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Bautagebuch führen heißt nicht Bautagebuch aushändigen!

Haben die Parteien die Grundleistungen insbesondere der Leistungsphase 8 der Objektplanung vereinbart, schuldet der Architekt das Führen eines Bautagebuches. Das Aushändigen eines Bautagebuches ist nicht geschuldet.
Hintergrund
Der Architekt haftet bei Verletzung vertraglicher oder sonstiger Verpflichtungen.

Neben Pflichten zur Überwachung und Rechnungsprüfung treffen den Architekten in der Leistungsphase 8 auch noch sonstige Pflichten.
Beispiel
(nach KG Berlin , Urt. v. 14.02.2012 - 7 U 53/08)
Der Architekt wird mit Vollarchitektur unter Bezugnahme auf die Leistungsphasen und Grundleistungen der HOAI beauftragt. Der Bauherr wendet auf die Abrechnung des Architekten ein, dass die Leistungen nicht vollständig erbracht seien und mindert das Honorar. Mit seiner Ansicht der umfangreichen Leistungsverpflichtung setzt sich der Auftraggeber zunächst durch. Entgegen seiner Ansicht muss der Architekt aber das Bautagebuch nicht aushändigen. Es genügt, dass der Architekt nachweist, ein Bautagebuch geführt zu haben. Insoweit setzt sich der Auftraggeber mit seinem Minderungsanspruch bezüglich des Honorars des Architekten nicht durch.
Hinweis
Die Rechtsprechung des BGH zum Umfang der vom Architekten zu erbringenden Leistungen (vgl. zu vorstehendem Fall BGH, Urteil vom 28.07.2011, VII ZR 65/10 sowie BGH, Urteil vom 24.06.2004, VII ZR 259/02) zeigt die Schwächen des § 15 HOAI a. F. bzw. der Anlage 11 zu den §§ 33 und 38 Abs. 2 HOAI auf, wenn diese als Leistungsinhalt vereinbart geltend sollen. Ob es überraschend ist, dass lediglich das Führen und nicht das Aushändigen eines Bautagebuches geschuldet ist, dürfte insoweit irrelevant sein, weil es lediglich um die Definition einer Leistung und nicht einer Vertragsklausel gilt. Diese Betrachtungsweise führt aber auch bei anderen Grundleistungen zu entsprechenden Fragestellungen, wie beispielsweise das Aufstellen und Überwachen eines Zeitplanes (Balkendiagramm). Einen anderen Zeitplan müsse der Architekt danach weder Aufstellen noch Überwachen. Sollte doch von einer solchen Verpflichtung ausgegangen werden, müsste an eine besondere Leistung gedacht werden. Die HOAI als zwingendes Leistungskorsett mit den Grundleistungen als Teilerfolge zu vereinbaren ist auch unter dem Aspekt fraglich.

Kontakt
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Rechtsanwälte Reuter Grüttner Schenck