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Haftung des Planers für Rückforderung von Fördermitteln bei fehlerhaftem  Vergabeverfahren

Verletzt ein von einem öffentlichen Auftraggeber mit der Vergabe beauftragter Planer seine Pflichten und begründen diese Pflichtverletzungen eine Rückforderung von Fördermitteln durch den Fördermittelzuwender, so steht dem öffentlichen Auftraggeber ein entsprechender Regressanspruch gegenüber dem Planer zu.

Hintergrund
Der Architekt haftet bei Verletzung vertraglicher oder sonstiger Verpflichtungen.

In den Leistungsphasen 6 und 7 schuldet der Architekt eine ordnungsgemäße Vorbereitung und Mitwirkung bei der Vergabe.
Beispiel
(nach OLG Naumburg , Urt. v. 16.12.2022 - 7 U 40/22)
Eine kleinere Stadt möchte das Dach des Dorfgemeinschaftshauses erneuern lassen. Es beabsichtigt, hierzu Fördermittel aus einem EU-Programm in Anspruch zu nehmen. Tatsächlich bewilligt der Zuwendungsgeber eine Zuwendung für Bauleistungen von rund Euro 35.000 unter der Voraussetzung, dass insbesondere die vergaberechtlichen Bestimmungen, u. a. gemäß der Vergabegrundsätze der Landesregierung, einzuhalten seien. Die Stadt beauftragte daraufhin, da sie über eine eigene Vergabestelle nicht verfügt, ein Ingenieurbüro u. a. auch mit den Leistungsphasen 6 und 7 Objektplanung Gebäude gemäß § 35 HOAI 2013 für das genannte Bauvorhaben.

Nach Durchführung des Vorhabens widerruft der Zuwendungsgeber den Zuwendungsbescheid wegen erheblicher Mängel des Vergabeverfahrens. U. a. verletzte der Planer seine Leistungspflichten, indem er
  • bei der Zusammenstellung der Vergabeunterlagen nicht die Blanko-Formblätter zufügte, nach denen die Bieter die von Ihnen geforderten Formularerklärungen abgeben sollten. Vielmehr forderte er die Bieter auf, sich die Unterlagen aus dem Internet herunterzuladen. Diese Vorgehensweise sei wettbewerbswidrig, denn sie sei geeignet, Bieter von der Teilnahme am Vergabeverfahren abzuhalten, im Übrigen verstoße die Vorgehensweise gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz. Tatsächlich gaben Bieter Angebote mit Formularerklärungen ab, die von den geforderten und zwingend vorgegebenen Formularerklärungen abwichen, weil sie unzutreffende Formularbögen verwendeten,
  • – nachdem er die rechnerische Unrichtigkeit des Gesamtpreises eines Angebotes aufgedeckt und die Bieterin zur Aufklärung aufgefordert hatte – es zuließ, dass die Bieterin eine nachträgliche – reduzierende – Änderung des Einheitspreises vornehmen konnte. Die Veränderung der Preisangaben nach dem Ablauf der Angebotsfrist verstoße gegen das für das Verfahren der öffentlichen Ausschreibung essenzielle Nachverhandlungsverbot und führe zu einer Ungleichbehandlung der Bieter,
  • eine unzulässige Änderung der Vergabeunterlagen durch den Bieter, hier die Änderung einer zwingenden technischen Leistungsvorgabe, nicht aufzeigte und in seinem Wertungsbericht das – zwingend auszuschließende – Angebot zur Auswahl für die Zuschlagserteilung empfahl. 


Die Stadt fordert nunmehr 75 % des nicht gewährten Zuwendungsbetrages, rund Euro 26.000, von dem Planer als Schadensersatz (25 % lässt sie sich von vornherein als Mitverschulden anrechnen, vgl. hierzu Parallelbesprechung).

Das Gericht gibt der Klage ohne weiteres statt. Es prüft dabei zunächst die von dem Zuwendungsgeber geltend gemachten Mängel des Vergabeverfahrens und erkennt diese als Pflichtverletzungen des Planers an. Eine Fristsetzung zur Beseitigung der Mängel wäre im Übrigen entbehrlich, weil zur Zeit der Anhörung der Stadt durch den Zuwendungsgeber eine Mangelbeseitigung nicht mehr möglich war. Das Vergabeverfahren war bereits abgeschlossen. Die aus den Pflichtverletzungen des Planers resultierenden Vermögensschäden der Stadt seien durch diese zutreffend angegeben worden und bestünden (anteilig) in dem Betrag der auf die Bauleistungen entfallenden und zurückgeforderten Fördermittel.

Hinweis
Der Planer hatte sich u. a. auch mit dem Argument verteidigt, er dürfe vor dem Hintergrund des Rechtsdienstleistungsgesetzes als Nichtjurist eine entsprechend tiefgehende Beratung der Stadt überhaupt nicht übernehmen, weshalb ihm ein Vorwurf nicht zu machen sei. Das Gericht wies allerdings den beklagten Planer darauf hin, dass die Übernahme der Organisation und Abwicklung des Vergabeverfahrens grundsätzlich eine zulässige rechtsberatende Nebenleistung des Planers sei.

Kontakt
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Rechtsanwälte Reuter Grüttner Schenck