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16.08.2023

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Künstliche Weide für Lichtenfels

Stadthaus von Peter Haimerl Architektur


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Archiv der Zukunft? Ein Baum aus Metall? Eine Glasfassade mitten auf dem historischen Stadtplatz? Der am 15. Juli in der bayerischen Kreisstadt Lichtenfels eröffnete Neubau entstand nach Plänen des Münchner Büros Peter Haimerl . Architektur. Mit seinem Entwurf eines Glaspavillons und eines Geflechts aus Edelstahlrohren hatte das Team 2018 den entsprechenden Wettbewerb gewonnen. Das Ergebnis bricht mit den gängigen Erwartungen an heutige Architektur. Zum Beispiel damit, dass sie sich an einer solchen Stelle in den historischen Kontext einfügen, mit Low Tech die Nachhaltigkeitskriterien erfüllen und von einem begrünten Außenraum umgeben sein sollte.

Das Archiv der Zukunft ist ein Ort für Veranstaltungen und digitale Ausstellungen. Es will über Innovationen informieren, Austausch und Initiative ermutigen, Lichtenfels vernetzen und Zukunftsfähigkeit fördern. So steht es auf der Webseite des Projektes, das von Günter und Robert Hofmann initiiert und finanziert wurde. Die beiden Brüder, erfolgreiche Unternehmer für 3D-Metalldruck-Technologie, engagieren sich Jahren im Ort, kaufen alte Häuser auf und wollen sichtbar machen, was die Region zu bieten hat.

Lichtenfels ist eine Stadt mit Korbflechttradition. Der handwerkliche Umgang mit Weiden hat den Ort reich gemacht. Wie viele andere Kommunen sucht Lichtenfels nach seinem Platz in einer Zukunft, in der das traditionelle Handwerk keine große Rolle mehr spielen wird. Mit seinen provokanten architektonischen Statements hat Peter Haimerl bereits so mancher Gemeinde in Bayern bei dieser Suche ge- und nicht zuletzt auch zu überregionaler Aufmerksamkeit verholfen. Und so lässt er in Lichtenfels eben keinen Baum vor das Haus pflanzen, sondern eine künstliche Weide in Form einer baumartigen Metallstruktur erstellen.

Zugleich ist jede Menge Technik im Gebäude versteckt. Eine reversible Wärmepumpe und eine besonders leitfähige Aluschaumdecke mit darüberliegendem Rohrsystem bilden das Kühlungs- und Heizsystem. Hinzu kommen mehrere Kilometer Datenkabel, die ebenso wie die Rohre auf Wunsch von Architekt und Bauherren hinter vorgebauten Wänden, Fußbodenaufbauten oder Deckenplatten versteckt sind.

„Technologie ist Teil des Raums. Architektur führt dazu, dass man neue Welten herstellt“, sagte Haimerl gegenüber Baunetz. Sein Bau solle ein Raum aus Natur und Architektur sein, Innenraum und Außenraum zugleich, Natur und Mathematik, Programmierung und Handwerk, Wald und Stadt. Diese vom Architekten verfasste Zuschreibung hilft zu verstehen, warum sich das Haus nur auf den ersten Blick nicht einfügen mag. (fm)

Fotos: Sebastian Kolm


Zum Thema:

Die Baugeschichte des Hauses ist ausführlich unter archivderzukunft-lichtenfels.de dokumentiert.


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Kommentare

19

lutzinger | 23.08.2023 09:35 Uhr

Matzig in der SZ

Besonders schön, wenn nach einer hitzigen Kommentierung hier ein besonnenener, abwägender Artikel zu einem Bau erscheint. Heute schreibt Matzig in der SZ über Lichtenfels, das Archiv der Zukunft verstoße "gegen fast alles, was zu den Architektur-Korrektheiten der Gegenwart gehört. Und das ist auch gut so."
Weiter: "Der Bau ist ein Neubau. Ein altes, extrem baufälliges Haus wurde dafür abgerissen. Das ist böse. Der Bau ist kein Energie-Effizienz-Wunder, sondern von normaler energetischer Gesinnung. Das ist fahrlässig. Der bau besteht nicht aus Lehm und Moos, sondern aus Stahlbeton und Glas. Das ist satanisch. Der Bau ist nicht bescheiden, sondern sagt: Schaut mich an. Das ist verwerflich. Kurz: Der Bau macht so viel falsch in der zeitgenössischen Bau-Dogmatik, dass er alles richtig macht."
Vielleicht sollten wir uns alle angewöhnen, nicht ganz so giftig aus der Ferne zu urteilen. Sondern uns überraschen zu lassen, auch vom Anderen. Mir gefällt der Bau seit dem Matzig-Text jedenfalls schon viel besser. Aus der Ferne.

18

Anton Schedlbauer | 18.08.2023 12:52 Uhr

Um fair zu bleiben.

Die Architektur des Gebäudes ist sowohl von der Fassade als auch von den Innenräumen zu groß für den Ort und das Gebäude. Um ein Vielfaches größer und frei stehend auf der grünen Wiese wäre es tolle Architektur. Bei entsprechender Raumgröße würden auch die Bohrpfähle zur Geltung kommen. Jetzt ist es nur beklemmend.

Vielleicht ist der Architekt zu groß geworden für kleine Gebäude.

17

Anton Schedlbauer | 18.08.2023 12:32 Uhr

Das Ding so schnell wie möglich zuwachsen lassen.

Kletterrosen währen schön.

16

Svensko | 17.08.2023 18:00 Uhr

Trauerweide

Provinzialität und übersteigertes Selbstbewusstsein findet sich hauptsächlich in den Kommentaren. Aber es ist einmal mehr erhellend.

15

T. Schubert | 17.08.2023 13:51 Uhr

Welch ein Hype.

Dieses Stahlgewitter, ein Graus. Auf Biegen und Brechen anders sein.
Die Architektur dahinter in Teilen interessant, ob es allerdings ohne Metall-Baum besser wäre?
Klimaanlage vor Brandwand-Giebeldreieck wie beim Centre-Pompidou weithin sichtbar.

Kann man noch auf google streetview begutachten und man sieht dort auch das "Alte Volumen" auf der Tafel zur Korbhandelsstadt - eigentlich ein schöner Platzabschluss.

14

joscic | 17.08.2023 13:06 Uhr

Tauben

scheint es in diesem Ort nicht zu geben, auf den Fotos sehe ich keine einzige, aber vielleicht siedeln sich ja noch welche an. Oder es werden noch Spikes montiert.

13

Kritiker | 17.08.2023 12:55 Uhr

Ambivalent aber tendenziell positiv

Die Borpfähle erinnern mich sehr an aktuelle Interiortrends aus Kalifornen, Schweden und Italien. Norm-Architects oder Yakusha-Design. Ziemlich cool, auch im Umgang mit dem Bestandsmaterial. Leider ist da der Abriss die große Gretchen-Frage, die unnahchaltige (alleine die der Aufwand für die großen Scheiben) aber stylische Fassade auch.
Unabhängig von Nachhaltigkeit. Die Deckenelmente sind ziemlich cool in ihrer Textur und wären Welten besser wenn sie auf eine normalere Fassade treffen würden. Der Baum ist wie schon von anderen Bemerkt einfach mist und einfach nur ein platter Gag. Insgesamt trotzdem mal eineres der besseren Projekte vom Provinzarchitekt Haimerl.

12

Hanelore | 17.08.2023 12:26 Uhr

Naja

"Der Weidenhain nimmt die Außenform des alten Gebäudes am Marktplatz auf."

Der Baum ist unnötig und als Besucher des Marktplatzes, in Unkenntnis der historischen Situation versteht das eh keiner. Geschweige denn vom Ressourcenverbrauch.
Auch wie das Gebäude von außen wirkt ist... naja... zu klinisch, zu fremd und dann auch nicht innovativ genug. Da könnte man sich von einem Zentrum der Zukunft schon mehr erwarten.
Der Anschluss an den Bestandsgiebel überzeugt ebenfalls nicht.

Jedoch finde ich die innenräumliche Gestaltung (Bohrpfähle) schon gelungen, da sie den doch sehr klinischen Charakter der restlichen Gestaltung entgegenwirken.

Letztendlich ist es jedoch nicht die Arbeit, die man sonst von Peter Haimerl erwartet. Schade.

11

Frauke | 17.08.2023 10:49 Uhr

Eine Lanze für

Peter Haimerl, den jetzt als Provinz Architekt zu bezeichnen geht wohl ein bisschen weit. Schätze eigentlich Herrn Haimerl , grade dafür in der Provinz den Spagat zu schaffen, sich mit harten eigenständigen Projekten doch irgendwie in das Ortsbild einzufügen und dieses zu Bereichern.

50667 Köln, wenn die eigene Großstadt so extrem provinziell ist verstellt das vielleicht etwas den Blick auf den ländlichen Raum ?

Ohne den Baum wäre mir dieses Projekt allerdings auch lieber ...

10

arcseyler | 16.08.2023 18:32 Uhr

.....

Ist jetzt die Weide unwirklich oder der sorgfältig historisierte Ort?
Beides sind Darstellungen, Inszenierungen.
Eine gegenseitige Infragestellung bezüglich künstlich und echt.

9

mies antroph | 16.08.2023 18:31 Uhr

Prädikat

sehr fein

8

kde | 16.08.2023 18:30 Uhr

Unkunst am Bau

Architekten sind zumeist nicht die besseren Künstler, und das goldene Gestrüpp wird zum Grabmal eines richtigen Baumes.
Als Architekten schätze ich ihn, hier steht leider nur Unsinn und keine Kunst - schade.

7

50667 | 16.08.2023 17:20 Uhr

Was für eine Provinzposse....

....ein kleinbürgerlicher Unternehmer mit übersteigertem Selbstbewustsein sucht sich einen kleinbürgerlichen Architekten mit übersteigertem Selbstbewustsein....das Ergebnis ist an Peinlichkeit nicht zu überbieten....ein Projekt für die letzte Seite der Bauwelt....
Martin Kostulski

6

Roland Wojczik | 16.08.2023 16:42 Uhr

künstliche Weide

sind wir schon soweit dass wir künstliche Bäume nachempfinden müssen, viel schöner wäre doch ein richtiger Baum an dieser Stelle. der Markplatz sieht eh schon trist aus. Außerdem erschlägt das Gestüpp das Gebäude dahinter. von Baumhaus keine Spur.

5

eon | 16.08.2023 16:19 Uhr

...

Peter Haimerl ist ein Gott

4

Anja | 16.08.2023 16:15 Uhr

Schade - mal wieder Abriss und Neubau...

Leider gibt es wenig Information darüber warum die Entscheidung getroffen wurde, das Bestandsgebäude abzureissen und mit einer ganzen Menge Stahl, Beton und Glass zu ersetzen.
Ob dieser Resourcenverbrauch durch das recht theoretische Konzept in Zukunft begründet werden kann sei dahingestellt.

Moderne Haustechnik hin oder her, eine ausgewachsene Weide und etwas Grün drumrum hätten die Sommerkühlung ganz ohne Strom besorgt. Und noch ein paar andere gute Dinge ganz nebenbei.

Vielleicht kann man in diesem Zusammenhang auch mal darüber nachdenken warum wir uns hier so sicher sind, dass das Korbflechten keinen Platz in der Zukunft hat. Ich denke, eine Zukunft mit mehr Natur, Gemeinschaft und Handwerk anstelle von Technik könnte eine ganz schöne Zukunft sein...

3

Fritz | 16.08.2023 16:02 Uhr

omg

...der "Baum" ist ja dramatisch schlimm...
Der Rest ist schön.

2

Frank Hesse | 16.08.2023 15:59 Uhr

Künstliche Weide für Lichtenfels

Ach, was hätte diesem Platz eine echte grüne Weide - oder auch ein anderer echter Baum gutgetan. Aber die Eitelkeit der Bauherren ließ das wohl nicht zu. Und das in Zeiten des menschengemachten Klimawandels. Wann begreift die Architektenschaft endlich, dass solche Zeiten vorbei sind, in denen man mit eitlen Duftmarken resp. Landmarken die Mitmenschen erfreuen(?) oder besser quälen will? Nichts gegen Kreativität, die in der goldschimmernden "Weide" zum Ausdruck kommen mag. Aber in dieser Form geht sie völlig an den gegenwärtigen Notwendigkeiten vorbei. Und schade um das alte Haus, das dort stand.

1

auch ein | 16.08.2023 15:51 Uhr

architekt

diese bohrpfähle kapiere ich wirklich nicht....
machen ne menge unruhe, sind viel zu massiv für die kleinen räume.....

 
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Das Archiv der Zukunft ist ein neuer Veranstaltungsort am Marktplatz von Lichtenfels.

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Der Weidenhain nimmt die Außenform des alten Gebäudes am Marktplatz auf.

Der Weidenhain nimmt die Außenform des alten Gebäudes am Marktplatz auf.

Die Wände des Glaspavillons sollten so wenig wie möglich sichtbar sein, die Konstruktion wie ein offenes Baumhaus wirken.

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Im Untergeschoss entstanden Vortragsräume.

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