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28.01.2020

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Aus der Geschichte lernen

Vorschlag für die Potsdamer Garnisonkirche


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Es wurden Petitionen verfasst, offene Briefe geschrieben und heftig um den Wiederaufbau gestritten. Inzwischen wird der Kirchturm der im Krieg zerstörten Garnisonkirche, an dem sich in Potsdam und darüber hinaus die Geister scheiden, seit knapp drei Jahren nach historischem Vorbild wiederaufgebaut. Doch die Debatte um das Projekt reißt nicht ab. Aktuell geht es um die Frage, wie mit dem Baufeld des ehemaligen Kirchenschiffs umgegangen werden soll.

Die Vorschläge reichen vom modernen Jugendbegegnungszentrum bis zum historischen Wiederaufbau des Kirchenschiffs, wie es beispielsweise der Verein „Mitteschön!“ fordert. Dazu müsste allerdings das sogenannte Rechenzentrum, ein zwischen 1969 und 71 errichteter Bau, heute Kreativhaus, der zu Teilen auf dem Grundstück steht, abgerissen werden. Aber auch dagegen regt sich Widerstand, zu viele DDR-Bauten sind oder waren vom Verfall bedroht.

Gemeinsam mit Steffen Schumann von der Kunsthochschule Berlin-Weißensee schlägt Philipp Oswalt nun eine andere mögliche bauliche und programmatische Entwicklung des Projektes vor: einen Lernort, der diesen Namen verdient, und einen Bau, der in der äußeren Erscheinung einen sichtbaren Bruch zum rekonstruierten Kirchturm darstellt. Es handele sich ursprünglich um Ideen der evangelischen Kirche, die – nicht zuletzt aus Rücksicht auf rechtsgerichtete Spender – nicht realisiert wurden, so die beiden Verfasser des Konzepts.

Geplant ist eine Art Lernort auch in der derzeiten Version: Vorgesehen sind 230 Quadratmeter Ausstellungsfläche und eine 20 Quadratmeter große Bibliothek im Kirchturm, beides auf Zwischenetagen jenseits der zentralen Besucherbereiche. Zu wenig, finden Oswalt und Schumann. Zumal einzig konkreter Inhalt der Ausstellung der von der Potsdamer Garnison ausgehende Widerstand gegen die nationalsozialistische Herrschaft sei. Dass die Garnisonkirche für den Widerstand aber kaum eine Rolle spielte, im Gegenteil vom NS-Regime umfassend für seine Zwecke genutzt wurde, konnte schon 2013 wissenschaftlich belegt werden.

Der neue Entwurf schlägt dagegen vor, wie schon länger gefordert den barocken Waffenschmuck am Kirchturm durch einen Bauschmuck zu ersetzen, der von den 65 Ländern gestaltet werden soll, gegen die Preußen und das Deutsche Reich einst Krieg führten. Zudem solle das Rechenzentrum erhalten werden, gerade weil es mit dem rekonstruierten Kirchturm ein spannungsvolles Ensemble von Bau- und Gegenbau darstelle. Und: Neu dazukommen soll ein 1.000 Quadratmeter großes, zweistöckiges Ausstellungsgebäude, das beide Häuser verbindet und ebenerdig vom Kirchturmeingang erschlossen wird. Mit solch einem Bau könne die schwierige Geschichte des Ortes von der Gründung bis heute differenziert dargestellt und erforscht werden. (kat)

Renderings: Philipp Oswalt, Steffen Schuhmann


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Kommentare

11

Hans-Jörg Sieber | 30.12.2021 10:11 Uhr

"Tag von Potsdam"

Inzwischen weiß jeder, was der "Tag von Potsdam" war - und das ist auch gut so. ABER: Ist dadurch die Kirche irgendwie "infiziert"? Kaum jemand kennt die Einstellung des Erbauers Friedrich Wilhelm I ("Soldatenkönig") zum Agriffskrieg:
„ Mein lieber Succeßor bitte ich umb Gottes willen kein ungerechten krihg anzufangen und nicht ein agressör sein den Gott die ungerechte Krige verbohten und Ihr iemahls müßet rechenschaft gehben von ieden Menschen, der dar in ein ungerechten Krig gebliben ist; bedenk was Gottes gericht scharf ist, lehset die Historie, da werdet ir sehen das die ungerechte Krige nicht guht abgelauffen sein als da habet Ihr Ludewig der 14. König in franckreich, der König August aus Pohlen, den Kurfürsten zu Bairen zum exempell und noch mehr."
Quelle:Richard Dietrich (Hrsg.): Die politischen Testamente der Hohenzollern S. 239Tim Blanning: Friedrich der Große S. 133

Nur so nebenbei: Die Kombination Rechenzentrum/ Kirchturm sähe besch..... aus - die Proportionen sind
absolut unharmonisch. Warum die völlig banal-hässliche Kiste erhalten???

10

Paul | 05.01.2021 05:37 Uhr

Ehemaligen interhotel Potsdam

Ich habe mir geschworen das Gebäude nicht zu betreten. Ich bin jetzt 65 Jahre Aber ich werde dort sein wenn der Schandfleck abgerissen wird.

9

Paul | 05.01.2021 05:26 Uhr

Rechenzentrum Potsdam

Das Rechenzentrum ist der größte Schandfleck von Potsdam. Und muss endlich weg.

8

g.k. | 30.01.2020 20:26 Uhr

# Peter

Mal ein wirklich profunder und reflektierter Beitrag !

7

peter | 30.01.2020 08:50 Uhr

kirchenbau

eine kirche ist ein gotteshaus und sollte nur gebaut werden, wenn es als solches nachgefragt und mit leben erfüllt wird.
eine garnisonkirche ist ein militärgotteshaus und hat damit per se eine extrem problematische programmatik ("gott mit uns").
der preußische militarismus hat millionen menschen das leben gekostet. sollte man also ein gebäude rekonstruieren, in dem gottes hilfe für die aktivitäten des preußischen militärs erbeten wurden?

bei aller liebe zu architektonischer und städtebaulicher qualität - bitte nicht den sinn und inhalt der gebäude vergessen. historisierende leere hüllen gibt es schon genug im land, vom berliner stadtschloss bis zur frankfurter "altstadt".

das ist alles so oberflächlich. das brauchen nur menschen / gesellschaften mit geringem selbstwertgefühl und innerer leere, die ihre kraft aus einem vermeintlichen gemeinschaftsgefühl ziehen müssen. wer eigene ideen, eigenes leben in sich hat, braucht solche projekte nicht.

alle anderen mögen doch bitte ins disneyland gehen, da werden sie vielleicht geholfen.

6

@1-3 | 29.01.2020 13:43 Uhr

komisches Gepöbel

was los? ist twitter down?

5

STPH | 29.01.2020 13:32 Uhr

...

Verstehe ich den Entwurf auf Bild 1 richtig als die rote Spitze eines überkommenen Bevormundungsstaats?

Im DDR Rechenzentrum findet der Kontrollstaat
sein neues Kirchenschiff. Rechts und Links stehen sich hier in nichts nach.

Ich bin ganz der Meinung von Herrn Oswalt, das dieses Ensemble nicht zu verbessern ist.

4

Karl | 29.01.2020 10:38 Uhr

Die Messen sind gelesen

Mit dem Wiederaufbau des Kirchturmes waren die Messen gelesen. Das war der Sieg des Kulturkampfes für die Rekonstruktion der Kirche.
Jetzt ist die Aufgabe, für die rekonstruierte Kirche ein Umfeld zu schaffen.
Was ist eigentlich ein Lernort ? Wenn eine Kirche (und dann diese) kein Lernort ist, was sonst ?

3

H Kitterer | 28.01.2020 20:54 Uhr

Garnisonkirche

Wieso dann überhaupt den Turm rekonstruieren, wenn er nur halb rekonstruiert erscheint? Die Herren Architekten vergessen oder blenden aus, das ihre sehr fähigen und ästhetisch bewunderten Vorgänger sehr treffend ein Gesamt Ensemble erschufen, ein Könnrn, das heute allzu oft vermisst werden muss. Architekten von heute scheinen nur noch Brüche, Kontraste zu beherrschen -- vielleicht um vom Mittelmass abzulenken? Immer wieder kühle funktionelle Gebilde.... wars das? Und die Verherrlichung der DDR Architektur ist ja wohl nur ideologisch bestimmt - wem das besagte Rechenzentrum als Gebäude gefällt, wen es anspticht sollte sich melden -- wenn es jemanden gibt. Eine peinliche überhitzten Debatte... Erfreuen Sie sich an Stahl, Beton und Glas in 90% unserer deutschen Städte, Sie werden überall fündig.

2

g.k. | 28.01.2020 17:40 Uhr

Geschwurbel im Baunetz

Werte Baunetzredaktion,

was soll denn diese hohle Formulierung von:
"......ein spannungsvolles Ensemble von Bau und Gegenbau darstellt..." ?

War das DDR Aussenministerium im Zentrum Berlins auch ein "Gegenbau" der ein "spannungsvolles Ensemble" mit den umgebenden Bauten dargestellt hat, oder vielleicht doch nur eine unsägliche Scheusslichkeit im Stadtbild ?

1

Hugo Holger Busse | 28.01.2020 15:54 Uhr

Kirchturmpolitik: Campanilsmo

Das ist nicht wahr – es ist mir egal wer künftig Kanzler oder Bauakademie-Chef wird: aber geht's noch? Nichts anderes als dieses ist 'der' Zustand der Kultur. Und der Debatten.

Vergesst es.

 
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Die Diskussion um die Garnisonkirche hält an – neuster Vorschlag ist der Erhalt des würfelförmigen Rechenzentrums und ein Lernort neben dem Kirchturm.

Die Diskussion um die Garnisonkirche hält an – neuster Vorschlag ist der Erhalt des würfelförmigen Rechenzentrums und ein Lernort neben dem Kirchturm.

Garnisonkirche um 1827, Gemälde von Carl Hasenpflug

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Garnisonkirche um 1900, Album von Potsdam und Umgegend. Globus Verlag Berlin, 1904

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