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19.12.2023

Kleid aus handgepressten Ziegeln

Baustellenbesuch beim Goethe-Institut in Dakar


In Dakar entsteht derzeit ein Neubau für das Goethe-Institut. Er soll ein Zeichen setzen für das nachhaltige Bauen in Senegal. Das Büro rebuild.ing ist für die Umsetzung verantwortlich. Beim Baustellenrundgang im November erzählt Marc Sommer von den Herausforderungen.

Von Friederike Meyer

Die Baustelle des neuen Goethe-Instituts in Dakar erfordert viel Vorstellungskraft, wenn man die akkuraten Renderings der Entwürfe im Kopf hat. Der Rohbau wirkt, als sei er um den großen Baum herumgewachsen, als habe man die Position jedes Schalbretts und jedes Steins mühsam erkämpft. Hinzu kommt die drückende Hitze, in der Marc Sommer über das Gelände führt. Sein Büro rebuild.ing (Reilingen) ist für die Umsetzung des Projekts verantwortlich und neben dem Berliner Büro Kéré Architecture (Entwurf) sowie seinen senegalesischen Kontaktarchitekt*innen von Worofila (Dakar) Teil des Planungsteams.

Der Neubau entsteht im Stadtteil Mermoz-Sacré Coeur auf einem 2.700 Quadratmeter großen Grundstück, fünf Minuten Fußweg vom Meer entfernt. Villen stehen in der Nachbarschaft und das ehemalige Wohnhaus des Dichters und ersten Präsidenten der Republik Senegal Léopold Sédar Senghor (1906–2001), in dem heute ein Museum untergebracht ist. Am 21. Februar 2022 legte Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier den Grundstein, 2025 soll der Bau fertig sein.

Kéré Architecture haben einen zweigeschossigen Winkel geplant, der den alten Baobab, ein Exemplar des heiligen Baumes Westafrikas, auf dem Grundstück umarmt. Bis zu 250 Besucher*innen sollen darin Platz finden, lernen, lesen und miteinander ins Gespräch kommen. Im Schatten des Baumes können sie palavern, was in Afrika so viel heißt wie Probleme besprechen und beieinander sein. Ein Veranstaltungssaal bietet Platz für 150 Personen, eine Bibliothek mit Amphitheater will dem Lesen und Erzählen gleichermaßen Raum geben. Es wird Aufnahmeräume und Produktionsmöglichkeiten für Podcasts, Radiosendungen und Filme geben. Hinzu kommen Büroräume und vier Klassenzimmer in der oberen Etage – Deutschkurse sind ein Kernangebot der Goethe-Standorte weltweit.

Das Haus will nicht nur ein Ort für kulturellen Austausch sein, sondern auch selbst zukunftsweisend. Dafür stehen die rostroten Steine, die als tragende Mauern und als Verkleidung der Betonkonstruktion dem Haus ein Gesicht geben. Sie bestehen aus Laterit, einem eisenhaltigen Gestein, das durch Verwitterung entsteht und in der Umgebung von Dakar gewonnen wird. In einer handbetriebenen Presse zu Blöcken gepresst und mit etwa acht Prozent Zement stabilisiert, dämmen und schallisolieren sie gut. Weil man für die Herstellung fast keine Energie und auch kein Wasser benötigt, hängt die Klimabilanz allein von der Länge des Transportwegs ab. Auch der verwendete Mörtel ist lediglich zementstabilisiert. An den Proben, die Sommer zeigt, sieht man, wie unterschiedlich die Fugenbilder wirken. Die Kanten der Steine sind porös und brüchig, auch das gehört zum Bild des nachhaltigen Bauens.

Die 360 Quadratmeter große Dachfläche wird, wie bei Kérés Bauten üblich, mit Blech verschattet, zu den Grundstücksgrenzen hin entwässert und mit Photovoltaikelementen bedeckt. Der Garten wird in der Trockenzeit mit vor Ort gereinigtem Abwasser bewässert. In den Räumen wird es konventionelle Klimaanlagen geben. Weil für die Mitarbeiter*innen maximale Raumtemperaturen eingehalten werden müssen und das Gebäude aufgrund der nahegelegenen Wohngebäude schalldicht sein muss.

Eine große Herausforderung für Sommer waren die vielen Stillstände auf der Baustelle. Nicht nur aufgrund der Pandemie. Mal verzögerte die Regenzeit die Lateritproduktion, dann gewann Senegal den Afrika-Cup und alle feierten tagelang, aber auch generell kommen die Arbeiter nur langsam voran. Manche brauchen morgens drei Stunden mit dem Bus auf die Baustelle, zwei Stunden Pause in der Mittagshitze sind wichtig. Einfach machten es hingegen die gemeinsame technische Sprache, die auf dem Eurocode basiert, und die Professionalität der lokalen Bauleitung. Der Polier habe in Frankreich studiert, arbeite komplett digital, verdiene jedoch gerade mal 600 Euro im Monat. Schließlich ist der Wunsch der Architekten, Holzfenster zu verwenden, eine Herausforderung. Denn sie werden häufig von Termiten zerfressen und sind aufgrund der Nähe zum Meer und der salzhaltigen Luft ungeeignet. Das harte Iroko-Holz für die Innentüren kommt aus einem zertifizierten Forstbetrieb an der Grenze zu Gambia, die Fenster werden nun aus Aluminium gefertigt.

Nur wer die Bedingungen des Bauens in Senegal kennt, kann die Symbolwirkung des Neubaus einordnen, mit dem das Goethe-Institut ein Zeichen für künftiges Bauen setzen möchte. „Dächer zu dämmen, gilt im Land derzeit als neueste technische Errungenschaft“, sagt Sommer. Gebaut werde unter rein wirtschaftlichen Gesichtspunkten, der Betonstein dominiere, nachhaltiges Bauen sei noch kein Thema in der Öffentlichkeit. Das Büro Worofila und Elementerre, die Lieferanten der Laterit-Blöcke, leisten da beeindruckende Pionierarbeit. Doch ein Gebäude wie das Goethe-Institut, da ist sich Sommer sicher, wird so schnell nicht noch einmal gebaut werden in Senegal.


Zum Thema:

Über die Arbeit des am Goethe-Neubau in Dakar beteiligten Büros Worofila berichten wir in der Baunetzwoche#635 „Shortlist 2024“.

Das Goethe-Institut ist seit 1978 in Senegal tätig und betreut auch die Nachbarländer Gambia, Mauretanien und Guinea-Bissau. Derzeit mietet es zwei Etagen in einem Hochhaus, der Neubau bietet etwa dreimal so viel Platz. Bauten für das Goethe-Institut entstanden zuletzt in Harare, in Dublin und in Yangon.


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Zu den Baunetz Architekt*innen:

Kéré Architecture


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