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Pflicht zur Erstellung einer genehmigungssicheren Planung auch im unbeplanten Innenbereich ?

Die Unsicherheit der Beurteilung der bauplanungsrechtlichen Chancen eines Vorhabens im unbeplanten Innenbereich rechtfertigt es nicht, den Architekten von vorn herein von seiner vertraglichen Pflicht zur Erbringung einer genehmigungsfähigen Planung freizustellen.
Hintergrund
Der Architekt haftet bei Verletzung vertraglicher oder sonstiger Verpflichtungen.

In den Leistungsphasen 1 - 5 führen Planungsfehler zu einer Haftung des Architekten.

Ein besonderes Haftungsrisiko trifft den Architekten bei der Erstellung einer genehmigungsfähigen Planung.
Beispiel
(nach BGH , Urt. v. 25.03.1999 - VII ZR 397/97 -, Baurecht 1999, 1195)
Ein Architekt wurde mit den Architektenleistungen, Leistungsphase 1-4 für den Neubau eines Gewerbe- und Dienstleistungscenters im unbeplanten Innenbereich von Berlin-H. beauftragt. Der Architekt fertigte eine Planung, welche eine gewerbliche Nutzfläche von rund 36.000 qm vorsah. Bei einer Vorstellung bezeichnete das Stadtplanungsamt die Planung als allgemein zulässig. Der Architekt beantragte auf der Grundlage der Planung die Erteilung einer Baugenehmigung. Später kamen Bedenken gegen die Planung auf. Trotz einer Umplanung versagte das zuständige Bezirksamt schließlich die bauaufsichtliche Genehmigung mit der Begründung, dass Bauvorhaben füge sich nicht in die Eigenart der näheren Umgebung ein (§ 34 I BauGB). Der Architekt machte anschließend Architektenhonorar u. a. für die erste Planung in Höhe von rund DM 2 Mio. geltend.

Die Vorinstanz hatte der Klage stattgegeben. Der Architekt habe vorliegend nicht mehr tun können, als die Erlangung der Baugenehmigung zu versuchen. Dies habe er nach Kräften getan und die Leistungsphasen 1-4 gem. § 15 HOAI erbracht. Dass seine Planung nicht genehmigt worden sei, könne dem Architekten nicht entgegengehalten werden, da hier die Erteilung der Baugenehmigung in den alleinigen Risikobereich des Bauherrn falle. Das in Aussicht genommene Bauvorhaben sei bauplanungsrechtlich nach § 34 BauGB zu beurteilen, was einen besonders weiten Ermessensspielraum der Baugenehmigungsbehörde zur Folge habe und die Voraussehbarkeit der Genehmigungsfähigkeit der Planung nahezu unmöglich mache. Der Kläger habe seine Planung eng mit den Baugenehmigungsbehörden abgestimmt, welche ihm zunächst auch grünes Licht gegeben und seine Planung als beispielhaft begrüßt hätten. Demnach habe der Kläger bedenkenlos seine Planung zur Genehmigung einreichen können.

Der BGH hebt das Urteil der Vorinstanz auf. Die Vorinstanz gehe zu unrecht davon aus, dass der Architekt eine genehmigungsfähige Planung nicht geschuldet habe. Nicht richtig sei die Auffassung der Vorinstanz, in Anbetracht der Unabwägbarkeiten eines Genehmigungsverfahrens nach § 34 BauGB falle das Risiko der Erteilung der beantragten Baugenehmigung in die Risikosphäre des Bauherrn. Richtig sei zwar, dass wegen der in § 34 Abs. I verwendeten unbestimmten Rechtsbegriffe die Zulässigkeit eines Vorhabens aus der Sicht des Bauinteressenten nicht in allen Fällen zuverlässig beurteilt werden könne. Die hieraus resultierende Unsicherheit der Beurteilung der bauplanungsrechtlichen Chancen eines Vorhabens bei der Genehmigung rechtfertige es jedoch nicht, den Architekten im Verhältnis zum Bauherrn von vorn herein von seiner eingegangenen vertraglichen Verpflichtung zur Erbringung einer genehmigungsfähigen Planung freizustellen. Der Architekt, der für ein Vorhaben i.S.d. § 34 BauGB eine genehmigungsfähige Planung verspricht, habe seine Planung so zu erstellen, dass sie als zulässig i.S.d. § 34 Abs. I BauGB beurteilt werden könne, also auch innerhalb eines etwaigen Beurteilungsspielraum liege.
Hinweis
Der BGH weist ausdrücklich darauf hin, dass die Parteien eines Architektenvertrages vereinbaren könnten, dass und in welchen Punkten eine vom Architekten zu erstellende Planung nicht genehmigungsfähig sein müsse. Von einer solchen Vereinbarung könne doch nur in Ausnahmefällen ausgegangen werden; möglich sei eine solche Vereinbarung, wenn sich der Bauherr bewusst über die Vorschriften des öffentlichen Baurechts hinwegsetze oder diese an die Grenzen des möglichen ausreizen wolle.

Der Architekt sollte in entsprechenden Fällen immer eine eindeutige schriftliche Vereinbarung mit dem Bauherrn treffen, in welchem er ihn ausdrücklich auf die Risiken aufmerksam macht (s. hierzu auch unter Haftung / .. / Handeln auf eigene Gefahr)

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Rechtsanwälte Reuter Grüttner Schenck