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Verantwortlichkeit des Architekten für fehlende Rissplanung / Fugenplanung des Statikers?

Ein Architekt hat einzustehen für Rissbildungen in einer Tiefgarage, die mangels dem Statiker beauftragten Fugenplan entstanden sind, nicht aber für Risse in einer Wand, die infolge einer starken Belastung eines Stahlbetonunterzuges entstanden sind und durch eine Rissplanung des Statikers hätten vermieden werden können.

Hintergrund
Der Architekt haftet bei Verletzung vertraglicher oder sonstiger Verpflichtungen.

Sind neben dem Architekten noch weitere Beteiligte für einen Schaden verantwortlich, so bestimmt sich die Haftung eines jeden nach seinen ihn im Verhältnis zu den anderen treffenden Pflichten.

Zur Abgrenzung der Pflichten von Architekt und Statiker.
Beispiel
(nach OLG Jena , Urt. v. 17.02.2022 - 8 U 1133/20)
Ein Architekt wird beauftragt mit Leistungsphasen 1-9 für die Sanierung und den Neubau eines Mehrfamilienhauses. Nach Fertigstellung zeigen sich Risse in der Tiefgarage. Ein Sachverständiger stellt fest, dass die Risse teilweise darauf beruhen, dass die Konstruktion der Bodenplatte fugenlos hergestellt worden sei, es fehle der (dem Statiker beauftragte) Fugenplan. Die Risse in einer Wand beruhten auf einer starken Belastung des darüber liegenden Stahlbetonunterzuges; die Auflage im Mauerwerksbereich hätte so ausgebildet werden müssen, dass eine Durchbiegung des Unterzuges nicht zu einer Schädigung des Mauerwerks hätte führen können. Es fehle insoweit an einer Rissplanung durch den Statiker. (Der dem Statiker beauftragt war).

Das OLG Jena sieht eine Verantwortung und Haftung des Architekten infolge des fehlenden Fugenplans als gegeben an. Die Ausbildungvon Fugen sei hier zwischen dem Statiker und dem Planer abzustimmen gewesen. Der Architekt habe das Fehlen des Fugenplans erkennen können und beanstanden müssen (vgl. KG Berlin, Urt. v. 13.12.2005).

Anderes gelte im Hinblick auf die Risse in der Wand infolge einer fehlenden Rissplanung des Statikers. Nach den Feststellungen des Sachverständigen sei der Mangel typischerweise für einen Architekten auch bei einem Träger mit einer Länge von 8 m nicht erkennbar gewesen. Selbst der im Prozess auch vernommene Statiker räumte ein, dass etwaige Fehler seiner Fachplanung durch den Architekten nicht hätten erkannt werden können, da dem Architekten insoweit die notwendige Sach- und Fachkenntnis fehlte, die ihm während seiner Ausbildung auch nicht vermittelt würde (vgl. auch OLG Karlsruhe, Urteil vom 22.11.2019).
Hinweis
Soweit das Gericht vorstehend eine Verantwortung des Architekten wegen des fehlendes Fugenplanes angenommen hat, kürzte das Gericht den Anspruch des Bauherrn allerdings um 50 %: Der Bauherr müsse sich hier das Verschulden seines Statikers als eigenes Mitverschulden zurechnen lassen (vgl. auch OLG Hamm, Urteil vom 24.05.2016).

Kontakt
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Rechtsanwälte Reuter Grüttner Schenck