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30.10.2018

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Mondäne Werkstatt

Taz-Neubau von E2A in Berlin eröffnet


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Selbst Olaf Scholz hatte seinen kurzen Auftritt bei der Eröffnungsparty der taz am 19. Oktober. In den frühen Neunzigern verhalf der damals noch junge SPD-Politiker dem einst unterfinanzierten Selbstverlag nämlich zur Genossenschaft. Heute kann die tageszeitung dank des Genossenschaftsmodells einen Teil der Kosten von fast 22 Millionen Euro für ihr neues Verlagshaus aufbringen. Und Olaf Scholz ist als Bundesfinanzminister mittlerweile Spitzenpolitiker der SPD. Es hat sich also einiges getan, deshalb passt es, wenn die Zeitung mit dem Gebäude an der Friedrichstraße den provisorischen Zustand der vergangenen Jahrzehnte hinter sich zu lassen scheint. Auf der Dachterrasse, auf der an jenem Partyfreitag die Gäste mit dem Weinglas schwenkend auf die Hauptstadt blickten, ging es sogar ziemlich mondän zu.

Nach einem groß angelegten Wettbewerb haben E2A (Zürich) der taz ein mehrgesichtiges Gebäude entworfen. Zum angrenzenden Besselpark hin erscheint es als würfelförmiger Solitär, auf Seite der Friedrichstraße fügt sich der Sechs-Etagen-Bau in Traufhöhe und Flucht ein, während es an der Schauseite mittig tief eingerückt ist und damit einen großzügigen Portalbereich bildet. Diese Motive kombinieren E2A mit einer für Berlin ungewöhnlichen konstruktiven Nacktheit, die das eigentliche Charakteristikum des Hauses ist: Ein Netz aus diagonalen Stahlverstrebungen legt sich um den Bau, formt kleine Austritte und schafft neben seiner statischen Funktion markante grafische Linien auf der Fassade. Auch die Fluchtwege verlegten E2A nach draußen, und zwar auf die Rückseite des Gebäudes. Hauptsächlich verglast, kann man auf der Straße das Innere des Volumens erkennen, man sieht die Etagen und erahnt die hauptsächlich tragende, ebenfalls diagonal geführte Betonkonstruktion.

Beton und Glas sind überall die dominierenden Materialien. Dank der an die Fassade verlegte Tragstruktur sind die Räume weitestgehend frei bespielbar, insbesondere der große Veranstaltungsraum im Erdgeschoss. Von einer „Werkstattatmosphäre“ sprechen die Architekten, wenn sich die 13 Meter tiefen Büroräume in einem Fluss durch die Etagen ziehen – nur durch Scheiben voneinander getrennt und schnell wandelbar. In diesem Sinne lebt der provisorische Geist also weiter. Die Offenheit der Räume gleicht zudem klimatische Unterschiede zwischen den verschiedenen Fassadenausrichtungen aus. Durch die konsequente Reduktion der thermischen Lasten kann zudem der Energieaufwand stark reduziert werden, ein ökologischer Aspekt, der bei der taz auch fürs Selbstverständnis eine Rolle spielt.

Im Zentrum des Gebäudes steht die Treppe. Die Architekten bezeichnen sie als „vertikale Fussgängerzone des Hauses“. Die Zwischenpodeste sind Orte der Begegnung und des informellen Austauschs. Auch hier taucht Beton in unterschiedlichen Varianten auf: fein gekörnt bei den auch hier eingesetzten diagonalen Trägern, grob mit sichtbarer Schalungen auf den Wandflächen und schließlich roh auf den Treppenstufen. Und tatsächlich wurde auf der Treppe während der Eröffnungsfeier viel kommuniziert – und wiederum mit dem Weinglas geschwenkt, denn die Stufen waren danach voller dunkelroter Flecken. Doch das gehört zur natürlichen Patina – weshalb man sich nicht sorgen muss, dass die Zeitung ihren provisorisch-unangepasstes Wesen mit dem neuen Haus tatsächlich aufgeben wird. (sj)

Fotos: Rory Gardiner, Rasmus Norlander, Yasu Kojima




Anm. d. Red.: Ursprünglich hieß es im ersten Absatz „Heute kann die tageszeitung dank des Genossenschaftsmodells die Kosten ihres neuen Verlagshauses von fast 22 Millionen Euro aus eigener Kraft aufbringen”. Der Fehler wurde entsprechend eines Kommentars korrigiert.


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Kommentare

10

michael | 04.11.2018 00:26 Uhr

haupttreppe

also die muss man jetzt irgendwo dringend mal zeigen.

die war doch das wichtigste überhaupt im wbw?

9

Matthias Warkus | 01.11.2018 12:19 Uhr

Außenliegender Sonnenschutz

Sie mögen keinen außenliegenden Sonnenschutz erkennen können, aber im Fassadenquerschnitt im Wettbewerbsentwurf ist er eingezeichnet (direkt hinter dem äußeren Stahlgitterwerk).

8

TAZ-sächlich | 01.11.2018 09:48 Uhr

nicht ganz so...

Ich kann Fred Konkret nur zustimmen. Das Haus an sich ist ganz OK, aber von der TAZ hätte ich mehr erwartet. Da sind den Redakteur/Innen die Gäule ein bisschen durchgegangen.

Visuell recht ansprechend, sorgsam durch-detailliert und in knackiger Grafik dargestellt -das auf jeden Fall.

ABER:

Der Grundriss erscheint seltsam ineffizient. Große Teile der Fassade werden nicht für die Belichtung der Arbeitsplätze genutzt. Dazu die tiefe, nicht nutzbare Zone mit den diagonalen Stützen und der Technik dahinter. Davor das viele Stahlgedöns. Die erkennbare Problematik bei der Ausbildung von Unterteilungen. Das viele Glas, dass nicht hilft Energie zu sparen. Kein außenliegender Sonnenschutz erkennbar, Bild 4 zeigt ja schon, dass der Stahlbau da bei der tiefen Sonne in Ost und West nicht hilft.

Was mich ebenfalls stört ist die Selbstbeweihräucherung durch die TAZ. Bei aller Sympathie für die Zeitung an sich, aber es tut mir leid -das Ei des Kolumbus ist das nicht. Da hilft auch keine hübsche Prosa zum Greenwashing und ein 40 Seiten-Special in der TAZ (Die armen Bäume).

Wäre dies ein Bau von Daimler oder McKinsey hätte es mir das Herz erwärmt. Der TAZ hätte ich etwas bescheideneres und intelligenteres mit der Radikalität von z.B. Baumschlager Eberles 2226 gewünscht: mein Abo kündige ich aber trotzdem nicht!

7

STPH | 31.10.2018 07:39 Uhr

Denkmal

Glückwunsch zu Denkmal weil inzwischen alles TAZ ist

6

Fred Konkret | 30.10.2018 20:17 Uhr

Angemessen?

Das Gebäude gefällt mir auf den ersten Blick eigentlich sehr gut, da die Gestalt wohl aus der Tragwerksstruktur abgeleitet zu sein scheint. Zuerst dachte ich, dass die schlanken Stahldiagonalen ein außenliegendes Fachwerk darstellen und daher keine F90 Verkleidung benötigen. Dann sah ich die Innenraumbilder der schrägen Betonstützen und irgendwie ist es doch schade, dass das außenliegende Gerüst nichts weiter ist, als eine Dekor-Schale. Selbst der feststehende, horizontale Sonnenschutz würde wahrscheinlich selbst auskragen können. Jetzt kann man natürlich erwidern, dass auch Mies einen ähnlichen Trick beim Seagram Building verwendet hat. Vor dem Hintergrund des Wissens, wo der meiste Stahl weltweit herkommt und welche Kosten diese Maßnahme sicherlich hervorgerufen hat, stellt sich doch die Frage, inwiefern dies zur TAZ passt?

5

Santa Maria | 30.10.2018 18:04 Uhr

Unglaublich!

Schön, dass es auch gebaut ein Highlight ist! Der WB hat uns ja viel versprochen! Bin schon auf den Einzug der Redaktion gespannt.

4

peter | 30.10.2018 16:45 Uhr

zentrale treppe

warum sieht man denn die zentrale. entwurfswichtige treppe auf keinem der projektfotos?

3

solong | 30.10.2018 16:22 Uhr

bi...ba...bu

...bonjour...tristesse...2018

2

Toni | 30.10.2018 16:08 Uhr

Artikel

Ein sehr schönes und besonders Gebäude, herzlichen Glückwunsch! Als Berliner weiss man, dass die Fotos ein paar Probleme der Fassadendetails ausblenden oder bearbeitet sind, aber egal.

1

Blauer Bock | 30.10.2018 15:51 Uhr

Aus eigener Kraft?

"Heute kann die tageszeitung Dank des Genossenschaftsmodells die Kosten ihres neuen Verlagshauses von fast 22 Millionen Euro aus eigener Kraft aufbringen"

Nö, stimmt so nicht: 3,7 Mio kommen vom Senat als "Baukostenzuschuss" aus Fördergeldern des Bundesprogrammes GWR zur Förderung strukturschacher Regionen.

https://www.hessen-depesche.de/politik/berliner-senat-f%C3%B6rdert-linke-taz-mit-mehr-als-3,7-millionen-euro.html

 
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Fassadenansicht aus der Hedemannstraße, in der auch schon vor dem Krieg jede Menge Zeitungsverlage saßen.

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Ansicht aus der Friedrichstraße mit Blick auf den Besselpark. Die Fassade mit Diagonalstreben ist ungewöhnlich im Schießscharten-Berlin.

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In Zukunft von rauchenden taz-Redakteurinnen bevölkert: Die Fluchtwege verlegen E2A Architekten nach außen.

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Das Netz aus Diagonalbalken spiegelt die innere Trägerstruktur und schafft kleine Austritte.

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