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Gehören unsichere Kosten in die Kostenverfolgung?

Kosten aus einer Nebenbestimmung zur Baugenehmigung, über deren Befreiung man noch mit der Bauaufsicht verhandelt, gehören gleichwohl in die Kostenverfolgung.
Hintergrund
Der Architekt haftet bei Verletzung vertraglicher oder sonstiger Verpflichtungen.

Ein Sonderbereich der Architektenhaftung stellt die Haftung für Bausummenüberschreitungen dar.

Voraussetzung einer Haftung wegen Bausummenüberschreitung ist zunächst eine Pflichtverletzung des Architekten.
Beispiel
(nach OLG Brandenburg, Urteil vom 17.4.2025 – 10 U 11/24 , )
Für ein Bauvorhaben mit 50 Wohnungen wird eine Baugenehmigung erteilt. Die Baugenehmigung weist Nebenbestimmungen zum Brandschutz auf, unter anderem den Einbau einer Brandmeldeanlage für die Tiefgarage sowie eines Funkfeldverstärkers für die Feuerwehr. Die Bauherrin bemüht sich bei der Bauaufsicht, von diesen Nebenbestimmungen befreit zu werden. Währenddessen erstellt der Architekt eine Kostenverfolgung, welche die zusätzlichen Kosten der Brandmeldeanlage sowie des Funkfeldverstärkers nicht enthält. Später kommt es zu einer erheblichen Überschreitung der aus der Kostenverfolgung hervorgehenden Kosten. Die Bauherrin nimmt den Architekten auf Schadensersatz in Anspruch. Der Architekt wendet unter anderem ein, die Kosten für den zusätzlichen Brandschutz hätten zum Zeitpunkt seiner Kostenverfolgung noch nicht fest gestanden.

Das OLG Brandenburg sieht in dem Argument des Architekten keine Entlastung für dessen Haftung. Der Architekt könne sich nicht darauf berufen, dass eine Erhöhung der Baukosten durch die Brandschutz-Anlagen nicht absehbar gewesen sei und deshalb nicht in die Kostenverfolgung aufzunehmen war. Selbst wenn die Bauherrin nach Erteilung der Baugenehmigung versucht habe, eine Befreiung von diesen Nebenbestimmungen zu erreichen, konnte sich der Architekt nicht darauf verlassen, dass die Bauherrin Erfolg haben würde. Diese Kosten seien damit zu mindestens als Eventualposition ebenfalls in die Kosten Verfolgung einzustellen.

Hinweis
Ob der Begriff „Eventualposition“, welcher eher aus der Vergabe/Ausschreibung von Bauleistungen bekannt ist, ganz treffend ist, darüber kann man sich vielleicht streiten. Im Ergebnis jedenfalls richtig dürfte sein, dass ein Architekt verteuernde Auflagen/Nebenbestimmungen aus einer Baugenehmigung für die weitere Kostenverfolgung (gegebenenfalls das bepreiste Leistungsverzeichnis oder den Kostenanschlag) nicht außer Acht lassen kann, solange nicht sicher ist, dass die Bauaufsicht auf die entsprechenden Auflagen verzichtet. Andersherum muss er auch nicht ohne weiteres Kosten für Maßnahmen in die Kostenverfolgung aufnehmen, über die der Bauherr bisher nur spekulativ nachsinnt, die aber in der Planung noch gar nicht enthalten sind. Ist sich der Architekt im Einzelfall unsicher, ist ein Gespräch mit dem Bauherrn anzuraten; des Weiteren kann die unsichere Position mit einer Bemerkung in der Kostenverfolgung versehen werden.