30.05.2018

Grenzen, Kunst und leere Räume

Was man in den Giardini gesehen haben muss - und was nicht

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Die im Zentralpavillon der Giardini ausgestellten, kunstvollen Modelle aus dem Atelier Peter Zumthor muss man gesehen haben.

Grenzen, Kunst und leere Räume – will man die Vielfalt der Giardini-Pavillons irgendwie kategorisieren, könnte man auf diese Formel kommen. Nein, diese Biennale will nicht an jeder Stelle die Welt retten. Im Gegenteil, viele Länderpavillons in den Giardini haben sich dem dankbar dehnbaren Titel „Freespace“ der Kuratorinnen Yvonne Farrell und Shelley McNamara auf mehreren Ebenen und in unterschiedlichen Maßstäben spezifisch national angenähert.

Zum Thema Grenzen sind da der U.S.-Pavillon, der die Formen der Bürgerschaft vom Straßenpflasterstein bis zum Weltraum in gleich sieben Varianten zu ergründen versucht. Der von Brasilien, der mit eindrucksvollen Kartographien die Vielfalt an unsichtbaren Mauern visualisiert, die in dem riesigen Land existieren. Der Deutsche, der 28 Jahre deutsch-deutsches Zusammenwachsen nach dem Mauerfall betrachtet und der Israelische, der aufzeigt, wie mehrere Religionen ihren Anspruch auf die heiligen Stätten des Landes organisieren.

Mehr oder weniger leere Räume bieten die Belgier mit einem Amphitheater, das zur Diskussion über Europa einlädt, die Briten mit einem leeren Pavillon und einer Dachterrasse, die Ausblick auf die Lagune bietet, die Australier, die in ihrem schwarzen Bau bedrohte Grasarten wachsen lassen und damit auf die Landversiegelung durch Bautätigkeit aufmerksam machen wollen und die Ungarn, die zeigen, wie die Budapester Freiheitsbrücke zur Partyzone der Stadtbewohner wurde und die Leute ebenfalls per Gerüststangentreppenhaus aufs Dach schicken.

Die Kunst zeigt sich einerseits im Nordischen Pavillon, der leuchtende Blobs mit Schläuchen ausstellt, im Österreichischen, der x-mal um die Ecke gedacht das Verhältnis von Köper und Raum thematisiert oder auch im Polnischen, dessen Installationen unser Verhältnis zu Naturphänomenen darstellen will. Vor allem aber ist die Kunst der Zeichnung zurück. Das wird nicht nur im Hauptpavillon deutlich, wo historische Handzeichnungen einen ganzen Raum füllen, David Chipperfield Karl Friedrich Schinkels Linien zum Auftritt verhilft, und Caruso St John Fassadenansichten ihrer Bauten in Rahmen hängen. Sondern auch im japanischen Pavillon, der sogar Lupen bereithält, damit man die feinen Linien der 42 Studien und Kartierungen zeitgenössischer Architekten erkennen kann. (fm)