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Baumängel erst nach einiger Zeit zu gestiegenen Kosten beseitigt: Mitverschulden des Auftraggebers?

Zwar kann den Auftraggeber ein Mitverschulden treffen, wenn er Baumängel erst nach längerer Zeit zu dann gestiegenen Kosten beseitigen lässt; allein der Umstand, dass die Baukosten gestiegen sind, begründet ein Mitverschulden jedoch nicht.


Hintergrund
Der Architekt haftet bei Verletzung vertraglicher oder sonstiger Verpflichtungen.

Eine Haftung des Architekten kann aufgrund besonderer Umstände eingeschränkt oder ausgeschlossen sein.

Eine Einschränkung oder ein Ausschluß der Haftung kann sich ergeben aufgrund eines Mitverschuldens des Bauherrn.
Beispiel
(nach OLG Düsseldorf , - Urteil vom 27.04.2021 – 23 U 106/20 -)
Ein Bauherr nimmt einen Architekten wegen fehlerhafter Planung und Bauaufsicht betreffend einer Treppenanlage in Anspruch. Für die erforderliche Mängelbeseitigung liegt dem Auftraggeber Mitte 2017 ein Angebot vor. Er wartet jedoch ab und beauftragt später ein anderes Unternehmen zu einem teureren Preis. Der Architekt macht gegenüber der Inanspruchnahme nunmehr geltend, im Hinblick auf die Teuerung des Angebotes aufgrund der späteren Beauftragung liege ein Mitverschulden des Auftraggebers vor, weshalb er – der Architekt – insoweit nicht in Anspruch genommen werden könne.

Das OLG Düsseldorf folgt der Argumentation des Architekten im Ergebnis nicht. Zwar sei es richtig, dass einen Auftraggeber ein Mitverschulden treffen könne, wenn er Mängel erst nach längerer Zeit zu dann gestiegenen Kosten beseitigen lasse. Allein der Umstand, dass die Baukosten gestiegen seien, begründe ein Mitverschulden jedoch nicht (BGH, Urteil vom 22.01.2004 - VII ZR 426/02). Vielmehr lasse sich die Frage, ob ein Geschädigter gegen seine Pflichten zur Schadensminderung verstoße, sofern er den Schaden an einem Bauwerk im Hinblick auf gestiegene Baukosten nicht unverzüglich beseitige, nur unter Berücksichtigung aller maßgebenden Umstände des Einzelfalls beantworten. Unter anderem sei der Zeitraum zu bestimmen, in dem dem Geschädigten die Beseitigung möglich und zumutbar war. Weiter gehöre dazu die Feststellung der Entwicklung der Baupreise, aber auch der allgemeinen Lebenshaltungskosten, denn eine Schadenserhöhung zu Lasten des Schädigers könne grds. nur in der Differenz zwischen der Steigerung der Baupreise und derjenigen der allgemeinen Lebenshaltungskosten bestehen.

Hinweis
Das Gericht begründet das Zurückweisen des Mitverschuldeneinwands hier mit einem Verhalten des Architekten selbst: dem Besteller sei eine Mängelbeseitigung Mitte 2017 noch nicht zumutbar gewesen; denn der Architekt habe die Erforderlichkeit von einer Planung bzw. Überwachung der Mängelbeseitigung bestritten; ohne dass die Begleitung der Mängelbeseitigungsarbeiten durch einen Architekten hinreichend sichergestellt war, war aber der Auftraggeber nicht gehalten, die Arbeiten unmittelbar in Auftrag zu geben.