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06.09.2023

Group Form und Collagen

Zum 95. Geburtstag von Fumihiko Maki


Den japanischen Architekten Fumihiko Maki als Giganten seines Fachs zu bezeichnen, dürfte keine Übertreibung sein. 1993 wurde er für sein beeindruckendes Lebenswerk mit dem Pritzker-Preis ausgezeichnet. Am heutigen Mittwoch feiert Fumihiko Maki seinen 95. Geburtstag. Eine Würdigung.

Von Florian Heilmeyer

Von Anfang an wollte Fumihiko Maki von den Besten lernen. Geboren wird er in Tokio 1928. Mit 20 Jahren beginnt er sein Studium an der Universität in Tokio unter Kenzo Tange, bei dem er 1952 auch den Bachelor ablegt. Kurz darauf geht er als einer von sehr wenigen japanischen Architekten seiner Generation in die USA. Seit den Atombombenabwürfen auf Hiroshima und Nagasaki sind damals noch keine zehn Jahre vergangen, doch Maki will von den Meistern der Moderne lernen.

Sein Weg führt ihn zuerst nach Michigan, wo vor kaum 20 Jahren die Cranbook Academy of Arts von Eliel Saarinen gegründet worden war. Maki bleibt ein Jahr bis zu seinem Master of the Arts. Dann geht es weiter nach Harvard, wo er 1954 auch den Master of Architecture ablegt. Es folgt ein Jahr bei Skidmore, Owings and Merrill SOM in New York, dann drei Jahre im Büro von Josep Lluís Sert in Cambridge. Gleichzeitig unterrichtet er auch als Assistenzprofessor. Von 1956 bis 1958 arbeitet er an der Washington University in St. Louis, wo er sein erstes Bauprojekt bekommt: Die Steinberg Hall eröffnet 1960 auf dem Campus. Maki ist 32 Jahre alt. 

Ein Forschungsstipendium der Graham Foundation ermöglicht ihm zwei ausgiebige Studienreisen durch Südostasien, Europa und den Nahen Osten. Er reist fast zwei Jahre lang. Hier beginnt sein Interesse für Städtebau und die kollektive Form – ein Interesse, das ihn erst als Gründungsmitglied zu den Metabolisten um Arata Isozaki (der im Dezember letzten Jahres verstarb), Kisho Kurokawa (dessen ikonischer Capsule Tower kürzlich komplett rückgebaut wurde) und Kazuo Shinohara (dessen abrissbedrohtes Umbrella House von Tokio nach Weil am Rhein transloziert wurde) führt. 1960 nimmt er am Treffen des Team X in Südfrankreich teil. Mit den Protagonisten beider Gruppen bleibt er stets in Kontakt, aber letztlich entwickelt er eine eigenständige Position. 1965 gründet er sein Büro in Tokio.

Bald hat er Aufträge in der Größenordnung, die er von SOM und Sert kennt: Messehallen, Sport- und Gemeindezentren, Universitätsgebäude, Schulen, Museen. In Tokio entsteht in sechs Phasen ab 1969 sein bekanntestes Frühwerk: der Hillside Terrace Apartments Complex. Es ist ein seltenes Beispiel einer umfassenden, architektonisch ambitionierten und langfristig umgesetzten Entwicklung eines Geschäfts- und Wohnviertels in Japan. In der jahrelangen Arbeit an diesem Projekt verfeinert Maki seine Ideen der „group form“.

In seiner Architektur kombiniert Maki die kompromisslose westliche Moderne mit japanischen Elementen und mit Inspirationen aus der Region. Er strebt nicht nach perfekten Kompositionen im Sinne einer reinen Lehre. Seine Gebäude sind eher Collagen aus verschiedenen, durchaus widersprüchlichen Fragmenten. In Japan erarbeitet er sich in den 1970er Jahren einen guten Ruf und steigt in den 1980er Jahren mit großformatigen Entwürfen wie der Tsuda Hall in Tokio, einem Sportzentrum in Fujisawa oder dem Museum of Modern Art in Kyoto zum Star auf.

In dieser Zeit seiner Karriere unterrichtet er auch kontinuierlich in den USA. Trotzdem baut er kaum außerhalb Japans. Das ändert sich mit dem Spiral House in Tokio. Der Bau von 1985 bringt der ihn wieder auf den Radar der internationalen Architektur. Es folgen Aufträge in den USA, zum Beispiel für das Yerba Buena-Kunstzentrum in San Francisco, das 1993 fertig gestellt wird. Etwas überraschend erhält er im gleichen Jahr den Pritzker-Preis – nach seinem großen Lehrer Tange ist Maki der zweite Japaner, der den Preis erhält.

Erst danach, scheint es, kommt seine internationale Karriere so richtig in Fahrt. Neben vielen weiteren Aufträgen in Nordamerika – unter anderem das Mildred Lane Kemper Kustmuseum in St. Louis und das Aga Khan Museum in Toronto – folgen nun auch Aufträge in Europa, zum Beispiel für die Bürogebäude Global Gate in Düsseldorf oder das Square 3 in Basel. Seine besten Arbeiten aber entstehen in den USA und in Japan. Mit der Beteiligtung am Wiederaufbau von Ground Zero in New York krönt er sein Lebenswerk: Das 298 Meter hohe Hochhaus 4WTC mit seiner spiegelnden Fassade wird einer der neuen Stars in Manhattan, dem Kritiker eine angenehme Zurückhaltung attestieren.

Zwar findet in seinem Büro schon lange ein Generationenwechsel statt. Dennoch, heißt es, sei Maki auch im hohen Alter weiter intensiv ins tägliche Geschäft seiner 40 Mitarbeitenden einbezogen. Die Entwürfe für die wichtigsten aktuell laufenden Projekte wie den United Nations-Tower in New York, ein Rathaus in Yokohama oder das Reinhard Ernst Museum in Wiesbaden stammen aus seiner Hand. Wir wünschen Fumihiko Maki einen großartigen 95. Geburtstag.


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Fumihiko Maki im Jahr 2010. Foto: jeanbaptisteparis, Wikimedia Commons, CC BY-SA 2.0

Fumihiko Maki im Jahr 2010. Foto: jeanbaptisteparis, Wikimedia Commons, CC BY-SA 2.0

Tower 4 des neuen World Trade Centers in New York City (2013). Foto: HenSho, Wikimedia Commons, CC BY-SA 4.0

Tower 4 des neuen World Trade Centers in New York City (2013). Foto: HenSho, Wikimedia Commons, CC BY-SA 4.0

Spiral Building in Tokio (1985). Foto: Wiiii, Wikimedia Commons, CC BY-SA 3.0

Spiral Building in Tokio (1985). Foto: Wiiii, Wikimedia Commons, CC BY-SA 3.0

Hillside Terrace Complex in Tokio (1969–92). Foto: Wiiii, Wikimedia Commons, CA BY-SA 3.0

Hillside Terrace Complex in Tokio (1969–92). Foto: Wiiii, Wikimedia Commons, CA BY-SA 3.0

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