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Verkehrsanlagen und Ingenieurbauwerke: getrennte Abrechnung!

Wird eine Ingenieurgesellschaft mit Planungsleistungen für eine Verkehrsanlage (BAB) sowie parallel mit Ingenieurbauwerken (z.B. Lärmschutzwall) beauftragt, so sind die Objekte aus den verschiedenen Leistungsbildern getrennt abzurechnen; dies gilt auch dann, wenn für die abzurechnenden Objekte ein einheitlicher Vertrag geschlossen wurde, diese einem gemeinsamen, übergeordnetem Zweck dienen und eine einheitliche Genehmigungsplanung gefertigt wurde.
Hintergrund
Macht der Architekt einen Honoraranspruch geltend, müssen für eine erfolgreiche Durchsetzung des Anspruchs verschiedene Voraussetzungen vorliegen.

Steht fest, daß die HOAI anwendbar ist und liegt eine nach der HOAI wirksame Honorarvereinbarung nicht vor, ermittelt sich das Honorar des Architekten direkt nach den Vorgaben der HOAI.

Dabei sind Leistungen für verschiedene Leistungsbilder getrennt abzurechnen.
Beispiel
(nach KG , Urt. v. 11.02.2003 - 15 U 366/01 –)
Eine Ingenieurgesellschaft wurde mit Planungsleistungen für eine Bundesautobahn beauftragt. Neben der Verkehrsanlage war unter anderem ein Lärmschutzwall zu planen. Das Ingenieurbüro rechnet Verkehrsanlage und Ingenieurbauwerk getrennt ab. Die Auftraggeberin argumentiert dagegen, dass die anrechenbaren Kosten der Verkehrsanlage sowie des Ingenieurbauwerkes zusammen zu addieren seien, da nur ein Auftrag erteilt sei, die Leistungen fachlich zusammengehörten, einem übergeordneten Zweck gemeinsam dienten sowie ein einheitliches Genehmigungsverfahren durchgeführt worden sei.

Das Gericht folgt den Argumenten der Auftraggeberin nicht. Unter Bezugnahme auf das in § 22 Abs. 1 HOAI zum Ausdruck kommende Trennungsprinzip sieht das Gericht eine getrennte Abrechnung der Leistungsbilder als gerechtfertigt an. Nach der Rechtsprechung des BGH solle durch das Trennungsprinzip in § 22 Abs. 1 HOAI erreicht werden, dass ein Architekt, der auf Grund eines Auftrages mehrere Gebäude für einen Vertragspartner plant, bei der Abrechnung nicht schlechter gestellt wird, als wenn er dieselben Leistungen für verschiedene Bauherren erbringen würde. Daraus lässt sich als Maßstab für die Beurteilung der Einheitlichkeit ableiten, dass mehrere Objekte dann vorliegen, wenn diese verschiedenen Funktionen zu dienen bestimmt sind und sie vor allem unter Aufrechterhaltung ihrer Funktionsfähigkeit wie für sich genommen betrieben werden können.

Die Argumentation der Auftraggeberin sei nicht geeignet, zu einem anderen Ergebnis zu führen. Mehrere selbständig abzurechnende Objekte könnten auch dann vorliegen, wenn dafür ein einheitlicher Vertrag geschlossen würde, dieser einem gemeinsamen, übergeordneten Zweck dienten und dafür eine einheitliche Genehmigungsplanung gefertigt würde.
Hinweis
In vorgenanntem Rechtsstreit ging es der Auftraggeberin nicht nur um die Zusammenfassung der Leistungsbilder Verkehrsanlagen und Ingenieurbauwerk, vielmehr wollte sie darüber hinaus auch mehrere Objekte innerhalb des Leistungsbildes Ingenieurbauwerke zusammengefasst wissen.

Es sind vor allem auch öffentliche Auftraggeber, die immer wieder versuchen, Honorarkürzungen (ggf. auch mit mittelbaren Mindestsatzunterschreitungen) dadurch herbeizuführen, dass sie getrennt abzurechnende Objekte betreffend der anrechenbaren Kosten zusammenfassen. Dies führt beim Planer zu ganz erheblichen Honorarverlusten. Entsprechend entschlossen sollten Architekten – auch unter Verweis auf obiges Urteil – solchen Versuchen entgegentreten (im übrigen stellt die Abfrage von mindestsatzunterschreitenden Leistungen einen Wettbewerbsverstoß dar, vgl. Berufs- u. Standesrecht / .. / Unterschreitung der HOAI-Mindestsätze). Ob dabei die Argumentation des Kammergerichtes unter Bezugnahme auf § 22 Abs. 1 HOAI ganz richtig ist, mag angezweifelt werden. § 22 setzt das Trennungsprinzip eigentlich für mehrere Objekte innerhalb eines Leistungsbildes fest. Das Leistungsbilder getrennt abzurechnen sind, ergibt sich aus der Systematik der HOAI, die für grundsätzlich jedes Leistungsbild eigene Honorarabrechnungsparameter und eigene Honorartafeln vorsieht.

Kontakt
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Rechtsanwälte Reuter Grüttner Schenck