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Architekt muß für den Bauherrn mitdenken

Zielvorstellungen des Bauherrn, auch wenn diese nicht ausdrücklich geäußert werden, sondern sich lediglich im Verlaufe der Planung zeigen, hat der Architekt zu berücksichtigen und über Möglichkeiten zu deren Verwirklichung aufzuklären.
Hintergrund
Der Architekt haftet bei Verletzung vertraglicher oder sonstiger Verpflichtungen.

In den Leistungsphasen 1 - 5 führen Planungsfehler zu einer Haftung des Architekten.

Ein Planungsfehler kann u.a. vorliegen, wenn die Planung von der vereinbarten Gebrauchstauglichkeit abweicht; der Architekt ist grds. an Bauherrnwünsche gebunden.
Beispiel
(nach BGH , Urt. v. 08.01.1998 - VII ZR 141/97 -; BauR 1998, 356)
Im Rahmen der Sanierung eines Mietshauses sollte in einen vorhandenen Lichtschacht ein Personenaufzug eingebaut werden. Nachdem zunächst geplant war, die Zugänge zum Aufzug beginnend vom EG vom Nebentreppenhaus anzuordnen, sollte später der Zugang vom Haupttreppenhaus möglich werden. Ein Zugang zum Aufzug vom Haupttreppenhaus war aber bauwerksbedingt nur ab dem 1. OG möglich. Über die (technische aufwendige) Möglichkeit eines Fahrstuhlkorbs mit zwei über Eck angeordneten Zugängen (im EG über das Neben-, im 1.OG über das Haupttreppenhaus) hat der beauftragte Architekt nicht aufgeklärt. Die Bauherrn machen Schadensersatz aufgrund der nachträglichen Änderung der Fahrstuhlanlage gegen den Architekten geltend.

Das OLG hatte die Klage abgewiesen. Wenn die Bauherrn entgegen der baulichen Gegebenheiten an einem Zugang im EG hätten festhalten wollen, so hätten sie den Architekten mit dieser Planung ausdrücklich beauftragen müssen.

Der BGH hob dieses Urteil auf. Der Architekt habe die Bauwünsche seines Auftraggebers zu ermitteln und entsprechend zu planen. Diese Pflicht habe der Architekt hier verletzt. Dem Architekten sei aufgrund der ursprünglichen Planung bekannt gewesen, daß die Bauherrn einen Zugang zum Fahrstuhl bereits im EG wünschten. Wenn die Bauherrn nachträglich einen Zugang zum Fahrstuhl über das Haupttreppenhaus verlangten, von wo bauwerksbedingt einen Zugang erst im 1. OG möglich war, hätte der Architekt die Bauherrn darüber aufklären müssen, daß beide Zielvorstellungen mittels eines Fahrstuhlkorbs mit zwei über Eck angeordneten Zugängen gemeinsam zu verwirklichen seien.
Hinweis
Zur Rechtsprechungsentwicklung im Hinblick auf die Pflicht des Architekten, Bauherrnwünsche zu berücksichtigen, siehe Hinweis bei: Haftung / .. / optimale Nutzbarkeit des Gebäudes

Kontakt
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Rechtsanwälte Reuter Grüttner Schenck