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25.04.2023

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Ein Mittelpunkt für Manheim-neu

Gemeindezentrum mit Kapelle bei Köln von office03


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Manheim-neu ist ein Stadtteil von Kerpen in der Nähe von Köln. Ein Ort ohne Geschichte – anders kann man es eigentlich angesichts der kahlen, bisher noch ziemlich vegetationslosen Straßen nicht sagen. Eine Vorgeschichte gibt es allerdings schon. Denn Manheim-neu entstand infolge der Umsiedlung des alten Manheim. Das Dorf wurde für die Kohleförderung im Rahmen des Tagebaus Hambach geräumt und inzwischen auch größtenteils abgerissen. Im neuen Ort errichteten office03 // waldmann & jungblut architekten (Köln) ein katholisches Gemeindezentrum samt Kapelle und Bibliothek. Der Gebäudekomplex ersetzt die historische Kirche St. Albanus und Leonhardus. Mit Blick auf rücklaufende Besucher*innenzahlen wurden die neuen Räume deutlich kleiner dimensioniert.

Eine zentrale Frage des Entwurfs war für die Architekt*innen, wie sie den Traditionen der Gemeinde im Ersatzbau eine spürbare Präsenz geben könnten. Aus der alten Kirche wurden unter anderem Bänke, Taufstein, Altar und Ambo mitgenommen. Darüber hinaus fanden Elemente wie Glasmalereien von Hermann Gottfried und Darstellungen der Pfarrpatrone St. Albanus und St. Leonhardus Platz. Auch der goldene Tabernakel ist wieder in Benutzung. Und im Kirchturm schlagen die gewohnten Glocken, während sich auf seinem Dach derselbe alte Wetterhahn dreht.

Einer Musealisierung dieser Artefakte sollte dabei entgegengewirkt werden, so office03. Das gelingt nicht zuletzt durch die Ausbildung spezifischer Nischen und Wandvorsprünge, die dem Gefüge aus Alt und Neu eine überraschende Selbstverständlichkeit geben. Dabei hilft, dass die Lichtführung durch eine mittig aufgehängte Deckenwolke von eindeutig sakralem Charakter zeugt. Die übrige Materialisierung in glattem und gestocktem Sichtbeton folge dabei laut Büro einer rheinischen Bautradition der klassischen Moderne.

Auch in städtebaulicher Hinsicht soll das Gemeindezentrum im noch arg sterilen Umfeld ortsbildend wirken. Nicht zuletzt macht der Kirchturm die Anlage zum Mittelpunkt von Manheim-neu mit seiner niedrigen Bebauung. Das kirchliche Zentrum öffnet sich zum Dorfplatz, wurde aber nach Interpretation der Architekt*innen als eine Art eigenständiger Bezirk um einen Pfarrgarten herum ausgebildet. Der prismatische Grundriss nimmt die schrägwinklige Geometrie des Bauplatzes sowie der umliegenden Straßen auf und schreibt sich so gleichzeitig in das neue Dorf ein. (sb)

Fotos: Viola Epler


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Kommentare

12

Dr. Lambertz | 03.07.2023 17:09 Uhr

Wohlfühlen

Viele kritisieren von einer sehr oberflächlichen Kenntnis. Es macht sich kaum einer Mühe in die Details zu gehen. Mein wichtigstes Kriterium wäre einfach die Frage, fühlen sich die Bewohner:innen hier wohl? Natürlich wird das Bauwerk nicht nur zur Besinnung und zum Gebet genutzt. Hier darf auch gelacht werden, Kindergruppen spielen hier und Konzerte finden statt. Ich denke, die reine Bewertung der Architektur, die aus meiner Sicht sehr gelungen ist, kann man ohne Detailwissen abgeben. Wie das Bauwerk von den Nutzer:innen angenommen wird, dazu sollte man sich zunächst einmal vor Ort informieren.

11

Christian Richter | 26.04.2023 15:29 Uhr

Erschöpft?

Ohne Frage ein schön gestaltetes Ensemble, was man leider von der Ortschaft selbst nicht wirklich sagen kann - Google Maps kann das aufklären, es schon etwas ernüchternd.
Ich frage mich, ob sich dieser gern gewählte Typus - der innere Einkehrort inszeniert als puristische Form, mit hartem Material im Streiflicht der Deckenschlitz-Beleuchtung - sich nicht eigentlich erschöpft hat. Die übersimplifizierte Umsetzung des Gebetsortes mittels Reduktion im Bauwerk einerseits (wie oft haben wir das gesehen, und wäre es nicht an der Zeit, mal einen anderen Raumcharakter zu entwerfen), und auch das doch eher rückwärtsgewandte Verständnis einer Kirche lediglich als Ort der Besinnung und des stillen Gebets. Wollen wir, wollen die Gemeindemitgleider nicht dort auch mal lachen, singen, diskutieren, ein Fest feiern, Workshops mit Kindern machen, und all das, was eine Gemeinschaft von Menschen neben der Andacht noch so ausmacht? Meine Vorstellung von Kirche wäre ganz anders als das, was dieser Raum etwas sehr offensichtlich vor sich her trägt.

10

RlC | 26.04.2023 12:55 Uhr

@arcseyler

... naja

9

Grass ist | 26.04.2023 12:45 Uhr

nicht immer grüner

1. Nicht jeder Platz muss grün sein, besonders nicht, wenn das in einem Dorf ist, das von Natur umgeben ist, jedes Haus einen Garten hat, Sportclub etc und jede Menge Parkanlagen vorhanden sind. Warum hier immer alle schreien, wenn ein Platz nicht wie ein Gartencenterschauraum aussieht, entzieht sich mir. Es geht immer um Kontext!
Bei einem Platz in Spanien oder Italien macht man so ein Theater schließlich auch nicht. Der Vorplatz kann tatsächlich flexibel genutzt werden (ja für Frittenbuden usw.), also warum nicht.

2. Typologisch gesehen ist dies ein hochgradig intelligenter Entwurf der traditionelle Typologien (Kirchvorplatz, Claustrum, moderne Bibliothek etc) spannungsreich und gut ausgeführt (keine Ahnung auf welchem Planeten Peter lebt) verbindet.

3. Material usw. kann man natürlich diskutieren und für meinen Geschmack hätte ich Backstein bevorzugt, aber am Ende des Tages ist eine gelungene räumliche Komposition wichtiger da fundamentaler.

4. Die Aufgabe war es, eine Kirche und Gemeindezentrum zu entwerfen, und das hat der Entwurf auch sehr gut gemacht. Klar der Städtebau und die ganze Braunkohleproblematik drumherum + vertane Chancen sind nicht so toll (das gilt aber für 99% der deutschen Kleinstädte), Das kann man diesem Entwurf aber nicht anlasten.

8

arcseyler | 26.04.2023 08:09 Uhr

........

Was mir gefällt ist das konsequente, riesige x y z der ganzen Baukörper samt Turm. Da trifft sich Transzendenz mit Mathematik. Maximale Spannung zwischen Ratio und Intuition die hier keinen Widerspruch darstellen. Ganz heutig. Das führt dann direkt zur puren Geometrie des Kreuzes.

7

Legoland | 26.04.2023 07:45 Uhr

OhGottohgottt

Sinnfälliger kann man die gesellschaftliche Irrelevanz von Kirche nicht inszenieren, als durch das Abstellen von ein paar toten Klötzen auf einer leeren Plattform und die museale Präsentation von altem Kirchengestühl. Kirche sozusagen als Abstellraum ihrer selbst gebaut.

6

abloss | 26.04.2023 06:53 Uhr

Hoffnung auf Natur

Der Lageplan verspricht auf den ersten Blick etwas Grün, doch bei genauem hinsehen stellt sich heraus, dass ist mehr Farbe als Natur.
Hoffen wir, das die beiden kleinen Bäumchen wachsen und nicht im kommenden Sommer in der Hitze und Trockenheit eingehen.

Nicht nur in diesem Projekt, sondern generell in der Architektur und Planung noch immer ein trauriger Trend zu einer übermässigen Flächenversiegelung, die so problematisch für unsere Umwelt und Zukunft ist.

Ich hoffe, dass wir hier im Baunetz bald Projekte sehen, die aktiv Natur einbeziehen und voller Leben sind, anstatt es auszuschliessen im Namen einer solchen sterilen und gefährlichen Ästhetik.

5

mawa | 25.04.2023 23:41 Uhr

Ortsname

Manheim-neu ist ein temporärer Name. Wenn die alte Ortschaft weg ist, heißt der neue Ort schlicht Manheim wie der alte. Kann man alles nachlesen.

4

peter | 25.04.2023 19:33 Uhr

der ortsname sagt alles

nicht einmal neumanheim, nein: manheim-neu! technokratischer kann man es kaum formulieren, und offensichtlich "funktioniert" der gesamte ort so. ein (vor-)städtebau in nicht-ästhetik und technokratisch-uninspirierter austauschbarkeit amerikanischer zwischenstädte trifft auf eine kirche in der mittlerweile überholten klötzchen-architektursprache der frühen 2000er jahre an architektonisch fragwürdigem fertighaus-einheitsbrei.

wie sehr wünschte man sich da einen sinnlichen wildbergerhütter bienefeld oder wenigstens einen poinger meck! da macht man in manheim-alt ein ganzes dorf platt und schreddert (mutmaßlich) millionen klinkersteine aus dessen alter kirche zu straßenbau-recyclingschotter, und dann betoniert man - ganz im geiste rheinbrauns - maximal klimaschädlich eine neue kirche auf ehemaliges kerpener ackerland.

dass man sich (bild 8) noch nicht einmal übermäßig große gedanken über die schalungsstöße und die detaillierung der sockelzone gemacht hat, ist kaum erwähnenswert - schließlich musste es schnell gehen, und man lebt ja nun auch im zeitalter von mangelwirtschaft und fachkräftenot. eine kirche wie ein land.

dabei hätte es möglichkeiten gegeben, es gut zu machen. die ziegelsteine des altbaus hätte man wiederverwenden und damit die kirche "umziehen" können (ich phantasiere: "zu teuer!" "kein prüfzeugnis"). die kirche hätte man so bauen können, dass sie nach ihrer ggf. nahen säkularisierung besser als dorfgemeinschaftshaus oder altenheim umnutzbar gewesen wäre. und natürlich hätte man, anstatt maximal ackerland zu versiegeln, einen "dörflicheren", verdichteteren, aber dennoch qualitätvollen zeitgenössischen städtebau umsetzen sollen.

hätte, hätte, hätte - deutsche realität.

3

Tatort | 25.04.2023 18:44 Uhr

Köln

Für alle Tatort-Gucker: Die Trostlosigkeit von Manheim-neu wurde kürzlich beim Kölner "Tatort" gekonnt in Szene gesetzt. Zu sehen noch in der Mediathek!

2

Kleinsch | 25.04.2023 16:49 Uhr

Zustimmung zu Kommentar 1

Der Innenraum schließt gekonnt an nachkriegsmoderne Beispiele in Köln an. Aber sonst: Die Kubaturen könnten simpler kaum sein, da braucht es auch die Banderole mit Namensnennung auf der Fassade (ähnlich wie Kunst am Bau im seriellen Wohnungsbau), um irgendeinen Halt zu bieten. Die monotone Farbigkeit und der versiegelte Vorplatz sind an Trostlosigkeit schwer zu überbieten.

1

auch ein | 25.04.2023 15:38 Uhr

architekt

"Auch in städtebaulicher Hinsicht soll das Gemeindezentrum im noch arg sterilen Umfeld ortsbildend wirken"

tut es. es fördert die sterilität weiter.
was passiert auf dem platz? einmal im jahr kirmes mit karussell und frittenbude?

ansonsten gähnende leere.

die idee mit den versatzstücken aus der alten kirche ist gut gemacht, die innenräume sehr ansprechend. NICHT steril

 
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