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Ansichten, Schnitte und Lageplan vom Architekten nicht erbracht: Honorarabzug?

Nach Ansicht des OLG Celle führt allein die Rüge, es seien nicht alle in § 34 HOAI 2013, Anhang 10.1, aufgeführten Grundleistungen erbracht worden (hier in Lph 2 und 3 Ansichten, Schnitte und ein Lageplan), nicht ohne weiteres zu einer Vergütungsminderung bzw. einem Schadensersatzanspruch gegen den Architekten.

Hintergrund
Der Architekt haftet bei Verletzung vertraglicher oder sonstiger Verpflichtungen.

Honorarminderungen muss der Architekt nach den Vorschriften des Gewährleistungsrechts hinnehmen, wenn er ihm übertragene Teilleistungen nur unvollständig erbracht hat.
Beispiel
(nach OLG Celle, Urteil vom 02.08.2023 , - 14 U 200/19)
Ein Architekt wurde mündlich ohne schriftlichen Vertrag mit dem Umbau und der Modernisierung eines Einfamilienhauses beauftragt, und zwar mit Erbringung der Grundleistungen Lph 1-3 sowie 5-8. Später streiten die Parteien u.a. über Honoraransprüche des Architekten. Der Bauherr will das Honorar des Architekten kürzen mit dem Argument, dass dieser im Rahmen der Vorplanung und Entwurfsplanung – insoweit unstreitig – Ansichten und Schnitte sowie einen Lageplan nicht erstellt habe. Das Gericht bestellt einen Sachverständigen, der feststellt, dass Ansichten, Schnitte und auch ein Lageplan bei der hiesigen Umbauplanung nicht erforderlich gewesen seien.

Das Oberlandesgericht Celle folgte der Argumentation des Bauherrn nicht und ermittelt das Honorar des Architekten insoweit ungekürzt. Die in § 34 Abs. 3 HOAI (Anhang 10.1) aufgeführten Grundleistungen seien nicht vollständig zu erbringen, wenn die Beauftragung und die notwendig damit verbundenen Leistungen zum vertraglichen Leistungsumfang dies nicht erforderlich machten. Dies ergebe sich aus der Erfolgsbezogenheit des Architektenvertrages, der die Entstehung einer umfassend gebrauchsfähigen Architektentätigkeit voraussetze. Gemäß § 3 Abs. 2 HOAI seien Grundleistungen die zur ordnungsgemäßen Erfüllung eines Auftrages im allgemeinen erforderlich seien, in Leistungsbildern erfasst. Die Bezeichnung als "im allgemeinen erforderlich sind" solle klarstellen, dass nicht alle in den Leistungsbildern aufgeführten Leistungen bei jedem Objekt zur Erreichung des Vertragsziels notwendig seien. Allein die vom Bauherrn erhobene Rüge, es seien nicht alle in § 34 HOAI, Anhang 10.1, aufgeführten Grundleistungen erbracht worden, führe – ohne Mängel in der Bauwerkleistung – entsprechend nicht zu einer Vergütungsminderung bzw. zu einem Schadensersatzanspruch gegen den Architekten.

Hinweis
Die in dem Urteil besprochenen Rechtsfragen sind wohl etwas streitig und letztlich ungeklärt (ähnlich wie hier entschieden durch das OLG Oldenburg, Urteil vom 06.09.2012 sowie OLG Frankfurt, Urteil vom 17.08.2006). Wobei als Besonderheit zu beachten ist, dass vorliegend ein schriftlicher Vertrag nicht geschlossen war und damit gegebenenfalls keine klare Definition der Leistung des Architekten unter Bezugnahme auf die HOAI-Leistungsbilder vorlag. Gerade für diesen Fall, so das OLG Rostock in seinem Urteil vom 03.12.2008, kommt eine Honorarminderung wegen nicht erbrachter Grundleistungen nicht ohne Weiteres in Betracht. Aus selbigen Gründen ist nach diesseitiger Ansicht auch der Auffassung des OLG Celle zuzustimmen.

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Rechtsanwälte Reuter Grüttner Schenck