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Was sich einem Bauherrn – auch als technischem Laien – aufdrängen muss

Wird eine zweischalig geplante Wand aus Kostengründen auf Anordnung des Bauherrn hin einschalig ausgeführt, muss sich dem Bauherrn – auch als technischem Laien – aufdrängen, dass dies den Wärme- und Schallschutz verändert.


Hintergrund
Der Architekt haftet bei Verletzung vertraglicher oder sonstiger Verpflichtungen.

Eine Haftung des Architekten kann aufgrund besonderer Umstände eingeschränkt oder ausgeschlossen sein.

Eine Einschränkung oder ein Ausschluß der Haftung kann sich ergeben, wenn der Bauherr auf eigene Gefahr handelt.
Beispiel
(nach OLG Oldenburg , - Beschlüsse vom 23.07.2021 sowie 30.06.21 – 2 U 111/21, BGH, Beschluss vom 12.01.2022 – VII ZR 816/21 NZB zurückgenommen )
Ein Bauherr beabsichtigt, eine gewerbliche Halle mit Büro- und Betriebsleiterwohnungen zu errichten. In dem Objekt werden teilweise Innenwände entgegen der Planungsunterlagen einschalig statt zweischalig ausgeführt. Nach Fertigstellung nutzt der Bauherr die Räumlichkeiten mehrere Jahre beanstandungslos. Schließlich wendet er sich gegen den Architekten und nimmt diesen wegen unzureichendem Wärme- und Schallschutz in Haftung. Nach einer Beweisaufnahme steht fest, dass der Bauherr, der insgesamt sehr auf Kosteneinsparung bei dem Bauwerk bedacht war, selbst gegenüber dem Rohbauunternehmer die einschalige Ausführung angeordnet hatte. Ungeachtet dessen beanstandet der Bauherr, er sei unzureichend aufgeklärt worden.

Das Oberlandesgericht Oldenburg weist die Schadensersatzforderung des Bauherrn gegenüber dem Architekten zurück. Das Isolationsverhalten der Wandausführungen sei im unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang mit der Herstellung der Wände Gegenstand der Gespräche zwischen den Parteien auf der Baustelle gewesen. Es sei ausdrücklich darüber gesprochen worden, aus Kostengründen, die dem Kläger wichtig waren, statt der zweischaligen eine einschalige Ausführung vorzunehmen. Dem Bauherrn musste sich in dieser Situation auf der Baustelle geradezu aufdrängen, dass ein einschaliges Mauerwerk den Wärme- und Schallschutz verändere. Anders könne auch ein technischer Laie ein derartiges Gespräch, dass auch das Isolationsverhalten zum Gegenstand hatte, nicht verstehen. Im Übrigen sei es auch vollkommen unverständlich, dass der Bauherr während mehrerer Jahre der Nutzung keinerlei Rüge gegenüber dem Architekten ausgesprochen habe.

Hinweis
Das Gericht ist hiermit seiner Interpretation dessen, was sich einem Bauherrn aufdrängen muss, relativ weit gegangen, offenbar aufgrund der besonderen Umstände des Einzelfalls. In der Regel ist es Architekten allerdings zu raten, ihre Hinweise betreffend solcher Sachverhalte, die sich einem Bauherrn normalerweise nicht ohne Weiteres erklären, schriftlich festzuhalten. Die Erläuterung muss so klar, detailliert und ausführlich sein, dass dem Bauherrn alle möglichen Konsequenzen aus seiner Entscheidung bewusst werden.



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Rechtsanwälte Reuter Grüttner Schenck