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08.09.2025

Kostengünstig mit Enfilade

Sozialwohnungsbau in Amsterdam von Atelier Kempe Thill


Das Bajeskwartier im Südosten Amsterdams ist ein Entwicklungsprojekt an einem sehr speziellen Ort. Es entsteht auf dem Areal eines ehemaligen Gefängnisses, das 1978 eröffnete. Charakteristisch für das sogenannte Bijlmerbajes (bajes heißt auf Deutsch „Knast“) waren sechs weitgehend identische 17-Geschosser in strengster Plattenbau-Ästhetik, in denen die eigentlichen Zellen lagen. 2016 wurde der Gefängnisbetrieb eingestellt, ein Jahr später legten OMA, FABRICations und LOLA einen Masterplan vor, der auf den Bau von weit über 1.000 Wohnungen abzielt.

Anfang des Jahres veröffentlichten OMA mit dem Wohnhochhaus Jay das erste von vier Häusern, das sie hier bauen werden. Jay (in Anspielung auf jail) bietet 135 kompakte Apartments im Eigentum und orientiert sich ganz bewusst an der Ästhetik der sechs Gefängnistürme. Von denen blieb wiederum nur einer erhalten, um saniert zu werden.

Konzeptionell weitaus weniger provokativ und auch im Projektnamen versöhnlicher zeigt sich das im Dezember letzten Jahres übergebene Wohnhochhaus De Vrijheid von Atelier Kempe Thill (Rotterdam). Auf 10.800 Quadratmetern Bruttogrundfläche und für 23,1 Millionen Euro netto (Gesamtbaukosten inklusive technischer Ausstattung und Außenraumgestaltung) entstanden in den 14 Obergeschossen 140 Sozialwohnungen und im Erdgeschoss Gewerbeflächen sowie reichlich Abstellräume für Fahrräder. Bauherrin ist die gemeinnützige Wohnungsbaugesellschaft de Alliantie, die in der Region Amsterdam rund 60.000 Wohnungen besitzt und bewirtschaftet.

Die Wohnungen seien „eher klein bis sehr klein“, schreiben Kempe Thill ganz offen und mit Verweis auf die ökonomischen Rahmenbedingungen. Während sich OMA bei Jay auffällig mit Informationen, Bildern und Plänen zurückhielten, lässt sich anhand der veröffentlichten Materialien von Kempe Thill nachvollziehen, wie sie auf die Herausforderungen des Projekts reagierten.

Die Architekt*innen betonen, dass es ihnen darum ging, im sozialen Wohnungsbau einen „gewissen räumlichen Luxus“ anzubieten. Deswegen wurden die Fassaden raumhoch verglast und mit umlaufenden Balkonen versehen. Erschlossen werden die Balkone über 2,3 Meter breite Schiebefenster. In den kleinsten Wohnungen verzichtete man bewusst auf Flure. Teilweise ließen sich außerdem Schiebetüren entlang der Fassade realisieren, um kleine Enfiladen zu ermöglichen.

Trotz überschaubarem Budget wurde Wert darauf gelegt, die öffentlich genutzten Bereiche einladend zu gestalten. Die Eingangshalle und das daran anschließende, sechsgeschossige Atrium erhielten eine hochwertige Materialisierung inklusive Bepflanzung. Grüne Flächen für alle Nutzer*innen des Hauses gibt es auch auf den beiden Dachterrassen auf Höhe des 5. und 6. Obergeschosses.

Kempe Thill haben in den letzten 25 Jahre reichlich Erfahrungen im Sozialwohnungsbau gesammelt. Den Neubau in Amsterdam bezeichnen sie selbstbewusst als einen „Höhepunkt“ in diesem Feld und sehen ihn in der Nachfolge von Projekten wie ihrem Atriumhaus in Bremen (2019) oder ihrem Sozialwohnungsbau in Paris-Montmartre (2016). (gh)

Fotos: ULRICH SCHWARZ, BERLIN


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