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Alternative Planung für Bürogebäude und Hotel: Fall des § 20 HOAI?

Wird ein Architekt beauftragt, für die Bebauung eines Grundstücks ein Bürogebäude und alternativ ein Hotel zu planen, so handelt es sich nicht um einen Fall des § 20 HOAI, sondern um zwei verschiedene, selbständige Aufträge für unterschiedliche Gebäude.
Hintergrund
Macht der Architekt einen Honoraranspruch geltend, müssen für eine erfolgreiche Durchsetzung des Anspruchs verschiedene Voraussetzungen vorliegen.

Steht fest, daß die HOAI anwendbar ist und liegt eine nach der HOAI wirksame Honorarvereinbarung nicht vor, ermittelt sich das Honorar des Architekten direkt nach den Vorgaben der HOAI.

Erstellt der Architekt mehrere Vor- und Entwurfsplaungen, so richtet sich sein Honorar nach § 20 HOAI.
Beispiel
(nach OLG Düsseldorf , Urt. v. 23.03.1994 - 21 U 172/93 – OLGR 1994, 119)
Ein Architekt wurde u.a. beauftragt, für ein bestimmtes Grundstück die Vorplanung zunächst für ein Bürohaus und dann für ein Hotel sowie jeweils eine Kostenschätzung zu erstellen. Später wird das Bauvorhaben abgebrochen. Der Architekt reicht u.a. Rechnungen ein für die Planung des Gebäudes, welches er der Honorarzone III zuordnet, sowie für die Planung des Hotels, welches er der Honorarzone IV zuordnet. Ein Abzug (für die zweite Planung von 50 % des Vorplanungshonorars) gem. § 20 HOAI nimmt der Architekt nicht vor. Der Bauherr wendet ein, der Architekt müsse sich jedenfalls einen Abzug i.S.d. § 20 HOAI gefallen lassen.

Das Gericht folgt der Ansicht des Bauherrn nicht. Der Auftrag, für das Grundstück anstatt eines Bürogebäudes ein Hotel zu planen, beschränke sich angesichts des vollkommen geänderten Bauzieles nicht auf eine bloße Planungsvariante für dasselbe Gebäude i.S.d. § 15 I 2 HOAI bzw. des § 20 HOAI. Werde der Architekt beauftragt, für die Bebauung eines Grundstückes ein Bürogebäude und alternativ ein Hotel zu planen und eine Kostenschätzung zu erstellen, so handele es sich vielmehr um verschiedene selbständige Aufträge für unterschiedliche Gebäude mit unterschiedlichen Zielvorstellungen, so dass beide Aufträge getrennt nach den den jeweiligen anrechenbaren Kosten und der Honorarzone abzurechnen seien.
Hinweis
§ 20 HOAI ist richtigerweise nicht als Anspruchsgrundlage für ein Mehrhonorar zu sehen, sondern vielmehr als Honorarminderungsvorschrift. Denn der – auch aus § 20 HOAI ersichtliche – Grundsatz lautet, dass Planungsänderungen, die über reine Optimierungsleistungen hinausgehen, honorarpflichtig sind (vgl. hierzu unter Honoraranspruch / Umfang gem. HOAI / Planungsänderungen). Danach steht dem Architekten, der Architektenleistungen mehrfach erbringt, grundsätzlich entsprechend mehrfaches Honorar zu, und zwar für alle Leistungsphasen, für die er auf Veranlassung des Auftraggebers die Planungsänderungen durchführt. Die Mehrfachplanungen sind (nach herrschender Ansicht) Grundleistungen i.S.d. HOAI, entsprechend ist das Honorar für diese mehrfach erbrachten Grundleistungen nach den Kriterien der HOAI – Honorarzone, anrechenbare Kosten, Prozentpunkte gem. § 15 I, Honorartafel, zu ermitteln. Liegen dann die Voraussetzungen des § 20 HOAI vor, kann der Architekt für die mehrfach erbrachten Vor- und Entwurfsplanungen nicht jedes Mal das volle Honorar, sondern nur das gem. § 20 geminderte Honorar ansetzen. Das heißt, § 20 stellt eine gesetzlich normierte Ausnahme des Grundsatzes der vollen Mehrfachhonorierung dar. Ist der Ausnahmefall nicht einschlägig, so kommt der Grundsatz wieder zum Tragen.

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Rechtsanwälte Reuter Grüttner Schenck