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Fehler der Ausführungsplanung bereits in der Genehmigungsplanung eines Drittplanes angelegt: Ausführungsplaner entlastet?

Der mit der Ausführungsplanung betraute Architekt hat die von einem anderen Architekten gefertigte Genehmigungsplanung kritisch zu hinterfragen und etwaige Mängel in seiner Planung abzuändern; unterlässt er dies, hat er nach Ansicht des OLG Stuttgart für die Mängel seiner Ausführungsplanung unbeschränkt einzustehen.

Hintergrund
Der Architekt haftet bei Verletzung vertraglicher oder sonstiger Verpflichtungen.

Sind neben dem Architekten noch weitere Beteiligte für einen Schaden verantwortlich, so bestimmt sich die Haftung eines jeden nach seinen ihn im Verhältnis zu den anderen treffenden Pflichten.

Zur Abgrenzung der Pflichten von Architekt und Architekt.
Beispiel
(nach OLG Stuttgart , Urt. v. 28.03.2023 - 10 U 29/22)
Für mehrere Doppelhaushälften wird eine Genehmigungsplanung erstellt. Bereits diese Planung gibt vor, dass die Doppelhaushälften Flachdächer in Holzkonstruktion mit einer extensiven Begrünung und einer raumseitigen Dampfsperre erhalten sollen, eine sogenannte Dicht-Dicht-Konstruktion. Der für die Leistungsphasen 5-8 beauftragte Architekt übernimmt in seiner Ausführungsplanung die Konstruktion und detailliert diese. Später stellt sich heraus, dass die Konstruktion nicht den anerkannten Regeln der Technik entspricht und dies auch im Jahr der Beauftragung des Architekten bereits bekannt war. Die Bauherren nehmen den Architekten auf Schadensersatz in Anspruch. Dieser wendet u. a. ein, die Bauherren müssten sich das Planungsverschulden des Architekten, der die Genehmigungsplanung erstellt habe, als eigenes Verschulden zurechnen lassen – weshalb der Anspruch gegen ihn entsprechend zu kürzen sei.

Das OLG Stuttgart schließt sich der Auffassung des Architekten nicht an. Der mit der Ausführungsplanung betraute Architekt habe die von einem anderen Architekten gefertigte Genehmigungsplanung kritisch zu hinterfragen und etwaige Mängel in seiner Planung abzuändern bzw. den Auftraggeber hierüber aufzuklären. Tue er dies nicht, habe er für die Mängel seiner Ausführungsplanung unbeschränkt einzustehen. Ein Mitverschuldenseinwand scheide aus.

Hinweis
Der Pauschalität, in der das OLG Stuttgart den Mitverschuldenseinwand in der vorbeschriebenen Formulierung zurückweist, dürfte nicht ohne weiteres zu folgen sein. Vielmehr ist jeder Einzelfall gesondert zu betrachten. In dem Fall, der dem Urteil des OLG Hamm vom 28.01.2021 zugrunde lag, hatte ein planender Architekt eine fehlerhafte Genehmigungsplanung erstellt, in welcher u. a. Bewegungsflächen unter Berücksichtigung der geschuldeten Barrierefreiheit unzureichende Größe hatten. Dieser Fehler wurde von dem folgenden Architekten in dessen Ausführungsplanung übernommen. Hier erkannte das OLG Hamm auf eine Mitverschuldensquote (die der Bauherr sich anrechnen lassen musste) i.H.v. 50 %. Das könnte der Höhe nach zwar diskutiert werden, im Grunde erscheint die Zurechnung eines Mitverschuldens aber nicht von vornherein unberechtigt. Denn die Größe der Flächen werden grundsätzlich bereits in der Entwurfsplanung festgelegt.

Anders mag das in dem oben besprochenen Fall des OLG Stuttgart sein: Denn der Dachaufbau wird naturgemäß in der Ausführungsplanung im Detail erstellt. Hier ist es nicht Aufgabe der Genehmigungsplanung, den Dachaufbau schon im Einzelnen festzulegen. Insofern erscheint es richtig, hier entweder nur einen geringen oder keinen Mitverschuldenseinwand zuzulassen.