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Auch die Sekundärhaftung des Architekten ist endlich

Einem (auch) mit Leistungsphase 8 beauftragten Architekten obliegt die objektive Klärung von Mangelursachen, selbst wenn zu diesen eigene Planungs- oder Aufsichtsfehler gehören. Eine Verletzung vorstehender Aufklärungspflicht begründet einen weiteren Schadensersatzanspruch, der allerdings seinerseits der Verjährung unterliegt.


Hintergrund
Der Architekt haftet bei Verletzung vertraglicher oder sonstiger Verpflichtungen.

Haftungsansprüche gegen den Architekten verjähren.

Dauer, Beginn, Hemmungen und Unterbrechungen der Verjährung ist nach altem bis zum 31.12.2001 geltenden Recht anders geregelt als nach neuem Recht.
Beispiel
(nach OLG Brandenburg , Urt. v. 01.12.2022 - 12 U 199/21)
Im Jahre 2001 beziehen die Bauherren ihr neu errichtetes Landhaus. Noch im gleichen Jahr zeigen sich verschiedene Wasserschäden. Im Jahre 2005 leiten die Bauherren ein selbständiges Beweisverfahren u.a. gegen den Architekten ein. Im September 2010 erheben sie schließlich Klage gegen den Architekten. Im Dezember 2015 erweitern sie die Klage gegenüber dem Architekten um einige Positionen. Gegenüber der im Dezember 2015 erweiterten Klage wendet der Architekt Verjährung ein.

Das OLG Brandenburg schließt sich dem Einwand der Verjährung an und weist die Klage im Hinblick auf die zusätzlichen Positionen ab. Die Gewährleistungsansprüche gegenüber dem Architekten verjährten nach § 634a Abs. 1 Nr. 2 BGB innerhalb von 5 Jahren. Die Frist beginne zu laufen entweder mit der Abnahme oder wenn Umstände gegeben seien, nach denen eine Erfüllung des Vertrages nicht mehr in Betracht komme (Abrechnungsverhältnis). Eine ausdrückliche oder konkludente Abnahme habe vorliegend nicht stattgefunden. Ein Abrechnungsverhältnis liege aber spätestens mit der Klageerhebung im September 2010 vor. Entsprechend seien die Gewährleistungsansprüche im Dezember 2015 bereits verjährt gewesen.

Allerdings prüft das Gericht weiter, ob dem Architekten die Berufung auf die Verjährung verwehrt sei, weil er möglicherweise der sogenannten Sekundärhaftung unterliege. Danach obliege dem Bauüberwacher im Rahmen seiner Betreuungsaufgabe nicht nur die Wahrung der Rechte des Bauherrn gegenüber den Bauunternehmern, sondern auch und zunächst die objektive Klärung der Mängelursachen, selbst wenn zu diesen eigene Planungs- oder Aufsichtsfehler gehörten (vgl. BGH, Urteil vom 26.09.1985, vgl. auch BGH, Urteil vom 23.07.2007). Eine Verletzung vorstehender Pflicht begründe einen weiteren Schadensersatzanspruch dahin, dass die Verjährung der gegen ihn gerichteten Gewährleistungs- und Schadensersatzansprüche als nicht eingetreten gelte. Dieser Schadensersatzanspruch verjähre seinerseits gemäß §§ 195, 199 Abs. 1 BGB innerhalb von 3 Jahren, beginnend mit dem Schluss des Jahres, in dem der Bauherr Kenntnis von den den Anspruch begründenden Umständen erlangt habe oder ohne grobe Fahrlässigkeit hätte erlangen müssen.

Das Gericht kommt hier zu dem Schluss, dass die Bauherren im Rahmen des von ihnen angestrengten selbstständigen Beweisverfahrens spätestens mit dem Gutachten aus dem Jahre 2009 Kenntnis von einem etwaigen Anspruch aus Sekundärhaftung gegenüber dem Architekten hätten haben können. Damit verjährte der Anspruch aus der Sekundärhaftung bereits zum 31.12.2012.

Hinweis
Wie der Fall zeigt, kann es im Einzelfall sogar mal dazu kommen, dass die Sekundärhaftung vor der eigentlichen Gewährleistungsverjährung abläuft (jedenfalls aber nicht später - worauf das Gericht hilfsweise hinweist).

Kontakt
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Rechtsanwälte Reuter Grüttner Schenck