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22.09.2021

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Zentrum für Jüdische Gelehrsamkeit

Bildungseinrichtung mit Synagoge in Potsdam von SSP Rüthnick Architekten


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Mit Blick auf gegenwärtige antisemitische Strömungen äußerte Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier bei der Eröffnung des Europäischen Zentrums für Jüdische Gelehrsamkeit an der Universität Potsdam im vergangenen Monat seine Sorgen über den anhaltenden Hass gegen Juden, wie in der Süddeutschen Zeitung zu lesen war. Josef Schuster ergänzte als Präsident des Zentralrats der Juden, dass in Zeiten antisemitischer Ausschreitungen das neue Zentrum ein Zeichen sei für den Glauben an die Zukunft jüdischen Lebens in Deutschland.

Das Zentrum für Jüdische Gelehrsamkeit findet Platz in einem denkmalgeschützte Ensemble des Architekten Carl von Gontard im Schlosspark Sanssouci, direkt am Neuen Palais. Bestehend aus dem sogenannten Nordtorgebäude und einer ehemaligen Orangerie, wurde es von SSP Rüthnick Architekten aus Berlin innerhalb von sechs Jahren instandgesetzt und zu einer Bildungseinrichtung für jüdische Theologie inklusive einer Synagoge umgebaut. Es ist die erste akademische Ausbildungsstätte für Rabbiner*innen und Kantor*innen in Zentraleuropa seit der Schoah. Den Auftrag erteilte das Land Brandenburg nach einem Wettbewerb mit Verhandlungsverfahren in den Jahren 2014 und 2015. Die Baukosten der rund 2.500 Quadratmeter umfassenden Einrichtung beliefen sich auf rund 13,5 Millionen Euro. Pro Denkmal aus Berlin übernahm die denkmalpflegerische Betreuung.

Im ertüchtigten Nordtorgebäude, das ursprünglich als Hofgärtnerhaus errichtet wurde, sind die Büro- und Seminarräume der 2013 an der Universität Potsdam gegründeten School of Jewish Theology sowie der zwei miteinander verbundenen Rabbinerseminare – das liberal ausgerichtete Abraham-Geiger-Kolleg und das konservativ ausgerichtete Zacharias-Frankel-Kolleg – untergebracht. Dabei wurde die bauzeitliche Grundrissstruktur zur Wahrung des Denkmalschutzes beibehalten.

Die ehemalige Orangerie wiederum beherbergt nun das Institut für Jüdische Theologie. Nachdem sie bereits mehrfach baulich verändert worden war – sie diente beispielsweise zu DDR-Zeiten als Turnhalle –, sollte die ursprüngliche Funktion nun zumindest äußerlich wieder erkennbar werden. Die Architekt*innen ließen daher die Südfassade vollständig zurück- und als durchgängige Pfosten-Riegel-Fassade neu aufbauen. Innerhalb dieser Struktur fügt sich ein langgestreckter Baukörper aus Sichtbeton nach dem Haus im Haus-Prinzip ein. Der Raum zwischen der großflächigen Glasfassade und dem innenliegenden Sichtbeton-Haus gewährt den Studierenden helle Aufenthalts- und Selbstlernbereiche. Das Kunst am Bau-Projekt von Eva Leitolf mit dem Titel „This is not a Thurnbush“ – das Glas der Fassade ist mit einem in monochrome Quadrate zerlegten Dornbusch bedruckt – sorgt hier zudem für ein interessantes Licht- und Farbspiel.

Zwischen den beiden Einrichtungen befindet sich in einem eigenen historischen Baukörper eine kleine Synagoge mit insgesamt 50 Plätzen. Einfache Holzbänke, helle Vorhänge und eine raffinierte Beleuchtung bestimmen die sakrale Atmosphäre. Auch hier wurde außerdem Kunst am Bau realisiert: Die Wand-Installation „Die Wolken können träumen“ von der koreanischen Künstlerin SEO ziert die Stirnseite des Raums. (tp)

Fotos: Dimitri Bohl, Kevin Fuchs, Dr. Bauers


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Kommentare

6

Thomas | 24.09.2021 15:22 Uhr

lasst mal 10 Jahre vergehen

die Patina kommt schon wieder.

Moos in den Steinritzen, abblätternde Farbe von Regenrinnen und Steinsäulen, bei gutem Kalkanstrich die Schattierungen wie beim Gelb früherer Tage,
Weinrebenkübel durch Nutzer, Vergrauung im Spritzwasserbereich.

Den Andachtsraum finde ich auch schräg. Erweckt Assoziationen an Gardinenausstellung und lädt bei voller Ausleuchtung eher zum Sezieren ein.

5

Camillo Sitte | 24.09.2021 10:34 Uhr

totsaniert

Peter hat eigentlich schon alles gesagt. Traurig und zugleich leider symptomatisch für viele Sanierungen, bei denen allzu oft das Gespür für die erhaltenswerten Details des Bestands verloren geht.

Falsch verstandene, oder zumindest nicht hinterfragte Anforderungen an Barrierefreiheit, Brandschutz, EnEV und Statik tuen dann ihr Übriges.

4

architekt | 23.09.2021 19:17 Uhr

Atmosphäre

Wieder einem Ort die eigene Atmosphäre ausgetrieben.
Banale Innenräume. Frage mich wer auf den Leuchtbänken zur Andacht kommen kann...

3

denk mal | 23.09.2021 14:21 Uhr

memento colori

Das farbliche Egalisieren technisch notwendiger Bauteile und gestalterisch wie konstruktiv bewusst eingesetzter Architekturelemente und Materialien, ist unabhängig von der konkreten Farbwahl zumindest auffällig.
Dass dies Fragen provoziert, dürfte den Kollegen so klar sein, wie sie sicherlich schon im Austausch mit der Denkmalbehörde Antworten darauf geliefert haben werden. Möglicherweise sehr gute!?
Es wäre aber sehr interessant, (hier) mehr darüber zu erfahren, um erwartbares Unbehagen Nicht-Eingeweihter in Bezug auf die Entwurfsentscheidungen - und die wohl beabsichtigt leb- und identitätslos wirkenden Oberflächen (man möchte ja im ersten Impuls fast fragen, wann das mit fehlfarbiger Fotoplane bestückte Gerüst wegkommt) - vielleicht mildern zu können.

2

Ole irgentwoher | 23.09.2021 11:43 Uhr

Peter fliegt mit dem Rollator hin

Vielleicht trägt der neue Boden ja zur barrierefreien benutzung bei? Und vielleicht ist das Rosa auch einfach eine schöne Farbe? Die BIlder von den Inneräumen finde ich einladend!

1

peter | 22.09.2021 15:49 Uhr

vorher-nachher

bild 10 offenbart die ganze tragödie vieler umbauten, und auch dieses: die "perfektionierung" des bestandes zerstört die anmutung und atmosphäre des historischen hauses komplett. affige details wie der schweinchenrosa farbanstrich auf den regenrinnen und -rohren, der vermutlich in zwei jahren in aller schäbigkeit abblättern wird, sind elementarer bestandteil der tragödie, ebenso wie die neuen, toten und geschichtslosen pflasterklinker am boden.

architekten mischen sich oft und auch hier wieder ohne die nötige sensibilität in alle möglichen details ein, von denen sie besser die finger gelassen und den bestand mehr respektiert hätten - das wäre nicht nur energetisch besser und nachhaltiger, sondern auch architektonisch, womöglioch sogar finanziell ein großer gewinn.

das bauvorhaben enttäuscht trotz aller guten absichten bei den neuen zugaben durch belang- und ideenlosigkeit - banale 90er-jahre-details bedrängen den wertvollen historischen bestand, der viel mehr verdient hätte. zumal bei dieser ehrwürdigen bauaufgabe.

 
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In dem ertüchtigten Nordtorgebäude sind die School of Jewish Theology sowie das Abraham-Geiger-Kolleg und das Zacharias-Frankel-Kolleg untergebracht.

In dem ertüchtigten Nordtorgebäude sind die School of Jewish Theology sowie das Abraham-Geiger-Kolleg und das Zacharias-Frankel-Kolleg untergebracht.

Hinter der neuen Pfosten-Riegel-Fassade der ehemaligen Orangerie verbirgt sich ein langgestreckter Baukörper aus Sichtbeton.

Hinter der neuen Pfosten-Riegel-Fassade der ehemaligen Orangerie verbirgt sich ein langgestreckter Baukörper aus Sichtbeton.

Die Bedruckung der Gläser ist und Kunst am Bau und sorgt für ein interessantes Licht- und Farbspiel.

Die Bedruckung der Gläser ist und Kunst am Bau und sorgt für ein interessantes Licht- und Farbspiel.

Im Inneren der Synagoge unterstreicht das Lichtkonzept die sakrale Nutznug des Raums.

Im Inneren der Synagoge unterstreicht das Lichtkonzept die sakrale Nutznug des Raums.

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