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Mindestsatzunterschreitung: Wann ist Nachzahlung dem Bauherrn unzumutbar?

Ein Bauherr kann sich nicht auf die Bindung eines Architekten an eine mindestsatzunterschreitende Honorarvereinbarung berufen, wenn unter Berücksichtigung der Gesamtkosten des Objektes die Differenz zwischen mindestsatzunterschreitender Honorarvereinbarung und Mindestsatz nicht so bedeutend ist.
Hintergrund
Macht der Architekt einen Honoraranspruch geltend, müssen für eine erfolgreiche Durchsetzung des Anspruchs verschiedene Voraussetzungen vorliegen.

Ist die HOAI anwendbar, ergibt sich das Honorar des Architekten in erster Linie aus einer im Rahmen der HOAI-Vorschriften getroffenen Honorarvereinbarung .

Voraussetzung einer wirksamen Honorarvereinbarung ist u.a. die Einhaltung der Mindestsätze und Höchstsätze; in Einzelfällen kann allerdings auch eine Bindung des Architekten an eine unwirksame mindestsatzunterschreitende Honorarvereinbarung in Betracht kommen.
Beispiel
(nach OLG Nürnberg , Urt. v. 01.12.2012 - 2 U 1372/15; nachfolgend OLG Nürnberg, Beschluss vom 29.02.2016 (gleiches Aktenzeichen); BGH Beschluss vom 21.03.2018 – VII ZR 60/16 – NZB zurückgewiesen)
Ein Architekt wird für ein Bauvorhaben mit den Leistungsphasen 1-4 beauftragt. Die Parteien schließen einen schriftlichen Vertrag mit einer Pauschalvergütung i.H.v. € 11.117,42  netto. Später rechnet der Architekt die Mindestsätze für die Leistungsphasen 1-4 in Höhe von rund € 30.000,00 netto ab. Der Bauherr beruft sich auf eine Bindung des Architekten an die mindestsatzunterschreitende Honorarvereinbarung.

Das Oberlandesgericht gibt der Mindestsatzklage des Architekten statt. Eine Bindung des Architekten an eine mindestsatzunterschreitende Honorarvereinbarung sei nicht anzunehmen, auch weil dem Bauherrn hier die Nachzahlung des Differenzbetrages unter Berücksichtigung der Gesamtkosten des Objektes (aufgrund der genannten Honorarzahlen geht der Verfasser von einem Bauvolumen von mindestens € 1.200.000,00 aus) nicht unzumutbar sei. Die Ersparnis, die bei Wirksamkeit der Pauschalvereinbarung eingetreten wäre, sei nicht so bedeutend, dass der Bauherr im Zuge der weiteren Durchführung des Bauvorhabens durch die – den gesetzlichen Regelungen entsprechende – Abrechnung nach Mindestsätzen unzumutbar eingeschränkt worden wäre. Dies zeige sich auch am Umfang der nachträglich geäußerten Vorstellungen über zusätzliche Merkmale des Bauvorhabens.


Hinweis
Der Bauherr wird in der Regel im Hinblick auf die Umstände, die für ihn die Nachzahlung unzumutbar machen, genau und detailliert vortragen müssen, anderenfalls droht ihm alleine deswegen schon ein Unterliegen im Prozess (vergleiche z.B. OLG Bremen, Urteil vom 28.09.2005).


Kontakt
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Rechtsanwälte Reuter Grüttner Schenck