12.02.2025

Nur Klimaschutz reicht nicht mehr aus

Neuigkeiten zur Biennale 2025 in Venedig

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Carlo Ratti kuratiert die 19. Architekturbiennale in Venedig.

In genau drei Monaten eröffnet die 19. Architekturbiennale in Venedig. Was dort zu erwarten ist, hat Kurator Carlo Ratti am Dienstagmittag auf einer Pressekonferenz erläutert. Mit mehr als 750 Teilnehmer*innen werde es die größte Biennale aller Zeiten, verkündete er. Zentrales Thema der Großaustellung mit dem Titel „Intelligens. Natural. Artificial. Collective“ wird der Klimawandel sein.

Bangemachen gilt für Ratti nicht. Das war bereits deutlich geworden, als der international lehrende Architekt und Forscher im Mai letzten Jahres sein kuratorisches Konzept in Grundzügen vorstellte. Ratti gibt sich optimistisch. Und er ist überzeugt von den Möglichkeiten, die Wissenschaft, Technologie und Planung bieten, um dem Klimawandel und seinen Folgen aktiv zu begegnen: „Jahrzehntelang hat sich die Architektur bei der Bewältigung der Klimakrise auf den Klimaschutz konzentriert, das heißt darauf, unsere Auswirkungen auf das Klima zu verringern. Aber dieser Ansatz reicht nicht mehr aus. Es ist an der Zeit, dass sich die Architektur der Anpassung widmet: Sie muss neu darüber nachdenken, wie wir für eine veränderte Welt planen.“

Die üblichen Visualisierungen besserer zukünftiger Welten sind in diesem Zusammenhang für ihn erklärtermaßen sekundär. Angesichts der globalen Herausforderungen gehe es um Zahlen, nicht um Bilder, sagte er gestern. Dementsprechend dürfe man auf der kommenden Biennale eine Menge Wissenschaft erwarten. Damit verschiebe sich auch die Rolle der Architekt*innen – weg vom „alleinigen Schöpfer“ und hin zu einem über die disziplinären Grenzen vernetzten Arbeiten, das stark von wissenschaftlichen Erkenntnissen geleitet wird.

Neu sind diese Forderungen freilich nicht. Interessant kann es werden, wenn tatsächlich an den vielen Schnittstellen von Architektur, Wissenschaft und weiteren Disziplinen gearbeitet wird. Gegenüber den Potenzialen der Technologie dürften gesellschaftliche und politische Aspekte für Ratti eine eher nachgeordnete Rolle spielen. Das konstatierte unser Autor bereits vor einem Jahr, als er die Ernennung des 1971 geborenen Turiners im Kontext der aktuellen politischen Entwicklungen Italiens betrachtete.

Punkten kann Ratti sicherlich mit dem „Venice Living Lab“. Unter diesem Label wird er einige Projekte zeigen, die über ganz Venedig verstreut sein werden, da der zentrale Pavillon in den Giardini dieses Jahr wegen Sanierungsarbeiten nicht nutzbar ist. In diesem Zusammenhang zeigte er zum Abschluss der gestrigen Pressekonferenz das Konzept für eine dezentrale, ökologische Filteranlage „Canal Café“. Mit deren Hilfe soll das Wasser aus der Lagune so gut gereinigt werden, dass daraus der beste Espresso der Welt gekocht werden könne. Größer könnte der Unterschied zur letzten Biennale – als Lesley Lokko auf postkoloniale Themen, künstlerische Ansätze und Afrika fokussierte – nicht sein. (gh)


Zum Thema:

Mit seinem Büro Carlo Ratti Associati (Turin) hat Ratti im letzten Jahr in Montechiarugolo eine Firmenkantine fertiggestellt – mit einem Boden aus Tomatenhäuten und einem Dach aus verdichteter Erde.