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Haftung des Gutachters gegenüber Dritten trotz falscher Information durch Auftraggeber?

Ist ein Gutachtenvertrag dahin auszulegen, dass auch Dritte (hier mögliche Käufer) in den Schutzbereich des Vertrages fallen, so liegt die Annahme nahe, dass das Vertrauen des Dritten in die Richtigkeit der gutachterlichen Aussagen auch dann geschützt werden soll, wenn die Unrichtigkeit durch den Auftraggeber mit veranlasst worden ist.
Hintergrund
Der Architekt haftet bei Verletzung vertraglicher oder sonstiger Verpflichtungen.

Aus einem Vertrag mit seinem Auftraggeber oder in Zusammenhang mit diesem kann für den Architekten auch eine Haftung Dritten gegenüber folgen.
Beispiel
(nach BGH , Urt. v. 10.11.1994 - III ZR 50/94, NJW 1995, 392)
Ein Architekt, der auch Bausachverständiger einer Kreissparkasse war, erstattete im Auftrag einer Eigentümerin ein Wertgutachten über deren Hausgrundstück. Dieses sollte – wie bei Auftragserteilung mitgeteilt worden war – veräußert werden. In dem Wertgutachten wurde ein Betrag für „Reparaturstau“ nicht festgesetzt; vielmehr wurden „nennenswerte Reparaturen ..... z. Z.“ nicht für erforderlich gehalten. Später wurde das Haus unter Ausschluss der Haftung des Veräußerers für sichtbare und unsichtbare Sachmängel verkauft; bei den Vertragsverhandlungen war das Wertgutachten vorgelegt worden. Nach dem Erwerb stellten die Käufer bei Renovierungsarbeiten fest, dass der Dachboden derart schwerwiegend durch Feuchtigkeit geschädigt war, dass die gesamte Dachkonstruktion abgebrochen und durch ein neues Dach ersetzt werden mußte. Die Erwerber erheben Klage gegen den Gutachter auf Zahlung von rund DM 45.000,00. Es stellt sich heraus, dass den Veräußeren des Grundstücks die Mangelhaftigkeit des Dachbodens bekannt war.

Der BGH sieht einen Haftungsanspruch gegen den Gutachter als grundsätzlich möglich an. Der Annahme eines Vertrages mit Schutzwirkung zu Gunsten der Käufer stehe insbesondere nicht entgegen, dass seitens der Veräußerer und Auftraggeber des Gutachters gegenüber dem Gutachter bei der Besichtigung des Anwesens dessen Mängel bewusst verheimlicht worden seien. Dem Gutachter sei bekannt gewesen, dass das Wertermittlungsgutachten zu Verkaufszwecken in Auftrag gegeben worden sei. Er musste demnach nicht nur damit rechnen, dass dieses Gutachten Kaufinteressenten vorgelegt wird, ihm musste auch weiter bewusst sein, dass angesichts des besonderen Vertrauens, dass Kaufinteressenten regelmäßig in die Zuverlässigkeit und Sachkunde eines anerkannt Sachverständigen haben, seine gutachterlichen Äußerungen möglicherweise ein größeres Gewicht zukommt als den Angaben des Verkäufers selbst und deshalb ein Gutachten dazu geeignet ist, ein etwaiges Misstrauen von Kaufinteressenten gegenüber der Richtigkeit der Angaben des Verkäufers zu zerstreuen. Darin liege auch der erkennbare, die Verkaufsabsicht fördernde besondere Wert des Gutachtens für den Auftraggeber. Vor allem entspreche es dem offenkundigen Interesse des möglichen Käufers, dass sein Vertrauen auf die Richtigkeit des Gutachtens gerade in den Fällen rechtlich geschützt werde, in denen der Verkäufer die willkürliche Beschaffenheit des Kaufgegenstandes in unredlicher Weise zu verschleiern versuche. Sei deshalb ein Gutachtervertrag dahin auszulegen, dass auch mögliche Käufer in den Schutzbereich des Vertrages fallen, so liege die Annahme nahe, dass das Vertrauen des Dritten in die Richtigkeit der gutachterlichen Aussagen auch dann geschützt werden solle, wenn die Unrichtigkeit des Gutachtens durch den Auftraggeber mit veranlasst worden sei.
Hinweis
Der BGH weist darauf hin, dass dem Gutachter hierdurch kein unzumutbares Haftungsrisiko auferlegt würde. Der Sachverständige dürfe Informationen der Auftraggeber auch dann für sein Gutachten verwerten, wenn er deren Wahrheitsgehalt nicht nachprüfen könne. Der Sachverständige müsse dann allerdings in seinem Gutachten diesen Umstand kenntlich machen.

Gutachtern ist zu empfehlen, den Rat des BGH ernst zu nehmen und genau zwischen den Informationen, die sie ungeprüft vom Auftraggeber übernehmen, und solchen, die sie selber ermitteln, zu unterscheiden. Im Hinblick auf erstere sollte jdfs. ein deutlicher Hinweis erfolgen, dass die jeweilige Information nicht überprüft wurde.

Kontakt
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Rechtsanwälte Reuter Grüttner Schenck