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28.06.2018

Wir bauen zu viele Hochhäuser

Helle Søholt von Gehl über Stadtentwicklung in Kopenhagen


Helle Søholt ist Partnerin und CEO von Gehl. Sie hat das Büro im Jahr 2000 gemeinsam mit Jan Gehl gegründet. Für seine Beiträge zu lebenswerten und nachhaltigen Städten wurde Gehl vielfach mit Preisen und Anerkennungen ausgezeichnet. Friederike Meyer traf sie im frisch eröffneten BLOX in Kopenhagen und sprach mit ihr über Erfolg, übergewichtige Dänen und ihre Kritik an Ørestad.

Interview: Friederike Meyer


Frau
Søholt, wenn es um eine lebenswerte und nachhaltige Stadt geht, zeigen alle auf Kopenhagen. Warum?
Helle Søholt:
Aufgrund seiner Größe ist Kopenhagen ein Labor für städtische Innovationen. Die Stadt hat sich in den vergangenen Jahren auf mehrere wichtige Dinge konzentriert: Auf Mobilität, vielfältige öffentliche Räume, eine gesunde Mischung aus Wohnungseigentümern und Mietern, auf den Bau von Sozialwohnungen. Sie hat Grundstücke in Ørestad und Nordhavn verkauft, um den Bau der Metro zu finanzieren. Dazu gibt es auch Kritik, aber die positiven Dinge überwiegen. Menschen aus aller Welt kommen inzwischen, um unsere Windradanlagen und das Fahrradwegesystem anzuschauen.

Kopenhagen hat ambitionierte Klimaziele, will im Jahr 2025 CO2-neutral sein. Was ist bisher erreicht?

Im Jahr 2016 hat die Zahl der Fahrräder die der Autos übertroffen. Die Zahl der Autos in Kopenhagen ist stabil. Das ist in anderen Städten nicht so. Die Stadt hat viel Geld in den Bau der Metro gesteckt. Aber die Leute steigen nicht vom Auto in die Metro um, stattdessen aber vom Bus in die Metro. Wir haben also noch nicht die Menge der Menschen erreicht, die wir gerne hätten. Vielleicht ändert sich das mit der Circle Linie, die im April 2019 mit 17 neuen Stationen eröffnen soll.

Woran arbeiten Sie derzeit?
Wir bei Gehl versuchen, das öffentliche Leben in all seinen Facetten zu greifen. Transparenz, Gleichheit, Sicherheit ermöglichen ein aktives und gesundes Leben der Menschen. Wir beschäftigen uns zum Beispiel mit Ernährung. Ein Agrarland wie Dänemark sollte hier vorangehen. Die Hälfte der Dänen ist übergewichtig, 20 Prozent aller Kinder. Und die Zahlen steigen. Das ist ein großes Problem. Im Süden von Kopenhagen wird derzeit eine Schule gebaut, die Southern Harbour School. Ihr Schwerpunkt liegt auf gesunder Ernährung und Bewegung. Es gibt eine große Küche. Teil der Ausbildung ist das Kochen, jeden Tag wird gemeinsam gegessen. Große Spielplätze sollen zur Bewegung anregen. Gehl arbeitet zum Beispiel auch mit Städten zusammen, um die Sicherheit im öffentlichen Raum zu erhöhen, damit mehr Familien unterwegs sind.

Was kritisieren Sie an der Entwicklung von Kopenhagen?

Wir bauen zu viele Hochhäuser und wir sind nicht gut darin, andere Wege der Verdichtung zu finden. Wir erweitern zu sehr nach außen und nicht genug nach innen. Einerseits sind Stadterweiterungsprojekte wie Nordhavn oder Ørestad gut, weil wir das Geld, das die Stadt mit dem Verkauf der Grundstücke verdient, in das öffentliche Verkehrsnetz stecken können. Andererseits könnte die städtebauliche Qualität besser sein.

War
Ørestad ein Fehler?
Ja. Ich sehe einen postmodernen Zugang zu Planung. Viele große Gebäude, nicht gerade integrative Systeme, große breite Straßen, eine erhöhte Bahnlinie. Nordhavn hat von diesen Fehlern viel gelernt. Die Blöcke und das Raster sind kleiner, die Entwickler haben ein kleineres Risiko. Die Mischung von Wohnungsgrößen ist besser, das Mikroklima auch.

Was macht Gehl so erfolgreich?
Ich habe das Büro zusammen mit Jan Gehl vor 18 Jahren gegründet. Wir wollten den integrativen Ansatz der Planung vermitteln und Wege finden, wie die wachsende Stadtbevölkerung miteinander leben kann. Immer mehr Städte erkennen, dass die sozialen Aspekte das Wichtigste für eine nachhaltige Stadt sind. Stadtentwicklung geht nur mit und für die Menschen. Daran arbeiten wir seit vielen Jahren. Unser Wissen bringen wir auf Konferenzen weltweit unter die Menschen. Inzwischen sind es rund 75 Vorträge im Jahr.


Zum Thema:

www.gehlpeople.com


Mehr über Kopenhagen und das kürzlich eröffnete BLOX von OMA in der Baunetzwoche #512.


Projekte in Nordhavn sind unter anderem das von COBE zum Wohnhaus umgebaute Silo, die Internationale Schule von C.F. Møller und das Parkhaus mit Dachspielplatz von JAJA.


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Helle Søholt ist Gründungspartnerin von Gehl. Durch ihre Führung hat das Büro ein Erfahrungs-Portfolio in Stadtplanung und -entwicklung entwickelt, das international anerkannt ist.

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Helle Søholt beim Gespräch im BLOX Hub in Kopenhagen.

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Mit der Stadt New York arbeiten Gehl seit langem zusammen.

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In São Paulo entwickelten Gehl vier Pilotprojekte bei denen Orte für Autos zu Orten für Menschen werden. Das Pilotprojekt in der Avenida São João umfasst temporäre Radwege, vorrangige Busspuren und gute Übergänge.

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