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Darf Haftpflichtversicherung Deckung bei Bauen ohne Baugenehmigung verweigern?

Die Risikoausschlussklausel, wonach sich der Versicherungsschutz nicht auf Schäden erstreckt, die der Versicherungsnehmer durch ein bewusst pflichtwidriges Verhalten verursacht hat, ist verwirklicht, wenn der versicherte Architekt ohne die erforderliche Genehmigung oder abweichend von genehmigten Bauplänen Bauarbeiten beginnen bzw. ausführen lässt.
Hintergrund
Der Architekt haftet bei Verletzung vertraglicher oder sonstiger Verpflichtungen.

Soweit ein Architekt eine Haftpflichtversicherung abgeschlossen hat, besteht Haftpflichtversicherungsschutz für seine freiberufliche Tätigkeit nach Maßgabe des Versicherungsvertrages.

In den Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Versicherungsverträge (AHB; BBR/Arch) sind Fälle bestimmt, in denen ein Versicherungsschutz ausgeschlossen ist.
Beispiel
(nach OLG Saarbrücken , Urt. v. 15.04.1992 - (Beschluss) - 5 U 105/88 -, VersR 1993, 85)
Ein Architekt wurde mit der Planung und der Bauleitung für ein Wohn- und Geschäftshaus beauftragt. Bei dem Vorhaben war nach den städtebaulichen Gegebenheiten die Höhe der Nachbarfirste zu übernehmen. Fehlerhaft nahm der Architekt allerdings die Firste der Nachbarhäuser höher als tatsächlich gegeben an. Die vom Architekten - fehlerhaft - eingereichte Genehmigungsplanung wurde seitens der Baubehörde genehmigt. Im Rahmen der Erstellung der Ausführungspläne bemerkte der Architekt den ihm unterlaufenen Fehler. Der Architekt glich daraufhin seine Planung an die wirkliche Firsthöhe der Nachbarhäuser an. Die geänderte Planung legte er der Baubehörde nicht zur Genehmigung vor. Als das Vorhaben bis auf Teile der Dachabdeckung im Rohbau fertiggestellt war, ordnete die Bauaufsichtsbehörde die Einstellung der Bauarbeiten an. Später wurde die geänderte Planung genehmigt und das Bauvorhaben zu Ende geführt. Der Bauherr nahm den Architekten in Höhe von ihm entstandenen Mehrkosten in Haftung. Die Mehrkosten beruhten zum einen auf der Tatsache, dass die ursprüngliche Planung fehlerhaft gewesen war, zum anderen auf der Tatsache, dass die vom Architekten geänderte Planung der Behörde nicht zur Genehmigung vorgelegt war. Die vom Architekten auf Zusage des Deckungsschutzes in Anspruch genommene Haftpflichtversicherung will Deckungsschutz lediglich im Hinblick auf die durch den Planungsfehler entstandenen Mehrkosten, nicht aber im Hinblick auf die durch das Bauen ohne Baugenehmigung entstandenen Mehrkosten gewährleisten.

Eine entsprechende Klage des Architekten auf Zusage des Deckungsschutzes wird von dem OLG Saarbrücken abgewiesen. Die Versicherung sei entsprechend der Pflichtwidrigkeitsklausel berechtigt gewesen, den Deckungsschutz zu verweigern. Erforderlich für das Vorliegen eines pflichtwidrigen Verhaltens sei ein objektiver Verstoß und das Bewusstsein des Architekten, mit seinem Verhalten gegen die Vorschriften verstoßen zu haben. Bei dem Architekten habe Kenntnis vorzuliegen, wie er sich hätte verhalten müssen. Habe ein Architekt allerdings gegen solche Regeln verstoßen, die zum "Primitivwissen" eines jeden Architekten gehörten, so lasse dies nach der Lebenserfahrung den Schluss darauf zu, dass dieser Verstoß auch bewusst erfolgt sei. Ein Verstoß gegen Regeln, die zum "Primitivwissen" eines jeden Architekten gehörten, sei anzunehmen, wenn der Architekt ohne die erforderliche Genehmigung oder bei Abweichung von genehmigten Bauplänen Bauarbeiten beginnen oder ausführen lasse.
Hinweis
Nach den Landesbauordnungen wird Bauen ohne Baugenehmigung (oder Bauen unter Abweichung von genehmigten Plänen) mit teilweise erheblichen Bußgeldern bedacht (nach der Landesbauordnung NRW Fassung 6/2000 z. B. bis zu DM 500.000,00). Bußgeldpflichtig kann hierbei nicht nur der Bauherr, sondern ggf. auch sein Architekt werden.

Kontakt
Für weitere Informationen wenden Sie sich bitte an die Kanzlei:
Rechtsanwälte Reuter Grüttner Schenck