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Wichtige Tips zum Haftpflichtversicherungsschutz

Der Haftpflichtversicherungsschutz bedeutet für den Architekten eine wichtige Rückendeckung. Was hat der freiberuflich tätige Architekt beim Vertragsschluss mit dem Versicherer, während der Versicherungslaufzeit, bei Eintreten eines Versicherungsfalls zu beachten? Worauf haben angestellte Architekten/freie Mitarbeiter Acht zu geben?
Hintergrund
Kaum ein anderer Beruf konfrontiert derart umfangreich mit verschiedenen Haftungsrisiken wie der des Architekten. Die Komplexität des Planens und Bauens nimmt nach wie vor zu. Die Anforderungen, die die Rechtssprechung an die Sorgfalt des Architekten stellt, steigen und Bereitschaft der Bauherren, Baubeteiligte, insbesondere den Architekten, in Haftung zu nehmen, wächst. Vergegenwärtigt man sich vor diesem Hintergrund, dass „irren menschlich ist“, so wird die besondere und zunehmende Bedeutung des Haftpflichtversicherungsschutzes für Architekten deutlich (vgl. hierzu allgemein Haftung / Haftpflichtversicherung).

Hierbei muss dem Architekten klar sein, dass der Haftpflichtversicherungsschutz nach den i. d. R. vereinbarten Versicherungsbedingungen noch lange nicht jeden vom Architekten begangenen und eine Haftung gegenüber dem Bauherrn auslösenden Fehler deckt; vielmehr gibt es zahlreiche Gründe, nach denen ein Deckungsschutz entfallen kann. Folge: der Architekt zahlt selbst.

Gleichzeitig sollte der Architekt aber auch wissen, dass er es oft selbst in der Hand hat, den Verlust seines Haftpflichtversicherungsschutzes zu vermeiden, insbesondere durch dem Einzelfall angepasste Vereinbarungen mit dem Versicherer sowie durch entsprechende Verhaltensweisen während der Versicherungszeit und insbesondere im Versicherungsfall.

Nachfolgend sollen einige Hinweise gegeben werden, worauf der freiberuflich tätige Architekt, aber auch der angestellte Architekt oder freie Mitarbeiter im Hinblick auf seinen Haftpflichtversicherungsschutz achten sollte; die Hinweise beanspruchen keine Vollständigkeit.
Hinweis
1. Freiberuflich tätige, selbständige Architekten

1.1 Vertragsabschluss mit dem Versicherer

- Beim Abschluss einer Haftpflichtversicherung sollte sich der Architekt zunächst darüber im klaren sein, dass die Haftpflichtversicherer heutzutage teilweise voneinander abweichende Vertragsbedingungen anbieten. Hier lohnt sich also nicht nur ein Vergleich der Prämien, sondern auch ein Vergleich der Vertragsbedingungen.
- Bestimmte „äußere Rahmenbedingungen“ des Haftpflichtschutzversicherungs-verhältnisses sind gesetzlich festgelegt oder sonst nicht verhandelbar; im übrigen besteht aber grundsätzlich die Möglichkeit, auf Art und Umfang des Haftpflichtversicherungsschutzes Einfluss zu nehmen, u. a. auf den zeitlichen und gegenständlichen Umfang, Risiko Ein- oder Ausschlüsse, auf die Höhe der Versicherungssumme und weiteres; möglich ist beispielsweise auch die Vereinbarung besonderer Bedingungen für ein bestimmtes oder mehrere Objekte (z. B. Exedentenversicherung).
- Im Hinblick auf die Vereinbarung der Versicherungssumme ist zu beachten, dass diese dem Volumen des Bauvorhabens angepasst werden sollte, hierüber ist Rat beim Haftpflichtversicherer einzuholen. Die Angemessenheit der Haftpflichtversicherungssumme ist im übrigen auch Voraussetzung dafür, dass eine in einem vom Architekten verwandten Formularvertrag befindliche Klausel, die die Haftung des Architekten auf die Höhe der Haftpflichtversicherungssumme beschränkt, möglicherweise (!) wirksam ist (vgl. hierzu Tips & Mehr / Haftung). Bei der Vereinbarung einer jährlichen Höchstleistungssumme des Versicherers sollte die Gefahr eines Serienschadens berücksichtigt werden (vgl. Haftung / .. / Versicherungssumme).
- Im Hinblick auf die Vereinbarung des zeitlichen Umfangs der Versicherung hat der Architekt darauf zu achten, dass keine zeitliche Lücke im Versicherungsschutz entsteht; hierzu gibt es die Möglichkeiten einer Vor- und Rückversicherung. Die Vermeidung von Lücken im Versicherungsschutz ist relevant insbesondere beim erstmaligen Abschluss einer Haftpflichtversicherung, beim Wechsel der Haftpflichtversicherung, bei einem Wechsel in die Rechtsform der GmbH, und bei Aufgabe der Architektentätigkeit (siehe insb. wegen verlängerter Gewährleistungspflcihten des Architekten Tips & Mehr / Gewährleistungsfristen).
- Ist der Architekt nur in bestimmten Spezialgebieten tätig, so kann er sich bei seiner Haftpflichtversicherung erkundigen, ob er seinen Haftpflichtversicherungsschutz insoweit auf die besondere Tätigkeit beschränken kann; dies könnte ggf. zu einer Prämienminderung führen.

1.2 Während der Versicherungszeit

- Hat der Architekt einen Versicherungsvertrag abgeschlossen, so sollte er wenigstens einmal die Haftpflichtversicherungsbedingungen gründlich durchlesen und sich den Inhalt der einzelnen Klauseln bewusst machen.
- Während der Versicherungszeit können im Rahmen der Tätigkeit des Architekten neue Risiken entstehen, die nicht ohne weiteres vom Haftpflichtversicherungsschutz gedeckt sind (z. B. Anstellung neuer Architekten/freier Mitarbeiter oder Übernahme einer neuen Tätigkeit, beispielsweise die des Sicherheits- und Gesundheitskoordinators). Ebenso können eigentlich versicherte Risiken wegfallen. Beides sollte umgehend dem Versicherer gemeldet werden. Allgemein ist für den Architekten zu beachten, dass lediglich seine freiberufliche Tätigkeit im Rahmen der Architektenhaftpflichtversicherung gedeckt ist.
- Arbeitet der Architekt mit anderen Architekten zusammen, so sind die besonderen Vorschriften der üblichen Haftpflichtversicherungsbedingungen zu Arbeitsgemeinschaften und Planungsringen zu beachten; soweit dort genannte Voraussetzungen nicht erfüllt werden, könnte dies zu einer Minderung der pro Versicherungsfall gedeckten Höchstsummen führen; in solchen Fällen müsste ggf. an eine Kompensation gedacht werden.
- Vorsicht ist geboten bei besonderen vertraglichen Zusagen des Architekten gegenüber dem Bauherrn: Führen diese zu einer Haftungserweiterung (im Vergleich zur gesetzlichen Haftpflicht), so entfällt der Versicherungsschutz für Schäden, die aus genannten vertraglichen Zusagen entstehen (z. B. vertragliche Verlängerung der Verjährungsfristen, Garantiezusagen).
- Fordert der Bauherr vom Architekten ein vorschriftswidriges Verhalten, so muss sich der Architekt darüber im klaren sein, dass sein Haftpflichtversicherungsschutz wegen „bewusst pflichtwidrigen Verhaltens“ grundsätzlich selbst dann entfällt, wenn er eine (wirksame) Freizeichnung vom Bauherrn erhält.
- Kommt der Architekt im Rahmen seiner Tätigkeit mit dem Ausland in Berührung, so sollte er sich bei seinem Haftpflichtversicherer im Hinblick auf die insoweit bestehende Ausschlussklausel erkundigen, ob und inwieweit Versicherungsschutz besteht oder eine besondere Versicherung zu vereinbaren ist.

1.3 Verhalten im Versicherungsfall

- Im Versicherungsfall treffen den Architekten eine Reihe von wichtigen Pflichten gegenüber dem Haftpflichtversicherer; verletzt der Architekt diese Pflichten, so kann dies zum Verlust seines Versicherungsschutzes führen.
- Die zunächst einmal wichtigste Pflicht des Architekten im Versicherungsfall ist die Pflicht zur Anzeige gegenüber seiner Versicherung; hierbei hat der Architekt zu beachten, dass Versicherungsfall im Sinne der Versicherungsbedingungen bereits ein Schadensereignis ist, dass Haftpflichansprüche gegen den Versicherungsnehmer „zur Folge haben könnte“(!). Danach hat der Architekt seinem Versicherer auch solche ihm gegenüber behaupteten Pflichtverletzungen anzuzeigen, die er selber vielleicht für völlig abwegig hält. Am Rande sei erwähnt, dass es Rechtssprechung gibt, nach welcher die Anzeige des Architekten gegenüber seiner Haftpflichtversicherung zu einer Hemmung der Verjährung der ihm gegenüber geltend gemachten Haftungsansprüche führt.
- Macht der Bauherr Haftungsansprüche gegenüber seinem Architekten geltend, so sollte dieser sich davor hüten, zur Besänftigung des Bauherrn vorschnell Ansprüche anzuerkennen; dies kann zwar nicht (mehr) ohne weiteres zu einem Verlust des Versicherungsschutzes führen, ist aber gleichwohl möglichst zu vermeiden.
- Entsteht zwischen Architekt und Versicherer Streit über den Versicherungsschutz, so hat der Architekt im Hinblick auf seine Ansprüche gegenüber dem Versicherer die Klagefrist sowie die Verjährungsfrist im Auge zu behalten.

2. Angestellte Architekten / freie Mitarbeiter

- Für Architekten, die eine Anstellung/freie Mitarbeit am Arbeitsmarkt suchen, ist im Hinblick auf Haftpflichtversicherungsfragen zunächst zu unterscheiden zwischen einer Anstellung im Baugewerbe und einer Anstellung bei einem freien Architekten:
- Ein Architekt, der eine Anstellung/freie Mitarbeit im Baugewerbe sucht, sollte sich bei seinem Arbeitgeber ausdrücklich im Hinblick auf den Haftpflichtversicherungsschutz und dessen Umfang erkundigen; die Betriebshaftpflicht der Unternehmen wird u.U. die besonderen Risiken der Architektentätigkeit nicht erfassen; ggf. kann hier eine zusätzliche Versicherung abgeschlossen werden.
- Bei Architekten, die eine Mitarbeit bei einem freien Architekten anstreben, ist weiter zu unterscheiden zwischen Angestelltenverhältnis und freier Mitarbeit:
- Ein Architekt, der bei einem Architekt angestellt wird, ist grundsätzlich im Versicherungsschutz seines Arbeitgebers eingeschlossen; allerdings führt die Anstellung eines weiteren Mitarbeiters beim arbeitgebenden Architekten zu einer Risikoerhöhung, die der Versicherung jdfs. angezeigt werden sollte.
- Bei Architekten, die lediglich eine freie Mitarbeit suchen, sollten sich jedenfalls derjenige freie Mitarbeiter, der für mehrere freie Architekten tätig wird, i. d. R. selber versichern lassen; im übrigen ist im Einzelfall Rat beim Versicherer einzuholen.
- Für angestellte Architekten ist im übrigen zu beachten, dass für sie die sogenannten Grundsätze gefahrengeneigter Arbeit gelten; hiernach bestehen bestimmte Haftungsbeschränkungen in dem (Innen-) Verhältnis zwischen dem arbeitgebenden und arbeitnehmenden Architekten im Haftungsfall.

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Rechtsanwälte Reuter Grüttner Schenck