Architekten zu widerlegenden Anschein begründen, dass der Architekt der Bauüberwachungspflicht nicht oder nur unzureichend nachgekommen ist.

Hintergrund
Der Architekt haftet bei Verletzung vertraglicher oder sonstiger Verpflichtungen.

In der Leistungsphase 8 begründet die Verletzung u.a. von Überwachungspflichten oft eine Haftung des Architekten.

Der Umfang der Überwachungspflicht richtet sich nach dem Einzelfall; Besonderheiten ergeben sich z.B. bei wichtigen und kritischen Arbeiten.
Beispiel
(nach OLG Rostock , Urt. v. 02.02.2011 - 2 U 20/08)
Der Architekt wird unter anderem mit der Bauüberwachung im Rahmen der Restaurierung eines denkmalgeschützten Hauses beauftragt. Während der Ausführung zeigten sich insbesondere bei der Erstellung der Dachkonstruktion und deren Verankerung Mängel. Der Bauherr nimmt unter anderem in Höhe der Kosten der Mangelbeseitigung den Architekten auf Schadenersatz in Anspruch. Der Architekt meint unter anderem, dass seine Einstandspflicht nicht nachgewiesen sei. Hiermit setzt er sich nicht durch. Die Vielzahl und die Schwere der in dem konkreten Projekt vorhandenen Mängel begründen nach Ansicht des Gerichtes den Anschein, dass der Architekt seiner Bauüberwachungspflicht nicht oder nur unzureichend nachgekommen war. Der Architekt hätte die Fehler frühzeitig erkennen müssen und ihn habe dann eine nochmals gesteigerte Sorgfaltspflicht getroffen. Den Anscheinsbeweis habe der Architekt weder widerlegt noch habe er bewiesen, dass ihn kein Verschulden treffe.
Hinweis
Die Entscheidung zeigt, dass insbesondere dem Architekten nicht angeraten werden kann, bis zur Fertigstellung der Leistungen mit dem Hinweis auf Mängel und gegebenenfalls Mängelrügen zuzuwarten. Der Architekt muss – soweit es ihm möglich ist – im Rahmen der Bauleitung auch dazu beitragen, dass Ausführungsfehler vermieden werden. Die Entscheidung, ob und wann Mängel gerügt werden, obliegt nach Aufklärung durch den Architekten dem Auftraggeber. Der Architekt haftet hier auf einen Schadensersatz in Höhe der Kosten der Mangelbeseitigung. Die Kosten der Fertigstellung bei eingestellten Leistungen des Unternehmers zählen hierzu nicht. Die Annahme des Anscheinsbeweises ist ein Ausnahmetatbestand, der aber nicht zu unterschätzen ist (vgl. OLG Celle, Urteil vom 28.03.2007 - 7 U 188/06).

Kontakt
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Rechtsanwälte Reuter Grüttner Schenck