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09.02.2023

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Open for Maintenance

Konzept für Deutschen Pavillon auf der Biennale in Venedig vorgestellt


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Heute Mittag stellte das kuratorische Team des Deutschen Pavillons auf der diesjährigen Biennale in Venedig sein Konzept vor. Die Ausstellung mit dem Titel „Open for Maintenance – Wegen Umbau geöffnet“ widmet sich den Themen Recycling und Reparieren. Der Pavillon wird kein Ausstellungsraum wegweisender Projekte sein. Vielmehr soll er eine große Werkstatt werden, in der fast ausschließlich mit wiederverwendeten Materialien der letzten Kunstbiennale gearbeitet wird.

Von Gregor Harbusch

Kuratiert wird der Deutsche Pavillon dieses Jahr von einem Team aus Theorie und Praxis. Verantwortlich sind die Berliner Zeitschrift ARCH+, das Leipziger Büro Summacumfemmer und Büro Juliane Greb aus Gent. Letztere haben mit ihrem genossenschaftlichen Wohnhaus San Riemo in München einiges Aufsehen erregt. In Venedig wird es jedoch weder um trockenen Diskurs noch um Wohnexperimente gehen, sondern um eine sinnliche Umsetzung des allgegenwärtigen Themenkomplexes zirkuläres Bauen und architektonisches Reparieren sowie den damit zusammenhängenden Aspekten sozialer und städtischer Verantwortung.

Konzeptionell geht es um die drängenden Fragen des zukünftigen Bauens, konkret zeigt sich der Ansatzpunkt der Kurator*innen maximal lokal. Ausgehend von der Beobachtung, dass die Ausstellungsarchitekturen jeder Biennale tonnenweise Müll hinterlassen, sammelte das kuratorische Team nach Ende der letzten Kunstbiennale Materialien aus Dutzenden Länderpavillons und dem Arsenale ein und brachten diese in den Deutschen Pavillon.

Noch einen Schritt weiter ging man beim eigenen Pavillon. Maria Eichhorns Arbeit der letzten Kunstbiennale „Relocating a Structure“ – eine kritische Archäologie des historisch kontaminierten Hauses – wurde nicht rückgebaut, sondern in die jetzige Ausstellung integriert. Diese wiederum wird allein aus den eingesammelten Materialien realisiert und soll ganz praktisch zeigen, um was es bei dem vielschichtigen und anspruchsvollen Thema Recycling und Reparatur geht. Eine klassische Architekturausstellung wegweisender Projekte wird es also nicht geben. In diesem Aspekt unterscheidet sich die Ausstellung ganz fundamental vom Beitrag „Reduce, Reuse, Recyle“ aus dem Jahr 2012, als ein Team um Muck Petzet das Thema erstmals in den Deutschen Pavillon brachte und damit Pionierarbeit leistete.

Neben einem breiten Bündnis internationaler Kooperationspartner werden die Kurator*innen im Werkstattprogramm „Maintenance 1:1“ mit Studierenden und Auszubildenden arbeiten sowie mit örtlichen Initiativen kooperieren, um die soziale und lokale Dimension des Rezyklierens und Reparierens greifbar zu machen. Eine davon ist die venezianische Initiative Rebiennale/R3B, die sich seit 2017 mit der Wiederverwendung der Materialien beschäftigt, die auf den Biennalen übrigbleiben. Mit Rebiennale wollten bereits die Kurator*innen des deutschen Pavillons vor zwei Jahren ursprünglich zusammenarbeiten; wegen der Pandemie konzentrierten sie sich jedoch letztlich auf den digitalen Raum.

Ein weiterer lokaler Kooperationspartner ist die Assemblea Sociale per la Casa, die leerstehende Wohnbauten (ja, auch das gibt es in Venedig!) unter stillschweigender Duldung der Kommune besetzen und sanieren. Die gesammelten, gereinigten und inventarisierten Materialien werden also nicht nur im eigentlichen Pavillon verwendet, sondern sollen über die Kooperationen auch in die Stadt gebracht und dort verwendet werden. Es gehe nicht um Repräsentation, sondern um die Umsetzungen des Themenkomplexes im Maßstab 1:1, betonten die Kurator*innen auf Nachfrage, um anschließend zu ergänzen, dass man das Thema auf allen Maßstabsebenen der Architektur diskutieren wolle – und nicht auf DIY-Ästhetik setzen werde.

Vor zwei Jahren war der Deutsche Pavillon von einem Team um Arno Brandlhuber, Olaf Grawert, Nikolaus Hirsch und Christopher Roth  verantwortet worden. Unter dem Titel „2038 – The New Serenity“ wagten die Kurator*innen einen optimistischen Rückblick aus dem Jahr 2038 auf unsere Gegenwart und erzählten in fiktiven Geschichten, wie die vielfältigen globalen Krisen unserer Zeit im Laufe der 2020er und 30er gelöst werden konnten. Wer trotz pandemischer Lage nach Venedig kam, sah sich mit einem komplett leeren Pavillon konfrontiert, da das Projekt primär über Filme im Netz funktionierte. Nach allem, was man heute erfahren hat, dürfte der Gegensatz zwischen den spekulativen globalen Narrationen im digitalen Raum, die vor zwei Jahren im Deutschen Pavillon zu sehen war, und dem diesjährigen Fokus auf Materialität, Lokalität und kleinmaßstäblicher Praxis gewaltig sein.

Die Auswahl des kuratorischen Teams war im Juli letzten Jahres bekannt gegeben worden. Die 18. Architekturbiennale findet vom 20. Mai bis 26. November 2023 statt und von der ghanaisch-schottischen Architektin Lesley Lokko kuratiert. In der von ihr verantworteten Hauptausstellung in den Giardini und im Arsenale wird Lokko unter dem Titel „The Laboratory of the Future“ schwerpunktmäßig Afrika thematisieren.


Zum Thema:

Weitere Informationen zum Deutschen Pavillon 2023 auf openformaintenance.net.


Kommentare

12

Die Architektur ist tot | 10.02.2023 13:56 Uhr

Anton Schedlbauer


Das trifft es genau. Von der Moderne über die Postmoderne zum Dekonstruktivismus zur Nichtarchitektur.

Es lebe die Generation Z!

11

Leo | 10.02.2023 13:01 Uhr

1-2-3

Wer dann zufrieden ist mit der aktuellen Gestalt des Pavillions ist eingeladen sich festzukleben.
Für Sekundenkleber ist gesorgt. Ganz liebe grüße aus meinem VW id 3.

10

andreas p | 10.02.2023 12:53 Uhr

thema und kontex

Der deutsche Beitrag ist wichtig, jedoch erinnert er mich etwas an den Beitrag von Japan 2022. Ich persönlich vermisse die Innovation und Kreativität, was die Zukunft angeht. Es ist ja schön, künstlerische und abstrakt zu denken. Wo sind sie, die Vordenker und Macher, die Modelle der Zukunft.

9

Christian Richter | 10.02.2023 11:16 Uhr

Mehr von Nichts?

Die Arbeit der von Maria Eichhorn, die schon nicht mehr zeigte als ein "absichtliches Nichts", und sich auf das Freilegen des bereits Vorhandenen beschränkte, wird nun das Vorhandene von draußen eingesammelt. Besonders ambitioniert wirkt das nicht, eher wie ein künstlerisches Erstarren im Angesicht einer zu komplexen Welt. Nun ist das ganze aber nicht fertig, insofern warten wir besser ab.

8

Baumeister | 10.02.2023 10:34 Uhr

Achtsamkeit ist mega fein für mich....


...wird doch ein schönes Bild Deutschlands. Man verwertet was übrig bleibt, kocht sein eigenes Süppchen und entwickelt keine zukunftsträchtigen Ideen.
Ökologisch wirksam wie der Verzicht auf Strohhalme während eines Interkontinentalflugs...

7

Thomas S. | 10.02.2023 10:33 Uhr

Ein' Frage hab ich...

Müll zusammentragen repräsentiert Deutschland und die überwiegende Architekturproduktion wohl sehr gut.
Was passiert mit den "Spolien" danach?

6

ixamotto | 09.02.2023 23:26 Uhr

vw + arch+

die wahl des trikotsponsors illustriert doch eigentlich ganz schön nicht nur das fehlende vermögen zu einer viel konsequenteren gesellschaftstheorie-als-gesellschaftkritik, sondern auch die widersprüche, in denen schon der versuch, etwas annähernd ähnliches zu praktizieren, mündet, angesichts der verwertungszwänge, denen auch die "führende diskursive zeitschrift für architektur und urbanismus" im sogenannten spätkapitalismus unterworfen ist.

5

auch ein | 09.02.2023 21:05 Uhr

Architekt

Für die Themen Recycling und Reparieren wurde mit VW genau der richtige Hauptsponsor gefunden. Das diskreditiert leider den gesamten inhaltlichen Anspruch. Schade, Arch+.

4

Bunter Mund | 09.02.2023 20:02 Uhr

...

...

3

Hinrich Schoppe | 09.02.2023 18:38 Uhr

Studentenarbeit

Schöne Idee!
So etwas haben wir mal an der Uni auch gemacht, natürlich streng unbezahlt.

Aber ist schon gut, wenn das hochkarätige Team ordentlich bezahlt wird; ich bin der letzte, der Künstlern kein Geld gönnt, dafür kenne ich zu viele, die keines haben. Was meistens daran liegt, dass sie kein fettes Diplom einer angesagten Hochschule nebst mehreren Jahren im Ausland auf der Habenseite verbuchen können. und damit ein Niemand sind. Aber das ist ein anderes unerfreuliches Thema.

Wenigstens spart man ja Material und die Kosten dafür.
Darf da eigentlich dann jeder mitwerkeln?

2

arcseyler | 09.02.2023 17:42 Uhr

......

Finde ich wirklich mal spannend. Der dekonstruktive Moment des fein säuberlich Zerlegens und der Prozess des zögerlich überlegenden Neukombinierens über mehrere Monate. Und wieder Zerlegens. Die Schwebe dazwischen. Das Gleichgewicht zwischen Werden und Vergehen. Das nie Fertig als ewige Wahrheit. Die Regression zum SpielPlatz und alle dürfen mitmachen.
Architekten interessiert nie das Fertige. Immer das auch noch Mögliche die Variante. Das Fertige tötet das Mögliche.

1

auch ein | 09.02.2023 16:00 Uhr

architekt

wow, nachhaltigkeit, wiederverwertung.
superneues thema und greenwashing

was macht man dann mit blauen säulen?

ich glaube ich nörgel lieber weiter über dachriunnen, das ist mir alles zu hoch und entfernt vom wahren leben.

aber schöne fotos von altholz-stapeln und geordnetem müll!

spart das geld damit man so viele kuratoren müll sammeln lassen kann?




 
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Transport gesammelter Materialreste der Kunstbiennale 2022 in den Deutschen Pavillon im Dezember letzten Jahres

Transport gesammelter Materialreste der Kunstbiennale 2022 in den Deutschen Pavillon im Dezember letzten Jahres

Übernahme einer Spolie der Ausstellung „Queendom“ des Israelischen Pavillons der Kunstbiennale 2022

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Materialreste des Chilenischen Pavillons der Kunstbiennale 2022 auf dem Arsenale-Gelände

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Einlagerung gesammelter Spolien der Kunstbiennale 2022 im Deutschen Pavillon

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