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Doppelverkauf der Planung für das gleiche Grundstück

Nach Ansicht des OLG Hamm verletzt ein Architekt seine Pflichten gegenüber dem Auftraggeber, wenn er die von ihm erstellten Pläne ein zweites Mal einem anderen Besteller für das gleiche Grundstück verkauft.
Hintergrund
Werke des Architekten sind urheberrechtsschutzfähig.

Urheberrechtliche Verwertungsrechte und Nachbaubefugnisse bestimmen sich insb. nach den vertraglichen Vereinbarungen.
Beispiel
(nach OLG Hamm , Urt. v. 29.11.2011 - 21 U 58/11)
Ein Bauträger beauftragt einen Architekten mit den Lph. 1 bis 4 für ein vom Bauträger bisher noch nicht erworbenes Grundstück für ein Pauschalhonorar von rd. € 24.000,00; aufgrund langjähriger Zusammenarbeit zwischen Bauträger und Architekt ist abgesprochen, dass der Bauträger die Leistungen für das entsprechende Bauvorhaben auf dem Grundstück verwerten will, ohne den Architekten mit weiteren Leistungsphasen zu beauftragen. Später scheitert der Erwerb des Grundstücks durch den Bauträger. Der Bauträger  bleibt dem Architekten Honorar für die Planung in erheblichem Umfange schuldig. Dieses klagt der Architekt nunmehr ein. Gleichzeitig veräußert er die Planung für dieses Grundstück für € 23.800,00 an einen anderen Bautätigen, der zwischenzeitlich das beplante Grundstück erworben hat.  Nunmehr klagt der Bauträger widerklagend gegen den Architekten auf Herausgabe des im Rahmen des zweiten Verkaufs erzielten Erlöses.
 
Das Landgericht weist die Klage ab. Ein Architekt sei nicht verpflichtet, seine Pläne nur dem Bauherrn zur Verfügung zu stellen. Vielmehr sei er aufgrund seines Urheberrechts zum Nachbau und auch zur entgeltlichen Weiterreichung der Pläne an Dritte befugt. Dies gelte auch, soweit es um die Realisierung desselben Bauvorhabens auf demselben Grundstück gehe. Ein alleiniges Nutzungsrecht stehe dem Kläger nicht zu. Hier sei auch kein Verhalten des Architekten Ursache dafür gewesen, dass der Bauträger das Grundstück nicht habe erwerben können.
 
Das OLG Hamm sieht es anders und gibt der Klage statt. Der Architekt habe im Rahmen seiner vertraglichen Beziehung zum ersten Bauträger diesem das alleinige Nutzungsrecht an den Plänen für das bestimmte Grundstück zur Verfügung gestellt. Solches gelte auch dann, wenn die Pläne des Architekten urheberrechtsfähig wären. Indem der Architekt die Pläne einem Zweiten entgeltlich überlassen habe, habe er in das dem Bauträger zugewiesene Nutzungsrecht eingegriffen und seine gegenüber dem Bauträger bestehende Vertragspflichten verletzt. Den in Folge der Verwertung erzielten Erlös habe der Architekt herauszugeben.
Hinweis
Der Fall ist ebenso kurios wie spannend. Jedenfalls für den Fall, dass die hier in Rede stehenden Pläne urheberrechtsschutzfähig gewesen wären – was das Gericht letztendlich offen gelassen hat – müsste wohl folgendes gelten:
 
Ohne besondere – möglicherweise stillschweigend getroffene – Vereinbarung zwischen den Parteien steht dem Architekten grundsätzlich tatsächlich eine Nachbaubefugnis nach überwiegender Ansicht zu. Er ist damit berechtigt, seine urheberrechtsgeschützten Pläne einer weiteren Ausführung durch einen anderen Auftraggeber entgeltlich zuzuführen. Weder Literatur noch Rechtsprechung hat allerdings bisher über die hier vorliegende Konstellation nachgedacht, dass die Nachbaubefugnis auf dem ursprünglich beplanten Grundstück durchgeführt wird, weil der erste Auftraggeber dieses Grundstück gar nicht erwerben konnte.

Hier erscheint das Recht zur Nachbaubefugnis erheblich zweifelhaft; denn mit der Veräußerung seiner Planung an den tatsächlichen Erwerber des Grundstückes und dessen Durchführung des Bauvorhabens wird dem eigentlichen Auftraggeber der Planung die Möglichkeit genommen, seinerseits für eine Verwertung der von ihm bezahlten Planung zu sorgen (z. B. durch eigenen Verkauf an den Erwerber dieses Grundstücks). Hier wird letztlich das Urteil des BGH abzuwarten sein; die Revision ist vom OLG Hamm zugelassen worden.

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Rechtsanwälte Reuter Grüttner Schenck