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Architektenwerk nicht abgenommen: Gewährleistung 30 Jahre! (s. aber unter Weiteres)

Die grundsätzlich im Hinblick auf Mängel im Architektenwerk laufende Verjährungsfrist von 5 Jahren gem. § 638 I BGB beginnt mit der Abnahme des Werks und setzt damit eine Abnahme voraus. Hat eine Abnahme nicht stattgefunden, so verjähren dem Bauherren gem. § 635 BGB zustehende Schadensersatzansprüche mit der 30-jährigen Regelverjährung gem. § 195 BGB [wegen Änderung der Rechtslage altes Recht ! vgl. zum neuen Recht Schuldrechtsreform 2002].
Hintergrund
Der Architekt haftet bei Verletzung vertraglicher oder sonstiger Verpflichtungen.

Haftungsansprüche gegen den Architekten verjähren.

Dauer, Beginn, Hemmungen und Unterbrechungen der Verjährung ist nach altem bis zum 31.12.2001 geltenden Recht anders geregelt als nach neuem Recht.
Beispiel
(nach BGH , Urt. v. 30.09.1999 - VII ZR 162/97 -, BauR 2000, 128)
Ein Bauherr fordert vom Architekten wegen nicht mehr nachbesserungsfähiger Planungs- und Bauaufsichtsmängel (fehlende Balkonentwässerung) einen Vorschuss für Mängelbeseitigungskosten ein. Später stellt er die Klage um und fordert zudem Feststellung, dass der Architekt verpflichtet sei, alle (weiteren) Schäden auf Grund der fehlerhaften Planung zu ersetzen. Die Feststellungsklage erfolgt mehr als 5 Jahre nach dem Zeitpunkt, indem der Architekt sämtliche Leistungsphasen einschließlich der Leistungsphase 9 erbracht hatte. Der Architekt wendet sich gegen die Feststellungsklage u. a. mit dem Argument, etwaige Schadensersatzansprüche seien zum Zeitpunkt der Erhebung der Feststellungsklage jedenfalls verjährt gewesen.

Das OLG gab dem Architekten recht und wies die Feststellungsklage wegen Verjährung zurück. Nach Fertigstellung der Architektenleistungen habe die Verjährung der Schadensersatzansprüche zu laufen begonnen. Es sei zwar eine Abnahme des Architektenwerks nicht feststellbar. Allerdings sei anerkannt, dass die Verjährung auch dann anfing zu laufen, wenn die Abnahme endgütlig verweigert worden sei (vgl. ...). Dies sei vorliegend der Fall. Die Feststellungsklage, die die Verjährung hätte unterbrechen können, sei mithin zu einem Zeitpunkt erhoben, in welchem die Verjährung bereits eingetreten war. Der BGH war anderer Ansicht und hob das Urteil auf. Der BGH stellt zunächst fest, dass auch das Architektenwerk grundsätzlich abgenommen werden müsse. Eine solche Abnahme läge hier unstreitig nicht vor. Entgegen der Ansicht der Vorinstanz habe aber auch eine endgültige und ernsthafte Ablehnung der Abnahme nicht stattgefunden. Ausreichende Anhaltspunkte hierfür seien nicht ersichtlich, insbesondere genüge allein die Tatsache, dass ein Beweissicherungsverfahren bzw. eine Vorschussklage eingeleitet wurde, nicht. Liege eine Abnahme aber nicht vor, so konnte auch die 5-jährige Verjährungsfrist gem. § 638 BGB nicht anfangen zu laufen. Vielmehr bleibe es für den Schadensersatzanspruch des Architekten bei der Regelverjährung gem. § 195 BGB von 30 Jahren [wegen Änderung der Rechtslage altes Recht ! vgl. zum neuen Recht Schuldrechtsreform 2002] (vgl. auch Urt. des BGH v. 25.02.1999, BauR 1999, 934).
Hinweis
Wegen Änderung des Rechts zum 01.01.2002 [wegen Änderung der Rechtslage altes Recht ! vgl. zum neuen Recht Schuldrechtsreform 2002] gilt folgendes:

Leistungen des Architekten werden i. d. R. als Werkleistungen i.S.d. §§ 631 ff BGB angesehen. Das Werkvertragsrecht sieht in § 640 BGB eine Abnahme des vertragsgemäß hergestellten Werks vor. Das Architektenwerk ist ein geistiges Werk. Gleichwohl ist es nach ganz überwiegender Ansicht abnahmefähig. Es gilt als abgenommen, wenn der Auftraggeber das Werk als im wesentlichen vertragsgemäß billigt. Voraussetzung hierfür ist, dass die Leistungen des Architekten vollendet sind.

Bei einem Vollarchitekturvertrag sind die Leistungen des Architekten (insbesondere die Leistungsphase 9) grundsätzlich erst mit Ablauf der Gewährleistungsfristen für die Bauunternehmer, d. h. oft erst 5 Jahre nach Fertigstellung und Abnahme des Bauwerks, vollständig erbracht. Erst zu diesem Zeitpunkt kann grundsätzlich eine Abnahme stattfinden, es sei denn die Parteien haben wirksam etwas anderes vereinbart (z. B. eine Teilabnahme nach Leistungsphase 8; vgl. hierzu auch Haftung / .. / Verjährung 10 Jahre nach Baufertigstellung).

An die Abnahme sind vom Gesetz eine Reihe von Wirkungen geknüpft, u. a. der Beginn der Verjährung von Gewährleistungsansprüchen des Bauherrn, vgl. § 638 I Satz 2 BGB a.F. bzw. § 634a II BGB n.F. Insoweit ergibt sich die oben zitierte Rechtsprechung des BGH, vorliegend laufe lediglich die Regelverjährung über 30 Jahre nach altem Recht, ohne weiteres aus der Festellung des BGH, dass eine Abnahme nicht festzustellen war (nach neuem Recht würde im vorliegenden Fall die Regelverjährung anfangen zu laufen, d.h. drei Jahre ab Kenntnis bzw. fahrlässiger Unkenntnis des Anspruchs, voraussichtlich nicht kürzer als 5 Jahre, höchstens 10 bzw. 30 Jahre ab Entstehung des Anspruchs).

Eher letzteres - nämlich dass der BGH im Gegensatz zur Vorinstanz eine Abnahme nicht feststellen konnte - gibt zu denken; denn das Verhalten des Bauherrn sprach relativ klar für eine Verweigerung der Abnahme, sie wurde lediglich nicht ausdrücklich ausgesprochen.

Für den Architekten ist aus oben besprochenem Urteil zu entnehmen, dass er nach Fertigstellung seiner Leistungen jedenfalls das Eine oder Andere herbeiführen muss, entweder eine ausdrückliche Abnahme oder eine ausdrückliche Verweigerung der Abnahme, selbst wenn letztere u.U. offensichtich erscheint; anderenfalls fängt die kurze 5-jährige Verjährung für die Gewährleistungsfristen des Bauherren nicht an zu laufen.

vgl. nun auch OLG Düsseldorf, Urt. v. 08.02.2007

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