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Rechnungsstellung und Zahlung auf unwirksame Honorarvereinbarung: Erlassvertrag?

Allein der Umstand, dass eine Schlussrechnung über das vertraglich vereinbarte – mindestsatzunterschreitende – Honorar erstellt und diese ausgeglichen wird, rechtfertigt nicht bereits die Annahme eines Erlassvertrages.
Hintergrund
Macht der Architekt einen Honoraranspruch geltend, müssen für eine erfolgreiche Durchsetzung des Anspruchs verschiedene Voraussetzungen vorliegen.

Ist die HOAI anwendbar, ergibt sich das Honorar des Architekten in erster Linie aus einer im Rahmen der HOAI-Vorschriften getroffenen Honorarvereinbarung.

Nach Vertragsbeendigung brauchen die Wirksamkeitsvoraussetzung für Honorarvereinbarungen nicht mehr eingehalten zu werden.
Beispiel
(nach OLG Hamm , Urt. v. 26.05.2009 - 24 U 100/07, BGH 02.09.2010 – VII ZR 122/09 - NZB zurückgewiesen)
Ein Ingenieurbüro unterbreitet einem professionellen Bauherrn mittels eines bereits einseitig unterzeichneten Ingenieurvertrages ein Angebot für Leistungen der Tragwerksplanung zu einem Honorar in Höhe von DM 150.000,00; der Vertrag wird durch den Bauherrn nicht gegengezeichnet. Das Ingenieurbüro leistet und stellt über Teilbeträge Rechnungen, mit einer letzten Rechnung vom 23.01.2001 eine Rechnung über einen letzten Teilbetrag, mit welchem die vereinbarten DM 150.000,00 insgesamt erreicht sind. Sämtliche Rechnungen, auch die letzte werden vom Auftraggeber bezahlt. Allerdings erbringt das Ingenieurbüro auch nach dem 23.01.2001 noch einzelne weitere Leistungen. Nachdem u. a. wegen Rissen im Gebäude Differenzen auftreten, fordert das Ingenieurbüro schließlich den sehr viel höheren Mindestsatz. Der Bauherr argumentiert, mit der Rechnung vom 23.01.2001 und dessen Zahlung sei ein Erlassvertrag zwischen den Parteien zustande gekommen. Daher seien Nachforderungen ausgeschlossen.
 
Nachdem das Landgericht der Ansicht des Bauherrn gefolgt war, hebt das Oberlandesgericht Hamm das erstinstanzliche Urteil auf. Das OLG hält einen Nachzahlungsanspruch jedenfalls dem Grunde nach für gegeben. Hierzu stellt es zunächst fest, dass eine wirksame Honorarvereinbarung zwischen den Parteien wegen der Mindestsatzunterschreitung nicht zustande gekommen sei. Auch könne der Auftraggeber – weil er HOAI-kundig sei – sich nicht auf eine Bindung des Ingenieurbüros an die mindestsatzunterschreitende Honorarvereinbarung berufen (vgl. auch entsprechende Urteile). Des Weiteren sei in den Vorgängen im Zusammenhang mit der Rechnung vom 23.01.2001 und deren Zahlung ein Erlassvertrag nicht zu sehen. Zwar seien die Parteien eines Architekten- oder Ingenieurvertrages auf Grund der Bestimmungen der HOAI nicht gehindert, einen Honorarverzicht für erbrachte bzw. noch nicht erbrachte Leistungen des Architekten zu vereinbaren; solche Vereinbarungen könnten jedoch nur dann wirksam geschlossen werden, wenn die Tätigkeit des Planers beendet sei.

Das OLG legt dar, dass bereits Bedenken gegen die Annahme des Landgerichts, in der Übersendung der Rechnung vom 23.01.2001 liege ein stillschweigendes Angebot auf Abschluss eines Erlassvertrages, habe. Allein der Umstand – so das OLG -, dass eine Schlussrechnung – die hier nicht einmal als solche bezeichnet sei – über das vertraglich vereinbarte Honorar erstellt werde, rechtfertige nicht bereits die Annahme eines Angebotes zu einem Erlassvertrag. Darüber hinaus sei hier aber festzustellen, dass von einer Beendigung der Leistungen des Ingenieurbüros nicht ausgegangen werden könne. Eine wirksame nachträgliche Änderung der Mindestsatzfitkion sei nur möglich, wenn das Architekten- oder Ingenieurwerk abgenommen worden sei und Einvernehmen der Vertragsparteien im Zeitpunkt der Vergütungsvereinbarung darüber bestehe, dass das Werk des Architekten oder Ingenieurs mangelfrei sei. Diese Voraussetzungen lägen hier aber gerade nicht vor. Das Ingenieurbüro habe eben auch nach dem 23.01.2001 noch Änderungsleistungen erbracht.
Hinweis
Es erscheint diesseitig als richtig, alleine mit der Übersendung einer (Schluss-) Rechnung noch kein Angebot zum Abschluss eines Erlassvertrages zu sehen. Anderenfalls käme zu Widersprüchen mit der Rechtsprechung zur Bindungswirkung von (mindestsatzunterschreitenden) Schlussrechnung. Hier wurde durch den BGH klargestellt, dass (ähnlich wie bei der Bindung an eine mindestsatzunterschreitende Honorarvereinbarung) der Planer nur dann mit Nachforderungen ausgeschlossen ist, wenn der Auftraggeber auf die Endgültigkeit der Schlussrechnung vertraut hat, vertrauen dürfte und sich so eingerichtet hat, dass ihm Nachzahlungen nicht zumutbar sind (BGH , Urt. v. 23.10.2008 - VII ZR 105/07).

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