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Bauleitung als Beihilfe zum Betrug?

Stellt ein bauleitender Architekt fest, dass Arbeiten abweichend von seinen Plänen ausgeführt werden, übt er aber weiterhin die Bauaufsicht aus und nimmt die Leistungen schließlich ab, so kann er u.U. wegen Beihilfe zum Betrug für entstandene Schäden haften.
Hintergrund
Der Architekt haftet bei Verletzung vertraglicher oder sonstiger Verpflichtungen.

Unabhängig von seinen Pflichten aus dem mit dem Bauherrn geschlossenen Vertrag kann der Architekt u.U. auch dann in Haftung genommen werden, wenn insb. Gesundheit oder Eigentum von Dritten beschädigt wird, sog. deliktische Haftung.
Beispiel
(nach OLG Düsseldorf , Urt. v. 19.01.2001 - 22 U 121/00 -, NJW-RR 2001 885)
Ein Generalübernehmer wurde von Bauherren mit Planung und Errichtung eines Einfamilienhauses beauftragt. Der Generalübernehmer betraute seinerseits einen Architekten mit Planung und Bauaufsicht. Der Architekt plante wegen des hohen Grundwasserstandes eine gegen Auftrieb gesicherte, bewehrte 25 cm dicke Bodenplatte und druckwassersicher zu isolierende Kellerwände. Während der Bauerrichtung stellte der Architekt fest, dass der Generalübernehmer – um Kosten zu sparen – den Rohbauunternehmer nur mit einer nicht druckwassersicheren Ausführung des Kellergeschosses beauftragt hatte. Der Architekt machte daraufhin den Generalübernehmer auf die Ausführungsmängel telefonische aufmerksam. Er setzte seine Bauaufsicht fort und nahm die Rohbauarbeiten ohne Beanstandung ab. Später kam es zu Grundwassereintritten im Keller. Der Generalübernehmer war zwischenzeitlich in Konkurs gegangen. Die Bauherren nehmen den Architekten auf Schadensersatz in Haftung.

Das OLG Düsseldorf gibt der Klage statt. Obgleich vertragliche Beziehungen zwischen den Parteien nicht bestünden, könnten die Bauherrn hier den Architekten direkt in Anspruch nehmen. Er hafte infolge einer Beihilfe zum Betrug des Generalübernehmers. In der Anweisung des Generalübernehmers an den Rohbauer, zur Kostenersparung von der Planung des Architekten abzuweichen, sah das Gericht einen Betrug sowie eine sittenwidrige, vorsätzliche Schädigung zu Lasten der Bauherren. Der Architekt habe hierzu Beihilfe geleistet. Er habe, obwohl er nach eigenen Angaben feststellte, dass der Generalübernehmer unzureichende Aufträge an den Rohbauunternehmer erteilt habe, um Kosten zu sparen, weiterhin die örtliche Bauaufsicht ausgeübt, als verantwortlicher Bauleiter gegenüber dem Bauamt fungiert und sogar die Arbeiten des Rohbauunternehmers abgenommen, ohne dabei auf die Mängel hinzuweisen.
Hinweis
Das Urteil erscheint – jedenfalls in seiner Begründung – nicht vollständig nachvollziehbar. Eine Haftung des Architekten wegen Beihilfe zum Betrug kann nach Auffassung des Verfassers nicht alleine auf die Fortführung der Bauaufsicht sowie auf die Abnahme der Rohbauleistungen gestützt werden. Die Fortführung der Bauaufsicht war grundsätzlich Architektenpflicht und als solche nicht fehlerhaft. Auch die Abnahme der Rohbauleistungen war vertragsgemäß und mangelfrei, jedenfalls soweit man unterstellt, dass der Architekt hier sozusagen aufgrund der Anweisung des Gerneralübernehmers nur die geringerwertige Bauausführung als eben eine solche abzunehmen hatte; denn dass diese nicht als solche mangelfrei gewesen sei, stellt das Gericht nicht fest. Fraglich kann allerdings sein, ob die Bauherren nicht in den Schutzbereich des Vertrages zwischen Generalübernehmer und Architekt mit einbezogen waren, woraus man dann auch eine direkte Pflicht des Architekten zur Information gegenüber dem Bauherren ableiten könnte. Für Architekten erscheint es jedenfalls ratsam in Fällen, in welchen Auftraggeber seiner Leistungen nicht der Bauherr selber ist, gleichwohl die Interessen des Bauherrn nicht völlig aus dem Auge zu verlieren.

Kontakt
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Rechtsanwälte Reuter Grüttner Schenck